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Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt

Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt

Titel: Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Müller
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Berater der Diakonie, »dass einige diakonische Einrichtungen die kirchlichen Tarife nicht bedienen. Das finden wir als evangelische Kirche nicht positiv. In kirchlichen Einrichtungen muss das kirchliche Arbeitsrecht uneingeschränkt angewendet werden.« Er denkt kurz über eine Formulierung nach. Sie als verfasste evangelische Kirche hätten leider erst sehr spät angefangen, das mit aller Deutlichkeit zu kritisieren. »Wir waren zunächst mit den Konsequenzen des Wettbewerbs beschäftigt«, sagt der evangelische Oberkirchenrat.
    »In dieser sozialpolitischen Entwicklung wird die rechtliche Sonderstellung der Kirchen besonders problematisch«, analysiert Professor Norbert Wohlfahrt. Mit einigen Kollegen hat der Bochumer Experte für Sozialmanagement gerade für die Hans-Böckler-Stiftung – das Forschungswerk des Deutschen Gewerkschaftsbundes – eine Studie zum Dritten Weg in diakonischen Sozialunternehmen veröffentlicht. Seine These: Mit ihrem besonderen Arbeitsrecht haben die Kirchen und ihre Wohlfahrtsverbände bessere Möglichkeiten als etwa die Kommunen, auf die veränderten Wettbewerbsbedingungen einzugehen und Arbeitskosten zu senken. Und die nutzen sie. Die zersplitterte Tariflandschaft sei nur ein Beispiel. Sie mache eine Art »Tarif-Hopping« möglich. So könnten Sozialunternehmen der Diakonie in Nordrhein-Westfalen zum Beispiel ihre Stellen nach der bayerischen Arbeitsvertragsrichtlinie ausschreiben, die unterhalb des eigenen Tarifs liege. »Dann arbeitet zum Beispiel eine Sozialarbeiterin in Düsseldorf nach einem Kirchentarif, der eigentlich in Bayern gilt. Durch die Wahlmöglichkeit zwischen unterschiedlichen Tarifen ergeben sich für die diakonischen Sozialunternehmen natürlich betriebswirtschaftliche Vorteile.«
    Außerdem besäßen einige diakonische Einrichtungen eigene Leiharbeitsfirmen, und die zahlreichen Ausgründungen in kirchlichen Sozialeinrichtungen seien eine Konsequenz des neuen Wettbewerbs. »Die Ausgliederungen sind inzwischen übliche Praxis und haben das Ziel, die kirchliche Tarifbindung in den Einrichtungen zu umgehen. Tarifflucht könnte man es auch nennen«, erklärt der Professor. »Das Thema ist für die Kirchen als Arbeitgeber besonders heikel, positiv formuliert ist es für sie eine besondere Herausforderung.« Denn in den ausgegliederten Tochtergesellschaften würden nicht selten Vergütungsordnungen angewandt, die unterhalb der in den anderen Betriebsteilen geltenden Arbeitsvertragsrichtlinien oder sonstiger Vergütungsordnungen lägen. So könne es sein, dass sich etwa ein diakonisches Mutterhaus noch auf kirchliches Arbeitsrecht berufe, aber das ausgegliederte Labor, die Privatstation oder der Fahrdienst zwar organisationsrechtlich noch zum Unternehmen gehörten, die Arbeitsbedingungen dort unabhängig von Kirchentarifstrukturen nach weltlichem Arbeitsrecht geregelt würden. »Übrigens nicht selten vom selben Geschäftsführer«, erklärt Professor Wohlfahrt. »Das soll mal ein Kirchenrechtler erklären, wie das möglich sein soll.« Außerdem müsse noch die Dimension betrachtet werden: »Die diakonischen Werke sind nicht mehr die kleinen Häuser eines Kirchenkreises. Sie haben längst Konzerngröße erreicht. Die Diakonie ist im Osten Deutschlands der am schnellsten wachsende Verband. Sie ist die stärkste Wettbewerberin am Markt und das kann man nicht auf das protestantische Milieu zurückführen, denn im Osten sind gerade mal zwanzig Prozent der Menschen noch Kirchenmitglied. Das muss Gründe in der Wettbewerbsfähigkeit haben.«
    Eigentlich sollen die diakonischen Werke allesamt als »Wesensäußerungen« der Kirche gelten. Geht das, wenn in einzelnen Bereichen nicht einmal Kirchentarif gezahlt wird?
    Ein Beispiel zur Verdeutlichung: Ein diakonisches Großkrankenhaus gliedert etwa sein Labor aus, vielleicht als »Stefanus-Diakonie Labor GmbH«. In dieser GmbH werden die Mitarbeiter unterhalb des Kirchentarifs des Mutterhauses bezahlt, obwohl sie rechtlich als hundertprozentige Tochter noch zum diakonischen Unternehmen gehören und nur dieses beliefern. Wie kann das sein? Wie reagiert die evangelische Kirche darauf? »Wir prüfen inzwischen im Einzelfall, ob die Ausgründungen der Sozialeinrichtungen noch kirchlich sind oder nicht mehr«, erklärt Detlev Fey und führt eine spannende Idee weiter aus: »Eine Einrichtung gehört nur dann zur Kirche, wenn sie kirchlich geprägt und nicht gewinnorientiert ist. Kirche soll kein Geld verdienen.« Stellt die evangelische

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