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Gott geweiht

Gott geweiht

Titel: Gott geweiht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.E. Lawrence
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jedenfalls nicht besonders mannhaft. Vielleicht die Schrift eines Muttersöhnchens?
    Er gab das Blatt an Chuck weiter.
    »Samuel Beckett, so wie der Dramatiker?«, wunderte sich Chuck. »Macht der Typ Witze, oder was?«
    »Das wüsste ich auch gern«, antwortete Lee.
    »Auf alle Fälle ist es merkwürdig«, pflichtete Florette bei. »Ich habe mich gefragt, ob einer von Ihnen sich da einen Reim drauf machen kann.«
    »Wenn das unser Mann ist«, bemerkte Nelson, »würde es zu der Theorie passen, dass er das Ganze als eine Art Spiel sieht. Dann wäre es für ihn natürlich der Clou, mit dem Namen eines Bühnenautors zu unterschreiben, der für seinen düsteren Existenzialismus bekannt ist.«
    »Warten auf Godot« , murmelte Florette. »Eigentlich machen wir doch hier nichts anderes.«
    »Stimmt«, pflichtete Chuck ihm bei.
    »Es ist also möglich, dass er seine ehrenamtliche Arbeit nutzt, um nach Opfern Ausschau zu halten«, vermutete Butts.
    »Ganz genau«, stellte Nelson fest.
    »Ich lasse den Namen durch den Computer laufen, vielleicht kommt dabei ja noch was rum«, beschloss Chuck.
    »Und wir sollten ebenfalls ermitteln, wie viele Samuel Becketts es in New York gibt, und jeden Einzelnen davon überprüfen«, schlug Florette vor.
    »Einverstanden«, stimmte Chuck zu. »Ich setze jemanden darauf an.«
    »Seine ehrenamtliche Arbeit verrät uns eine ganze Menge über ihn«, erwähnte Lee nachdenklich.
    »Zum Beispiel?«, wollte Butts wissen.
    »Dass er jemand ist, der viel Zeit hat. Nicht nur, dass er eine Menge ehrenamtlicher Arbeit leistet, er tut dies auch noch in allen fünf Bezirken.«
    »Das stimmt«, griff Chuck den Gedanken auf. »Also ist er entweder reich oder zumindest wohlhabend.«
    »Oder selbstständig«, ergänzte Nelson.
    »Auch möglich«, stimmte Lee zu.
    Butts studierte den Zettel in seiner Hand. »Glauben Sie, dass der Name vielleicht irgendein verschlüsselter Hinweis auf seine wahre Identität ist?«
    »Was meinen Sie damit?«, bohrte Chuck nach.
    »Na ja, vielleicht sind Teile davon ja sein wirklicher Name – ein Anagramm oder so was.«
    »Hervorragender Gedanke«, meinte Lee. »Das würde zu ihm passen.«
    »Ich lass das im Internet mal durch ein Programm für Anagramme laufen. Bei richtigen Namen funktioniert es nicht ganz so gut, aber vielleicht bringt es ja doch was.«
    »Gute Idee«, befand Chuck.
    Das Telefon klingelte, und Chuck nahm den Hörer ab.
    »Kein Kommentar«, sagte er nach einem Moment. »Aber ich habe trotzdem einen Vorschlag für Sie. Hören Sie damit auf, unsere Zeit zu verschwenden, damit wir unsere Arbeit machen können!«
    Mit zornig rotem Gesicht knallte er den Hörer auf und raste aus dem Büro. Auch durch die geschlossene Tür konnten sie hören, wie Chuck den diensthabenden Beamten lautstark dafür zur Rede stellte, dass er den Anrufer durchgestellt hatte.
    »Aber ich wusste nicht, dass es ein Reporter war«, verteidigte der Kollege sich schwach. »Er hat behauptet, er wäre –«
    »Es ist mir egal, was wer behauptet!«, bellte Chuck aggressiv. »Vielleicht benutzen Sie beim nächsten Mal zur Abwechslung Ihren Verstand!«
    Lee sah aus dem Fenster. Draußen schien die Sonne hell und warm. Obwohl die Tage immer freundlicher wurden, hatte er das Gefühl, dass ihre Nerven immer gespannter und sie alle immer gereizter wurden. Ihnen lief die Zeit davon.

KAPITEL 50

    Als Lee später an diesem Nachmittag in seine Wohnung zurückkehrte, setzte er sich als Erstes ans Klavier. Die Noten auf der Partitur gaben ihm ein Gefühl von Sicherheit. Musik war für ihn wie eine Sprache aus Klang, Rhythmus und Farbe. Eine Sprache, die er seit seiner Kindheit beherrschte. Nichts konnte seine Seele so tief anrühren wie Musik.
    Er begann eine Beethoven-Sonate zu spielen und genoss es, wie es sich anfühlte, wenn seine Finger die Tasten berührten. Als er bei einer Passage zum Allegro überging, ließ er seine ganze Wut und all seinen Frust in die Musik fließen. Er musste immer wieder daran denken, was Nelson gesagt hatte. Der Kreuzweg bestand aus vierzehn Stationen, und der Schlitzer war erst bei Nummer vier angelangt.
    Er war so versunken in sein Klavierspiel, dass er das klingelnde Telefon einfach verdrängte und weiterspielte, bis die Sonate beendet war. Dann stand er auf und hörte seinen Anrufbeantworter ab.
    Sobald er Diesels Stimme vernahm, wusste er sofort, dass etwas Schreckliches passiert sein musste. Das Grauen vor der kommenden Nachricht vernebelte seinen Verstand, sodass die

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