Gott oder Zufall?
Intelligenz«.
Die Frage lautet nicht ob, sondern wann wir selbstreproduzierende intelligente Roboter bauen.
Rodney Brooks, ehemaliger Direktor des Computer Science and Artificial Intelligence Laboratory am MIT , in: Flesh and Machine (2002)
Müssen Christen die starke KI als Widerspruch zur biblischen Lehre sehen, wonach es eine Seele gebe und der Mensch nach Gottes Ebenbild geschaffen sei? Müssen sie unbedingt glauben, dass es unmöglich sei, einen bewusst denkenden Apparat zu konstruieren, der als Person gelten kann? Würden Fortschritte auf diesem Gebiet den Glauben in Frage stellen?
Fragen um die Seele ergeben sich deshalb, weil ein »Bewusstsein« oder das »Menschsein« häufig der »Seele« zugeschrieben wird. Verfechter des Leib-Seele-Dualismus verstehen Genesis 2,7 häufig als eine Lehre, wonach der Mensch in zwei Etappen entstanden sei: Gott erschuf zunächst den Körper, dem er dann, in einem gesonderten Akt, die immaterielle Seele eingeblasen habe. Wenn das eigentliche Menschsein auf einen getrennten Schöpfungsakt Gottes zurückgeht, dann erscheint der Glaube anmaßend, dass der Mensch künstlich etwas erschaffen könne, das als echte Person gelten kann.
Allerdings heißt es in Genesis 2,7 weder, dass Gott den menschlichen Körper erschaffen, noch, dass der Mensch eine Seele erhalten habe. Vielmehr ist die Rede davon, dass Gott den Menschen erschaffen habe und dass dieser zu einer Seele (oder einem »lebenden Wesen«, wie moderne Übersetzungen »Nephesch« wiedergeben) geworden sei. Aus Sicht von Anschauungen wie der monistischen Zwei-Seiten-Lehre sind Geist (oder das Person-Sein) und Körper zwei Aspekte einer einzigen Wesenheit. Demnach ist das menschliche Person-Sein so zu begreifen, dass es aus der Tätigkeit der Neuronen im Gehirn hervorgeht. Da eine »Entstehung« eher den Ursprung als das Wesen des Person-Seins beschreibt, schließen sich dieser Sicht auch manche Dualisten an. Wenn der Ursprung des Person-Seins so richtig verstanden wird, kann durchaus die Möglichkeit gelten, dass ein Person-Sein auch aus einem künstlich geschaffenen Apparat hervorgeht.
Der menschliche Geist wird vom menschlichen Gehirn hervorgebracht. Er ist kein unabhängiges, dem Gehirn von außen »hinzugefügtes« Element.
William Hasker, The Emergent Self (1999)
Aber was ist mit der biblischen Lehre, wonach der Mensch nach Gottes »Ebenbild« erschaffen wurde? Was dieser Ausdruck genau bedeutet, lieferte über die Jahrhunderte viel Stoff für Diskussionen. Nach einem Verständnis ist die
Imago Dei
(Gottesebenbildlichkeit) etwas Einzigartiges an uns, das keine Kreatur mit uns gemein hat. Wenn es möglich wäre, eine künstliche Person zu schaffen, geriete diese Lehre vielleicht in Gefahr, aber so sehen es keineswegs alle Christen. Begreift man die
Imago Dei
als unseren Wert, unseren Sinn und unsere Beziehung zu Gott, ist der Platz der Menschheit im Reich Gottes nicht unbedingt durch andere Wesen bedroht, die einen ähnlichen Sinn und eine ähnliche Beziehung – vielleicht sogar einen ähnlichen Wert – haben. Kinder, die ein Geschwisterchen bekommen, fragen oft ihre Eltern: »Liebt ihr mich jetzt weniger?« Ähnlich fragt der Psalmist: »Was ist der Mensch, dass du an ihn denkst, des Menschen Kind, dass du sich seiner annimmst?« (Ps 8,5) – und bleibt die Antwort schuldig, vielleicht weil unsere Beziehung zu Gott in
ihm,
nicht in etwas in
uns
wurzelt.
Im Film
Raumschiff Enterprise: Das Nächste Jahrhundert
taucht der Androide Commander Data auf. Wenn in ferner Zukunft so ein Wesen erschaffen würde, stellte dies die biblische Lehre über das Wesen des Menschen keineswegs in Frage. Das heißt nicht, dass so eine Schöpfung je möglich sein wird. (Für die nahe Zukunft und überhaupt spricht wenig dafür.) Aber ob so ein Wesen jemals entsteht, ist letztlich eine technische, keine theologische Frage.
Determinismus oder Freiheit
Wenn das Gehirn ein Biocomputer aus Zellen ist, dessen Bauteile den Gesetzen von Physik und Chemie gehorchen, dann sind unsere Entscheidungen womöglich vorherbestimmt. Aber wo bleibt dann der freie Wille? In dieser Frage gibt es hauptsächlich drei Haltungen:
Kompatibilismus
(»weicher Determinismus«): Der Determinismus ist mit einem freien Willen und menschlicher Verantwortung (so bei Spinoza, Hume und zahlreichen modernen Philosophen, darunter Daniel Dennett) durchaus vereinbar.
Libertarianismus:
Wir haben einen freien Willen, der mit dem Determinismus (wie bei
Weitere Kostenlose Bücher