Gott bewahre - Niven, J: Gott bewahre - The Second Coming
dem Speedboat ziehen lässt. Ihr Gelächter und das Brummen des Motors sind bei Windstille weithin zu hören.
Zu seiner Rechten, nördlich, ragt ein hoher Kamm tannenbestandener Berge auf, durchschnitten von der Straße, die einen nach Bruntsville bringt, den nächsten Ort, fünf Meilen entfernt, oder zum Highway, auf dem man links abbiegen und bis nach Austin fahren kann, das etwa eine Tagesreise entfernt ist. Wenn hin und wieder ein Auto ein Stück den Hang herunterkommt und dort hält, sieht man etwas durch die Bäume blitzen: das Sonnenlicht, reflektiert von den Kameralinsen der Reporter oder den Ferngläsern von Touristen
und neugierigen Nachbarn, die den Freaks beim Spielen zuschauen wollen. An den Fuß der Berge schmiegen sich die Häuser der Neuankömmlinge, die sich alle noch im Bau befinden. Das leise Hämmern und das Jaulen der Kreissäge hört man bis hier oben. Von einigen dieser Neubauten blickt man auf den anderen See, den Little Lake.
JC rollt auf den Bauch, spürt die Sonne heiß auf seinem Rücken, den glatten Fels warm an seinen Unterarmen, als er sich aufrichtet, um gen Osten zu blicken: über das Dach des großen Ranchhauses hinweg, das sie zum überwiegenden Teil selbst bewohnen - sie, die sich scherzhaft die »Ersten Siedler« nennen. Direkt nebenan stehen die ersten beiden Häuser, die sie unter Petes Anleitung errichtet haben, ziemliche Bruchbuden zwar, aber wasserfest und winddicht, gepflastert mit Solarzellen. Er schaut bis zur Farm hinüber, die etwa eine halbe Meile entfernt liegt. Da drüben ist ordentlich was los. Leute mit Schubkarren rennen hin und her, glitzernd sprudelt kristallklares Wasser aus Sprenklern und Schläuchen. Hinter der Farm ragen die beiden großen Windräder auf, die sich in der milden Brise sanft drehen.
Zuerst war Claude angesichts der bevorstehenden Aufgabe ziemlich nervös gewesen, aber der Junge hatte ganze Arbeit geleistet. Am Anfang des Jahres, noch bevor der Frühling da war, hatte er fünfzehn Stunden täglich geackert. Er hatte geplant und gepflanzt und alle immer wieder motiviert, beim Umpflügen und Düngen mit anzupacken. Zwar war der Boden laut Claude nicht schlecht für diese Gegend, dennoch hatte er darauf bestanden, dass sie hochwertigen Kompost im Wert von mehreren Zehntausend Dollar heranschaffen ließen. Und nun sprießen die Früchte all dieser Arbeit in farbenfrohen Karrees aus dem Boden: grüne Reihen von Limabohnen und Zuckerschoten, Kohlrabi, Rosenkohl und Mangold, durchsetzt von gelben Klecksen - dicke Kürbisse und leuchtende Zucchiniblüten - und dem Rot der Chilis und Tomaten.
Ihre erste Ernte.
Jesus setzt sich wieder, leert sein Bier, zerknüllt die goldene Dose mit der Hand und rülpst selig. Da sitzt er nun, inmitten dieser Pracht: tausend Hektar, vier Quadratmeilen texanisches Bergland am Rande der Edwards-Prärie. Und alles gehört ihnen, ist gekauft und bezahlt. Jack Berry von Berry & Franklin hatte einen »hübschen Deal« - wie er es nannte - für sie rausgeschlagen: tausendfünfhundert Dollar pro Hektar, und die baufällige alte Ranch mit den fünf Schlafzimmern hatten sie noch dazubekommen.
Fische in den Seen, Tiere in den Wäldern, und da drüben schießt so gut wie jedes Gemüse aus der Erde, das man sich vorstellen kann. Scheiße, das war ein verdammt hübscher Deal gewesen.
Das helle Brummen eines Motors wirft ihn aus seinen Tagträumen. Als Jesus sich aufsetzt, sieht er Kris, der den staubigen Hang zu ihm heraufkommt, mit der grünen Motocross-Maschine, auf deren Tank Kris die Worte EAT MY BALLS gemalt hat. Er nutzt die letzten paar Meter des Hangs als Rampe, springt über den Rand des Plateaus, landet auf der Hügelkuppe, stellt den Motor ab, legt die Mühle hin und läuft die letzten paar Meter, um JC nicht einzustauben.
»Na«, sagt Kris, als er sich auf den Felsen neben Jesus setzt. Vom alten Fat Kris ist nicht mehr viel übrig. Über den Sommer hat er bestimmt fünfzehn Kilo abgespeckt, weil es meilenweit kein Junkfood gibt, weil er mit Claude die Felder oder mit Pete Bauholz bearbeitet, weil er vernünftig isst und jeden Morgen schwimmen geht.
»Na, Großer«, sagt Jesus und reicht ihm die Tüte. »Was geht ab?«
»Wir haben da unten ein paar Neue.« Kris nickt nordwärts, dorthin, wo die Zugangsstraße talwärts am Tor zum Gelände endet.
»Ach ja? Von wo?«
»Eine Familie aus Detroit, glaube ich.«
»Noch welche aus Motor City, was?« Sie hatten schon einige Zugänge aus Detroit. Die Stadt lag am
Weitere Kostenlose Bücher