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Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt

Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt

Titel: Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Müller
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man keinen Kindergarten aufgeben könne, nur weil es im Personalbereich ein Problem gebe. Er habe den Eindruck gehabt, da sei Personenkult betrieben worden. Als sei das ganze Dorf davon abhängig, dass Bernadette Knecht die Leiterin im Kindergarten bleibe. Als gäbe es keinen Ersatz. Er könne die Aufregung nicht verstehen. »Noch zwei Jahre, dann sind die Kinder dieser Eltern nicht mehr im Kindergarten. Was ist denn in drei Jahren? Kann ich davon ausgehen, dass die neuen Eltern mit den Lebensumständen von Frau Knecht einverstanden sind? Da muss man doch langfristiger denken!« Thomas Schulte-Beckhausen wird kurz etwas lauter, kommt aber genauso schnell wieder zur Ruhe. »Wir bedauern die Situation auch. Aber schließlich handelt es sich um geltendes Recht.«
    Als es im Gemeindeverband – noch vor dem Treffen mit den Eltern – die Abstimmung zu einem Trägerwechsel, zu der Frage, ob man die Einrichtung von sich aus aufgeben wolle, gegeben habe, sei es nicht mehr nötig gewesen, um Handzeichen zu bitten. »Es war klar, dass die Mehrheit dagegen war.«
    Das Elternprotokoll vom Abend im Kindergarten endet wie folgt:
    Eltern: Das Gemeindeleben wird Schaden nehmen. Es werden Leute austreten, wenn Frau Knecht gekündigt wird.
    Pfarrer Schiffers: Die echten Katholiken werden die Haltung der Kirche nachvollziehen können und stehen hinter ihr. Diejenigen, die Konsequenzen ziehen, sind keine echten Katholiken, auf die kann die Kirche verzichten.
    Eltern: Bis heute haben wir stillgehalten und auf ein Einsehen seitens der Kirche gehofft, jetzt werden wir aktiv.
    Im Herbst 2012 betritt Pfarrer Schiffers seine Kirche und sucht nach den richtigen Knöpfen, um die Alarmanlage auszuschalten. »Soll ich das Licht anmachen?«, fragt er. Die Kirche ist menschenleer. Monatelang sei er auf dieses Thema angesprochen worden, überall, sogar im Schwimmbad, erzählt er, nachdem er sich bekreuzigt und in einer der vorderen Kirchenbänke Platz genommen hat. »Viele haben mir gesagt, dass es mich nichts angehe, was Frau Knecht privat zu Hause mache.« Man habe ihm gesagt, dass Frau Knecht trotzdem eine gute Kindergärtnerin sein könne, dass ihre private Situation nichts mit ihrer Arbeit zu tun habe. »Aber aus unserer Sicht gibt es für einen Christen kein Privatleben.« Pfarrer Schiffers holt Luft. Das, was jetzt kommt, hat er schon oft zu erklären versucht. »Als Kindergartenleiterin soll Frau Knecht ein Vorbild sein, auch für die Eltern. Christ ist man nicht nur für sich selbst, sondern für alle anderen ebenso. Der Herrgott ist für uns ein Gott der Treue und daher verstehen wir die Ehe als ein Abbild des Bundes Gottes mit den Menschen. Deshalb ist sie uns heilig.«
    »Auf Katholiken wie Sie kann ich verzichten« – hat Udo Maria Schiffers das tatsächlich zu den Eltern gesagt? »Auch bei den katholischen Eltern fehlt vielfach das Verständnis für die Heiligkeit der Ehe«, antwortet er. »Genauso, wie sie nicht mehr verstehen, dass es eigentlich das Selbstverständlichste der Welt ist, jeden Sonntag in die Messe zu »gehen«. Er handele ja nicht so, weil er Sorge habe, sonst vom Bischof die Brötchen nicht mehr bezahlt zu bekommen, sondern weil er dahinter stehe. Es entspreche seinen Überzeugungen, betont der Pfarrer. Und damit sei er nicht allein: »Es hat genug Leute gegeben, die mir schriftlich wie mündlich gesagt haben: ›Herr Pfarrer, bleiben Sie stark.‹ Die also das Glaubensbewusstsein voll teilen und auch selbst leben.« Er sei kein Einzelkämpfer. »Aus der ganzen Republik habe ich positive Zuschriften bekommen, letztens noch von einem pensionierten evangelischen Pfarrer aus Brandenburg. Für jemanden, der an die Heiligkeit der Ehe glaubt, ist unsere Entscheidung kein Problem.«
    Das große Treffen am Nikolausvorabend 2011 im Kindergarten bleibt nicht der einzige Versuch der Eltern, eine Lösung zu finden. Es gibt noch eine Zusammenkunft im kleinen Kreis mit dem Elternbeirat, dem Pfarrer und den anderen Angestellten des Kindergartens. Auch dieses Treffen findet abends im Kindergarten statt. Ohne Einigung.
    Außerdem schreiben die Rauschendorfer Vereine – der Männergesangsverein, der Turnverein, der Bürgerverein, der Brauchtumsverein und der Verein »Neues Rauschendorf« – gemeinsam an den Pfarrer und die Kirchenvorstände. Sie erwähnen, dass sie das Kindergartengebäude zum Proben nutzen und als Gegenleistung regelmäßig kleine Handwerksarbeiten im Gebäude und auf dem Gelände übernehmen. All das komme nur

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