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Gott im Unglück

Gott im Unglück

Titel: Gott im Unglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
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antwortete Worthington.
    »Oh, gleich kommt Rauchende Colts .«
    Worthington nutzte die Ablenkung und schlich sich davon, als Gorgoz durch die Kanäle zu schalten begann.

NEUNZEHN
    Das Schlafwandlercafé lag am Rande des kollektiven Unterbewusstseins der Menschheit. Es war irgendwie klein. Oder irgendwie groß. Oder hatte jede Größe dazwischen, je nachdem, welche Sterblichen gerade schliefen und was sie träumten. Im Moment konnte man es eher am größeren Ende von ziemlich klein einordnen. Von außen erinnerte es an einen Termitenhügel, während es innen voller Möbel aus Schokolade war – inklusive den Sesseln, in denen Lucky, Quick und Morpheus saßen.
    Der Gott der Träume trank seinen Kaffee aus einer Tasse, die wie ein lebensgroßes Huhn aussah. Sie war unpraktisch zu benutzen. Der Henkel an der Seite war klein und ungeschickt angebracht. Selbst wenn Morpheus versucht hätte, die Tasse damit zu halten, hätte er nicht viel genützt. Man brauchte zwei Hände, um das Huhn vom Weglaufen abzuhalten.
    Morpheus gähnte. »Das kann nicht dein Ernst sein.«
    Lucky hatte ein Thunfischsandwich bestellt, aber der elchköpfige Kellner hatte eine Feder zwischen zwei sorgfältig gefalteten Tweed-Pullis gebracht. Er gab vor, trotzdem daran zu knabbern, sodass Quick das Reden übernehmen musste. Doch der rührte nur mit einem Löffel in seiner rosa Dauerlutscher-Suppe herum.
    »Das ist gegen die Regeln«, antwortete Morpheus. »Das weißt du.«
    »Ich weiß«, sagte Quick.
    Morpheus versuchte, Quick zornig anzusehen, aber der Gott der Träume hatte Schwierigkeiten, die Augen mehr als ein paar Sekunden weiter als halb offen zu halten.
    »Es ist unethisch«, sagte Morpheus. »Meine Aufgabe ist es, das menschliche Unterbewusstsein zu schützen, und so eine Aufgabe sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen.«
    »Ich weiß, ich weiß. Glaub mir, wir würden nicht fragen, wenn es nicht wichtig wäre.«
    Morpheus setzte seine Tasse ab und streckte sich. Das Huhn sprang vom Tisch und marschierte davon, wobei es über den ganzen Kopfsteinpflasterboden Kaffee verschüttete. Ein mit Edelsteinen überzogener Roboterkellner brachte sofort eine frische Tasse in Gestalt eines Miniaturfernsehers, auf dem eine Folge der Honeymooners lief.
    »Ist der koffeinfrei?«, fragte Morpheus.
    Der Roboter piepste eine Antwort, die den Gott zufriedenzustellen schien.
    »Ich will nicht die ganze Nacht wach liegen«, erklärte Morpheus Quick. »Die Antwort ist Nein. Wir Götter der Träume und Reverien leben nach einem anderen Kodex als ihr Gottheiten der materiellen Ebene. Wir nehmen unsere Verantwortung sehr ernst.«
    Lucky räusperte sich und versetzte Quick einen Stoß mit dem Ellbogen. Quick zuckte die Achseln.
    »Oh, um Ymirs willen«, sagte Lucky. »Hör mal, Morph. Darf ich dich Morph nennen?«
    Morpheus gähnte. »Ja, klar.«
    »Morph«, sagte Lucky, »hier geht es um Verantwortung. Zwei sehr nette Sterbliche sind darauf angewiesen, dass ich das Richtige tue und mich um sie kümmere. Das ist meine Verantwortung, und die nehme ich auch ernst.«
    Der Gott des Schlafs rieb sich die Augen. »Ich könnte Probleme bekommen.«
    »Warum? Du darfst doch da rein, oder nicht? Das ist doch dein Aufgabengebiet!«
    »Es ist nicht mehr wie früher«, sagte Morpheus. »Das Unterbewusstsein ist jetzt in hohem Maße reguliert. Wir dürfen nicht herumpfuschen.«
    »Wer hat etwas von herumpfuschen gesagt? Ich bitte dich nur, dass du mir den Weg ins Unterbewusstsein eines Sterblichen zeigst, damit ich es kurz befragen kann. Ich will ihm keine Suggestionen einflüstern oder seine Träume stehlen oder auch nur im Geringsten seine mentale Möblierung umarrangieren. Rein und raus – bevor irgendwer merkt, dass ich überhaupt da war, bin ich schon wieder weg.«
    »Ich bin mir trotzdem nicht sicher, ob das ethisch …«
    »Scheiß drauf!« Lucky deutete auf Quick. »Du schuldest ihm was, und er fordert den Gefallen ein.«
    Morpheus erwiderte: »Darum geht es also? Darauf wolltest du die ganze Zeit hinaus, Quick?«
    Der goldene Schlangengott plusterte die Federn auf. »Es sind wirklich sehr nette Sterbliche, denen wir zu helfen versuchen.«
    »Okay.« Morpheus machte ein finsteres Gesicht, doch am Ende verkam es zu einem Gähnen. »Aber dann sind wir quitt.«
    Der Eingang zum kollektiven Unterbewusstsein lag hinter dem Café. Von außen wirkte die Sphäre wie ein riesiges Lagerhaus. Es war nichts Schickes oder besonders Metaphorisches daran. Wenn das auch der

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