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Gott geweiht

Gott geweiht

Titel: Gott geweiht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.E. Lawrence
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was sie verbindet, wenn es denn eine Verbindung gibt.«
    »Gut«, sagte Florette und stand auf. »Ich mache mich gleich an die Arbeit.«
    Lee ließ seinen Blick über die anderen im Büro schweifen. Die Stimmung hatte sich eindeutig verdüstert. Butts ließ sich auf den nächststehenden Stuhl sinken; sein Drang, einen Streit mit Nelson vom Zaun zu brechen, war vergessen. Dass sie den Namen der unbekannten Toten Nummer Fünf herausgefunden hatten, machte die Sache auch nicht viel besser. Jetzt wussten sie zwar, wie das Mädchen hieß, aber den Mörder hatten sie noch immer nicht.

KAPITEL 28

    Annie O’Donnells Beerdigung fand in Hastings statt, einem pittoresken Städtchen in Westchester County. Lee fuhr mit der Metro North zur Grand Central Station, nahm den Zwölf-Uhr-Fünfzehn-Zug der Harlem-Linie und war keine vierzig Minuten später in Hastings. Der Bahnhof lag unten am Hudson River, aber bis zur Kirche war es nicht weit, und Lee ging zu Fuß die lange Straße entlang, die sich vom Fluss weiter in die Stadt hineinwand. Hastings war auf den Hügeln erbaut, die vom Ufer des Hudsons aufragten. Wolken zogen tief über das träge dahinströmende, graue Wasser hinweg, in dem die Möwen nach Fischen tauchten.
    Die Kirche war ein bescheidener Bau mit weißer Holzverkleidung, nicht sonderlich imposant für katholische Maßstäbe. Abgesehen von dem sepiafarbenen Gras des Kirchrasens, wurde die Landschaft von Schwarz und Grau bestimmt. Ein trister Februarhimmel hing tief über den Trauergästen, nicht einmal die Andeutung von Sonnenlicht drang durch die graue Wolkendecke. Die ganze Szenerie, die dunkle Kleidung der Trauergäste, die in einer kleinen Traube vor der weißen Holzkirche standen, all das erinnerte Lee an einen Schwarz-Weiß-Film. In der Auffahrt stand ein auf Hochglanz polierter schwarzer Leichenwagen, bereit für die langsame, feierliche Kriechfahrt zum Friedhof.
    Die Totenmesse war gerade zu Ende, als Lee eintraf. Während er den Steinweg hinaufging, kam eine Frau mit einem Strauß roter Nelken aus der Kirche. Im Kontrast zu ihrem schwarzen Kleid leuchtete er wie ein frischer Blutfleck.
    Auf dem niedrig hängenden Ast einer Schwarzeiche hockte eine einsame Krähe und beobachtete alles mit schief gelegtem Kopf und wachsamen Augen. Der Baumstamm war vom jüngsten Regen dunkel, und in den tiefen Falten und Rillen der rauen schwarzen Rinde hingen winzige Wassertropfen. Die Krähe stieß einen krächzenden Schrei aus, schwang sich vom Ast auf und flog in den düsteren Himmel davon.
    Lee schaute der Krähe hinterher, während sie hinter einer Baumgruppe verschwand. Ein leichter Niesel fiel auf den bereits aufgeweichten Boden. Ein kleines Grüppchen von Journalisten drängte sich unter schwarzen Regenschirmen zusammen und schaute missmutig drein. Die Kameras hatten sie schützend unter ihre Regenmäntel gesteckt. Die meisten waren jung, wahrscheinlich noch auf der untersten Sprosse der Karriereleiter und vom Chefredakteur zur Berichterstattung verdonnert. Die wahren Stars der Journalistenszene gaben sich nicht mit der Beerdigung des bedauernswerten Opfers ab, sie waren nur zur Stelle, wenn es um Leichenfunde und Pressekonferenzen der Polizei ging.
    Lee beobachtete die Trauergäste, die aus der Kirche kamen, suchte nach irgendeiner Auffälligkeit in Erscheinung oder Verhalten – irgendetwas, das herausstach. Er konnte nicht benennen, wonach er suchte, aber er hoffte, dass er es erkennen würde, wenn er es sah. Die Gesichter der Trauernden wirkten angemessen ernst und feierlich, einige aufgedunsen und mit rot geränderten, verweinten Augen, die meisten bleich im fahlen Licht.
    Ein hochgewachsener, blonder Mann trat ins Freie, er stützte eine zierliche, schwarzhaarige Frau. Das waren offensichtlich Annies Eltern. Die Tochter kam ganz nach der Mutter. Sie hatte dasselbe lockige Haar und eine ebenso zarte weiße Haut. Der Vater besaß die angenehmen irischen Züge, die Lee überall in New York begegneten – breite Stirn, tief liegende blaue Augen, ein markantes Kinn unter einem schmalen Mund.
    Der Rest der Trauergemeinde war die zu erwartende Mischung – Freunde und Familie sowie Nachbarn und Schulkameraden. Rund ein Dutzend junger Leute im Collegealter standen etwas abseits in einer kleinen Gruppe zusammen. Als die O’Donnells die Kirchenstufen herunterkamen, traten die Leute respektvoll zur Seite, um dem Paar den Weg zum wartenden Autokonvoi freizumachen. Als Mrs. O’Donnell den Leichenwagen sah, strauchelte

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