Gott bewahre - Niven, J: Gott bewahre - The Second Coming
immer größer wurde, mussten sie hin und wieder »Meetings« abhalten. Genau wie sein Dad konnte JC Meetings nicht ausstehen, und so fiel Becky die Aufgabe zu, diese Treffen in der alten Scheune zu organisieren und zu leiten, wo alle auf Strohballen oder auf dem Boden hockten und sich die Themen um die Ohren schlugen.
Das Meeting am heutigen Morgen war ziemlich typisch: Die Traums — Marty und Angelina, ein altes Hippiepärchen -, die in einem riesigen Tipi wohnten, welches sie weit abseits beim Big Lake aufgebaut hatten und selbst als »Jurte« bezeichneten, beklagten sich darüber, dass sie morgens früh vom Plantschen und Geschrei der Kinder geweckt wurden, die herunterkamen, um vom alten Holzanleger aus zu tauchen und zu schwimmen. Es wurde beschlossen, da Kinder nun mal Kinder waren und man schlecht den See demontieren und versetzen konnte, dass man den Traums, wenn es sie denn so sehr störte, dabei helfen würde, ihre Jurte ein Stück weiter weg vom See neu aufzubauen.
Mary Schetterling, eine außerordentlich engagierte Mittdreißiger-Vegetarierin aus San Francisco, hatte unter JCs hörbarem Stöhnen ihren Antrag erneuert, eine bestimmte Sorte von Bohnensprossen in großen Mengen zu kultivieren, was den Bau eines speziell dafür vorgesehenen Polytunnels nötig machte, der aber nach Claudes Einschätzung den finanziellen Aufwand nicht wert war. Einmal mehr wurde die Entscheidung Claude übertragen, der den Kopf schüttelte und mit dem Daumen nach unten zeigte. Man tröstete Mary mit der Zusage, dass Claude ihr helfen würde, hinter ihrer Hütte einen kleinen Polytunnel zu bauen, damit sie ihr kostbares Gemüse dort für ihren Eigenbedarf anbauen konnte.
Viele von denen, die kamen, staunten anfangs darüber, wie sehr sich JC aus allem heraushielt. Bei den Meetings meldete er sich kaum zu Wort. Weder schwang er große Reden, noch spielte er sich als Seelsorger auf. Wenn sie noch nicht lange hier waren, wendeten sich die meisten Leute irgendwann mit Fragen an ihn, ob religiöser, philosophischer oder sonst welcher Natur, und kehrten angesichts seiner unvermeidlichen »Äh, öh, du meine Güte. Wow. Was weiß ich?«-Antwort einigermaßen verwirrt zurück. »Verdammt«, lautete JCs Kommentar gegenüber den Jungs, »ich komm mir vor wie Dylan in den Sechzigern.«
»Okay«, sagt Becky, um das Meeting abzuschließen. »Und denkt bitte daran: Wir haben Herbst, und bald kommt der Winter. Für die meisten von euch wird es der erste sein, den ihr hier verbringt. Nachts wird es kalt. Wenn sich also jemand Sorgen darum macht, ob es in seiner Hütte warm genug ist, besonders die mit kleinen Kindern, seid so gut und sprecht Pete oder sonst jemanden an, die kümmern sich dann darum, dass ihr ordentlich winterfest gemacht werdet. Ihr in den Zelten - Marty, Angelina. Ich weiß, ihr kommt in eurer schicken Jurte gut zurecht, aber einige von euch sollten sich überlegen, ob sie nicht näher an die Ranch oder irgendwann in den kommenden Wochen in eine der Hütten umziehen wollen. Denn glaubt mir, der November wird kalt werden. Okay, noch Fragen?« Jesus stützt sich schon auf Morgans Schulter, um sich zu erheben, als Julia Bell die Hand hebt. Julia ist eine große, ältliche, betont männliche Lesbe aus New York, die mit ihrer Partnerin Amanda im Frühsommer hier aufgeschlagen ist.
»Jules?«, erteilt ihr Becky das Wort.
»Tut mir leid, wenn ich nochmal davon anfange, aber Guff hat das Zeug hinter seiner Hütte immer noch nicht weggeschafft. Trotz ...«
»Augenblick mal ...«, sagt Guff Rennet und steht auf.
Ach Scheiße, denkt Jesus und setzt sich wieder hin. Die verdammten Rennet-Brüder. Es stimmte schon, nur wenige waren aufgefordert worden, ihre Sachen zu packen. Aber manche standen immer kurz davor. Zum Beispiel die Rennets. Ihr Trupp umfasste die Brüder Guff, Pat und Deek sowie ihre Frauen und diversen Kinder. Sie waren sonnengegerbte Midwesterner, die im August gekommen waren und ständig mit irgendwem Ärger zu haben schienen. Ungehobelte Raubeine, denen man bei ihrer Ankunft mehrere Gewehre - darunter ein halbautomatisches - und eine Pistole abgenommen hatte: nicht gerade tolle Nachbarn. Während eines von mehreren Meetings, bei denen die Problematik bezüglich
des Rennet-Clans angesprochen wurde, war es Jesus gewesen, der sich dafür ausgesprochen hatte, dass sie bleiben sollten. Sie arbeiteten hart - Guff, Deek und Pat hatten ihre Hütten ganz allein gebaut, unten am Waldrand beim Little Lake, gleich neben
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