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Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt

Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt

Titel: Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Müller
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Kirche bei der Überprüfung fest, dass die ausgegründete Einrichtung sich nicht mehr »kirchlich« verhält, dann stehen ihr Sanktionen bevor: »Im Zweifel darf die Tochter einer Krankenhausgesellschaft dann das Wort ›Diakonie‹ nicht mehr im Namen tragen und das Diakoniekreuz nicht mehr an der Tür haben«, erläutert Oberkirchenrat Fey die Strategie.
    Die Tochter wird aus der Diakonie ausgeschlossen. Mehr passiert nicht? Das bedeutet konkret: Die »Stefanus-Diakonie Labor GmbH« muss sich in »Stefanus Labor GmbH« umbenennen. Die Marke ändert sich, das Problem bleibt. Die Mitarbeiter werden weiterhin schlechter bezahlt als die Kollegen im Mutterhaus, nur eben nicht mehr im Namen der Kirche. Dass durch diese Idee die Pfleger und Ärzte eines Krankenhauses weiter Teil der Kirche sind, die einfacheren Dienste, wie Reinigung, Fahrdienst oder Pforte aber nicht, ist ein weiterer Aspekt dieser unternehmerischen Praxis.
    »Aufgrund des Kostendrucks können die Einrichtungen oft nicht anders handeln«, rechtfertigt Oberkirchenrat Detlev Fey diese Maßnahme. Die Alternative wären Schließungen.
    Ende September 2012 hat die Diakonie erstmals Zahlen zu ihren aktuellen Arbeitsverhältnissen veröffentlicht. Die Kernpunkte sind: Jede fünfte Einrichtung zahlt nicht nach Kirchentarif. Es gibt acht Prozent Ausgliederungen. Die Lohnuntergrenze liegt dort bei 5,99 Euro.
    Auch christliche Krankenhäuser sind öffentlich finanzierte Einrichtungen. Für sie gelten die gleichen Refinanzierungsbedingungen wie für alle anderen Krankenhausbetreiber in Deutschland – nicht aber das öffentliche Arbeitsrecht. Stattdessen haben die Kirchen einen eigenen Rechtsraum, in dem sie über den Dritten Weg selbst ihre Arbeitsbedingungen organisieren.
    Von ihrem Geld gibt die Kirche nichts in das laufende Geschäft. Sie unterhält die diakonischen Einrichtungen nicht aus eigenen Mitteln. »Wir wären pleite, wenn wir das ein halbes Jahr so machen würden«, versichert Oberkirchenrat Fey. In den Regelbetrieb eines christlichen Krankenhauses oder Altenheimes flössen deshalb keine Kirchensteuereinnahmen. Wenn doch, werde das Geld der Kirchenmitglieder in erster Linie für die Krankenhausseelsorge ausgegeben, für den Pfarrer, Besuchsdienste oder für vernünftige Andachtskapellen. »Die Finanzierung dieser Angebote ist Sache der Kirche.«
    Spätestens mit dem Übergang in das neue christliche Klinikum, so sagen es die proDiako-Geschäftsführer Heinz Kölking und Michael Schwekendiek, sollen die Mitarbeiter der ehemaligen Kreishäuser nach Kirchenrecht beschäftigt werden. Sie sollen in die christliche Arbeitswelt übergeleitet werden und den diakonischen Gedanken mittragen, so ist es der Wunsch der Investoren.
    Wo also in der Unternehmensführung kein Unterschied zwischen privatwirtschaftlich und kirchlich gemacht wird, bei den Mitbestimmungsrechten der Mitarbeiter gibt es ihn sehr wohl. »Das Motto der Blues Brothers«, erklärt Oberkirchenrat Detlev Fey zu diesem Thema, »gilt auch für die Kirche: unterwegs im Auftrag des Herrn.« Deshalb benötige man zum Beispiel kein Streikrecht. Denn ein Streik widerspreche der christlichen Vorstellung einer friedlichen Konfliktlösung innerhalb der Dienstgemeinschaft. Auch das Aussperrungsrecht für den Arbeitgeber gebe es deshalb nicht. »Diese Arbeitskampfmaßnahmen sind nicht mit dem Versöhnungs- und Friedensauftrag der Kirche vereinbar.« Mit dem Dritten Weg existiere ein Verfahren, das Arbeitskampf nach Überzeugung der Kirchen entbehrlich mache.
    Erst im November 2011 hat die evangelische Kirche auf ihrer Synode noch einmal bekräftigt, dass sie auch in Zukunft am Dritten Weg festhalten will. Sie hat das Verbot des Streiks noch einmal extra in ein Kirchengesetz geschrieben. Diese Festlegung ist wohl die Reaktion auf eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 13. Januar 2011. An diesem Tag hatten die Richter gegen die Kirche entschieden und geurteilt, dass Streiks in kirchlichen Einrichtungen nicht ausnahmslos unzulässig seien.
    Der Hintergrund: Im August 2008 hatte die Gewerkschaft ver. di die Diakonie zu Tarifverhandlungen aufgefordert. Die Dienstgeberseite lehnte das ab. Daraufhin rief die Gewerkschaft die Mitarbeiter in diakonischen Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen zu Warnstreiks auf. Im Mai 2009 fand eine Streik- und Aktionswoche statt. Die Folge: Die betroffenen evangelischen Landeskirchen und diakonischen Werke klagten gegen die Arbeitskampfmaßnahmen und damit indirekt

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