Gott geweiht
in sein Büro.
»Wir haben Ärger am Hals«, sagte er und setzte sich an seinen Schreibtisch. »Walker hat eine offizielle Beschwerde gegen dich eingereicht«, erklärte er Lee.
Butts schlug mit seiner Faust auf die Armlehne des Stuhls. »Dreckskerl!«
»Was bedeutet das für die Ermittlungen?«, fragte Lee.
Chuck griff sich den gläsernen Briefbeschwerer von seinem Schreibtisch und spielte nervös damit herum. »Schwer zu sagen. Die Dienstaufsichtsbehörde wird die Beschwerde prüfen und entscheiden, wie weiter vorgegangen werden soll.«
»Können sie mich von dem Fall abziehen?«, fragte Lee.
Chuck legte den Briefbeschwerer wieder hin und hob mit einer Geste der Hilflosigkeit die Hände. »Die können alles tun, was sie wollen.«
Butts blinzelte. »Alles?«
Das Verhältnis zwischen der Dienstaufsichtsbehörde und den anderen Mitgliedern der Polizeitruppe war wie das Verhältnis zwischen einem Gefängnisaufseher und den Gefangenen – nämlich von Wachsamkeit und gegenseitigem Misstrauen geprägt. Besuche von der Dienstaufsicht waren in Revierwachen so willkommen wie Kopflausbefall in einer Grundschule.
Das Telefon auf dem Schreibtisch klingelte, und Chuck ging an den Apparat.
»Morton hier.« Er lauschte kurz, dann sagte er: »Wirklich? Wann? Wo sind sie jetzt? Okay, danke.«
Er legte auf und atmete tief durch. »Die unbekannte Tote Nummer Fünf wurde identifiziert. Ihre Eltern haben gerade angerufen. Sie haben ihr Foto auf unserer Webseite wiedererkannt.«
Lee stand auf. »Wer ist sie?«
»Pamela Stavros, eine Ausreißerin aus New England. Die Eltern fliegen heute von Maine her.«
»Okay«, sagte Chuck, »lasst uns noch einmal durchgehen, was wir bislang haben.« Er las laut aus dem Obduktionsbericht auf seinem Schreibtisch vor. »Bei zwei der Obduktionen wurden Spermaspuren festgestellt. Eine der Frauen hat die Pille genommen, die andere wurde mit einem noch eingesetzten Pessar gefunden. Die dritte hat ein Kondom benutzt. In allen Fällen hatten kurz vor dem Tod sexuelle Handlungen stattgefunden, aber es gab keine Hinweise auf Vergewaltigung. Im Falle von Marie Kelleher und Annie O’Donnell haben die Partner eingestanden, dass sie am Abend, bevor die Opfer tot aufgefunden wurden, noch Sex mit ihnen hatten.«
Lee stand auf, sein Gesicht verkniffen. »Er beobachtet sie.«
Chuck starrte ihn an.
»Du meinst –«
»Er beobachtet sie beim Sex – aber er kann die Gefühle, die das in ihm weckt, nicht ertragen, deshalb muss er sie umbringen.«
»Sie müssen also sterben, weil sie ihn erregen«, sagte Nelson.
»Aber so sieht er es nicht. Irgendwie gelingt es ihm, seine Taten zu rationalisieren.«
»Vielleicht sieht er sich als ihr Retter, der sie von der Sünde der Fleischeslust befreit?«, schlug Florette vor.
»Ja, ja – das würde absolut passen«, stimmte Lee zu.
»Der Bürgermeister und der Oberstaatsanwalt sitzen uns mächtig im Nacken«, sagte Chuck, »daher müssen wir –«
»Die üblichen Verdächtigen verhaften?«, schlug Nelson trocken vor.
»Noch ein paar weitere aktenkundige Sexualtäter zur Befragung aufs Revier zitieren«, beendete Morton seinen Satz, ohne sich um Nelson zu kümmern.
Sie hatten bereits ein halbes Dutzend Befragungen von früheren Sexualtätern abgeschlossen. Nelson weigerte sich, bei irgendeiner davon zugegen zu sein, da er sie für eine Verschwendung von Zeit und Steuergeldern hielt, aber Detective Butts war mit Feuereifer bei der Sache.
»Machen Sie ruhig«, sagte Nelson. »Aber es wird Ihnen nichts bringen.«
»Ach ja?«, entgegnete Butts herausfordernd. »Und warum?«
»Weil Sie ihn dadurch nicht finden werden.«
Butts schnaubte verächtlich und verdrehte die Augen.
Chuck sah zu Lee. »Stimmst du da zu?«
»Ich fürchte, ja«, antwortete er. »Er wird in der Vergangenheit Tiere gequält, vielleicht auch ein paar Feuer gelegt haben, aber die Chancen stehen gut, dass er nicht gefasst wurde.«
»Ich habe das Täterprofil noch mal mit unseren Datenbanken abgeglichen, nur um auf Nummer sicher zu gehen«, sagte Florette und schnippte einen imaginären Fussel von seinem makellosen Hemd.
»Das dürfte bei einem Kerl wie diesem nicht viel nützen«, wandte Nelson ein. »Er könnte bis jetzt unauffällig geblieben sein.«
»Ist ja phantastisch !«, grollte Butts, biss das Ende einer Zigarre ab und spuckte es in den Papierkorb. Dann runzelte er seine pockennarbige Stirn. »Sie meinten doch, der Kerl ist ein Sexualverbrecher.«
»Wie ich schon sagte, unser
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