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Gott oder Zufall?

Gott oder Zufall?

Titel: Gott oder Zufall? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. J. Berry
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Thomas Reid, Kant und verschiedenen modernen Philosophen, darunter Robert Kane) unvereinbar ist.
Harter Determinismus:
Die Vergangenheit bestimmt vollständig die Zukunft, auch die unseres Gehirns. Eine deterministische Weltsicht ist mit einem freien Willen und mit persönlicher Verantwortung unvereinbar. Beide sind eine Illusion (so bei Holbach und Nietzsche). Die meisten modernen Philosophen weisen dieses Etikett allerdings zurück.
    Die Argumente für diese drei Positionen detailliert zu beleuchten würde den Rahmen dieses Buchs sprengen. Dennoch sind zu ihnen einige Bemerkungen angebracht. Der harte Determinismus ist – nicht überraschend – unpopulär, weil er sein eigenes Fundament untergräbt, indem er beinhaltet, dass der Glaube an ihn kein freier Akt sei. Dagegen favorisieren die meisten modernen Philosophen den Kompatibilismus. Ein wichtiges Argument seiner Vertreter lautet, dass der von
außen,
nicht aber der von
innen
kommende Determinismus Zwang sei. Tatsächlich ist die Behauptung, dass man von seinem Gehirn angetrieben worden sei, für keine Tat eine Entschuldigung. Andernfalls entfiele jede Verantwortung. Der Determinismus, der einem mechanistischen Verständnis des Gehirns folgt, stellt für Kompatibilisten kein Problem dar.
    Problematisch ist der Determinismus allerdings für den Libertarianismus, dessen Vertreter folglich mit einer Möglichkeit aufwarten müssen, wie im Gehirn Undeterminiertheit herrschen kann. Der weitaus beliebteste moderne Lösungsansatz für das Problem beruht auf der Heisenbergschen Unschärferelation.
    Quanten-Libertarianismus
    Heisenbergs Unschärferelation besagt, dass es bei der Genauigkeit von Messungen eine
absolute Grenze gibt, wenn bestimmte Paare physikalischer Messgrößen beteiligt sind, etwa
beim Impuls und Ort eines Teilchens. Wenn
h
das Plancksche Wirkungsquantum
ist und die Ungenauigkeit mit ∆ ausgedrückt wird, dann gilt ∆Impuls x ∆Ort ≥
h
/4ω. Der Impuls des Elektrons und dessen Ort können jeweils allein mit unbegrenzter Präzision bestimmt werden, aber ein Zuwachs an Präzision bei der Messung des einen Beteiligten im Paar geht unweigerlich auf Kosten der Präzision beim anderen. Ein weiteres Paar ist ∆
E
x ∆
t

h
/4ω, wobei
E
für Energie und
t
für Zeit steht, was weiter unten noch eine Rolle spielt. Wegen der geringen Größe von
h
ist Heisenbergs Unschärferelation für makroskopische Objekte wie Golfbälle irrelevant. Bei so winzigen Einheiten wie Elektronen spielt sie dagegen eine sehr bedeutende Rolle.
     
    Werner Heisenberg (1901–1976)  ©  © Lebrecht/​Interfoto
     
    Die Heisenbergsche Unschärferelation wurde anfangs als praktische Beschränkung für Messungen formuliert. Zahlreiche Physiker und Philosophen vertraten allerdings die Ansicht, dass ihre Bedeutung über die reine Praktikabilität weit hinausreiche und sie vielmehr eine grundlegende Unbestimmtheit in der Natur feststelle. Die sogenannten Quanten-Libertarianisten argumentieren nun, dass demnach auch die Gehirnfunktion grundlegend unbestimmt sei, eine Einsicht, die uns von den Fesseln des Determinismus befreie und einen freien Willen ermögliche. Was daraus für die Gehirnfunktion folgt, muss noch erkundet werden. Festzuhalten ist jedoch, dass sie von der Annahme ausgeht, die Determiniertheit sei etwas Grundlegendes und nicht nur eine Messgrenze. Wegen dieser Annahme wird diese Deutung von einigen Physikern angefochten.
    Eine häufige Kritik am Quanten-Libertarianismus lautet, dass die ungerichtete Zufälligkeit der Heisenbergschen Unschärferelation zu Unordnung anstatt zu einer willentlichen Tätigkeit führe. Hier liegt ein Missverständnis vor: Die Quanten-Libertarianer vertreten, dass die Seele, verborgen hinter dem Nebel der Heisenbergschen Unbestimmtheit, in Wahrheit einen kleinen, aber
gerichteten
Einfluss auf die Hirnaktivität ausübe.
    Aber die Heisenbergsche Unschärfe ist um viele Größenordnungen zu klein, als dass eine nichtphysikalische Seele auf das Gehirn einen spürbaren Einfluss haben könnte. Diesem Einwand begegnen die Quanten-Libertarianer mit dem Hinweis, dass es Heisenbergs Unbestimmtheit ermöglichen könnte, eine chemische Bindung in einem Ionenkanal in der synaptischen Membran (Synapsen sind Kontaktstellen zwischen Neuronen) zu verändern. Nach der Unschärferelation gibt es eine Grenze der Genauigkeit bei der Bestimmung der Energie
(E)
und der Zeit
(t),
gegeben durch ∆
E
x ∆
t

h
/4\ω, wobei
h
= 6,63 × 10 –34 Joules

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