Gott bewahre - Niven, J: Gott bewahre - The Second Coming
alles auf, während Jesus sich ausklinkt. Offen gesagt, hasst er es, sich mit solchen Dingen auseinandersetzen zu müssen.
Es lief folgendermaßen: Die Leute kamen hier an und hausten eine Weile in Zelten oder in den Wellblechhütten. Wenn sie dann beschlossen zu bleiben, konnten sie das Material für den Hausbau zum Selbstkostenpreis erwerben. Denen, die bleiben wollten, aber nicht genug Geld hatten, wurde das Material in der Regel ausgelegt. Weil es immer genügend Leute gab, die mit anpacken konnten, mangelte es eigentlich nie an Arbeitskräften. Inzwischen waren sie fast Selbstversorger, was den Strom anging. Und alles, was sie aßen, stammte vom Gelände - bis auf das Rindfleisch, wofür sie auf dem Wochenmarkt in Bruntsville einen Sonderdeal ausgehandelt hatten. Aber die Instandhaltung eines so großen
Anwesens war kostspielig. Für manche Arbeiten waren Spezialisten nötig, für andere mussten sie Maschinen mieten, die sie nicht besaßen, und das kostete Geld. Dazu kamen die Ausgaben für Hygieneartikel, Textilien und Lebensmittel wie Öl, Gewürze, Reis und dergleichen, die sie nicht selbst anbauen konnten, sowie für Luxusgüter wie Alkohol und so weiter. Immerhin ging Claude davon aus, dass die Trauben im nächsten Jahr reif für die Weinlese sein müssten. Auf der Einkommensseite stand das Geld, das JC gelegentlich für Interviews bekam - wobei er Millionenangebote für Werbung abgelehnt hatte -, und wenn sie das Album endlich fertig hatten, beziehungsweise wenn Stelfox das Album akzeptierte, würde ihnen noch einmal ein Batzen von seinem Vorschuss für die Platte und die Verlagsrechte ins Haus stehen.
»Unterm Strich«, sagt Becky gerade, »kostet es uns fast dreißigtausend Dollar im Monat, den Laden hier am Laufen zu halten. Und zwar ohne Einberechnung unseres großzügigen Umgangs, was den Verleih von Baumaterial an Leute angeht, die es sich nicht leisten können, und größerer Katastrophen, wie dieses Leck, das wir im Wassertank hatten, oder die unvermeidlichen Wetterschäden. Nimmt man das als Grundlage, ließe sich zuversichtlich sagen, dass wir noch mindestens ein Jahr durchhalten. Die Farm wird etwas Geld einbringen, dank Claude, wenn wir unser überschüssiges Gemüse verkaufen. Aber ich bin mir nicht sicher, wie viel das sein wird ...«
»Okay«, sagt JC, »dann mache ich also ein bisschen Presse oder was. Wir könnten ein paar von diesen bescheuerten Zeitschriften einladen und diesen Homestory-Scheiß machen. Und ...«
»Oh, verzeiht mir, wenn ich unterbreche, Eure Prominenz«, wirft Pete ein, »aber an deiner Stelle wäre ich nicht so sicher, dass das Honorar so hoch ausfällt wie noch vor einem Jahr.«
»Hm?«, sagt Jesus.
»Er hat Recht«, sagt Becky. »Du bist kein Thema mehr. Amerika amüsiert sich inzwischen über andere Idioten. Die neue Staffel fängt an.«
»Verdammt«, sagt Jesus. »Bin ich - also - durch?«
»Ein alter Hut, Baby«, lacht Morgan.
»Scheiße.«
»Okay, ich will nur sagen: Könnten wir vielleicht alle mal unseren Grips anstrengen?«, sagt Becky. »Wir müssen Kosten senken und Einnahmen erhöhen. Das kann doch nicht so schwer sein.«
»Was weiß ich denn schon?«, sagt Jesus schmollend. »Ich bin ein alter Hut.«
»Komm schon«, sagt Kris. »Gehen wir runter ins Studio.«
»Oh-oh«, unterbricht Claude. »Der alte Hut und du, ihr schuldet mir noch eine Schicht auf der Farm.«
»Oh Mann«, sagt Jesus.
»Autark zu sein hat seinen Preis«, sagt Becky »Und den werdet ihr jetzt bezahlen.«
»Mit Unkrautjäten«, fügt Claude hinzu und klopft den beiden Jungs auf die Schulter.
»Oh Mann«, wiederholt Jesus.
4
K EINE MUSIK. NICHT IN DES PASTORS SAUBEREM, AMERIKANISCHEM Auto. Auf der türkisfarbenen Anzeige des Radios klebt immer noch die Schutzfolie. Manchmal stellt er es an, wenn er - wie heute - oben auf dem Bergpass ist, wo er WKLM aus El Paso empfangen kann, die Old Testament Radio Hour seines Vetters Reverend William Lomax. Er hört es gern, wenn Willie sich mit den Sündern anlegt, die ihn anrufen, meist besorgte Hausfrauen, die sich um ihre Kinder ängstigen ... oder ähnlicher Kram. Hin und wieder wird Charlie als Gast in die Sendung eingeladen. Junge, ist das immer ein Spaß! Dieses Gefühl der Macht, wenn die große Sendeanlage deine Stimme durch den Äther bläst, wenn du die Anrufer niederbrüllen kannst: Mädchen, die abtreiben wollen, junge Männer, die mit ihrer »sexuellen Identität« ringen und dergleichen.
»Und ... und ich weiß nicht,
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