Gott oder Zufall?
USA , 1979 ereignete. Obwohl Sicherheitsstandards eingehalten worden waren, kam es nach einer Pannenserie zu einer teilweisen Kernschmelze. Auch wenn größere Schäden abgewendet wurden, mag dieser Unfall zu dem Schluss führen, dass Kernkraft in der Praxis nicht beherrschbar ist.
Naturgewalten und Desaster der Technik: das Kernkraftwerk von Fukushima nach dem Tsunami 2011 © © Getty Image/DigitalGlobe via Getty Images
Als zweites, noch größeres Problem entstehen radioaktive Abfälle, die für unvorstellbar lange Zeiträume gefährlich bleiben. Sie bürden zahllosen künftigen Generationen gewaltige Lasten auf. Schon aus diesem Grund lehnen Gegner den Bau neuer Anlagen ab. Befürworter argumentieren, dass bei anderen Technologien ähnliche Probleme in Kauf genommen würden. So werde seit Jahrtausenden Kupfer genutzt, dessen giftige Salze ein ebenso dauerhaftes Problem darstellten. Jede Generation hinterlässt den nachfolgenden bestimmte Technologien in der Annahme, dass diese mit den Chancen und Risiken ebenso gut umgehen können wie sie selbst. Für radioaktive Abfälle entstehen inzwischen unterirdische Endlager. Kleinere Lecks an Behältern, die in ferner Zukunft auftreten könnten, sollen angeblich ungefährlich sein. Eine große Menge an solchen Abfällen – auch aus der Waffenproduktion – muss ohnehin entsorgt werden. Diese Lasten würden sich nur geringfügig erhöhen, wenn eine weitere Generation an Kernkraftwerken die »Energielücke« schlösse, die aufklafft, bis mehr erneuerbare Energien verfügbar sind. Bei einer unbegrenzten Nutzung läge der Fall anders. Fast keine langlebigen Abfälle fallen dagegen bei der Kernfusion an, die auf Lithium und Wasserstoff beruht, und dies bei deutlich geringeren Unfallrisiken. Ob diese Technologie jemals technisch und wirtschaftlich so ausreift, dass sie wesentlich dazu beiträgt, die Welt mit Energie zu versorgen, bleibt abzuwarten.
Die Kernkraft trägt das große Stigma, dass sie die »Atombombe« hervorgebracht hat, das klassische Beispiel für menschliches Potenzial, Ressourcen zum Guten wie zum Schlechten zu nutzen. Wegen ihres militärischen Ursprungs und der Tatsache, dass sie nach wie vor den Frieden zwischen Staaten bedroht, lehnen manche Kernkraft grundsätzlich ab. Doch mit dem Verzicht darauf ist die atomare Bedrohung noch nicht gebannt: Das Know-how, die Materialien und Ressourcen zum Bau der Bombe bleiben weiterhin verfügbar.
Um Kernkraft richtig zu bewerten, muss man die Alternativen erwägen. Mit Blick auf die Umwelt ist keine Energie zum Nulltarif zu haben: Alle offenbaren Schattenseiten. Die meiste Energie, die weltweit genutzt wird, ist die aus fossilen Trägern. Deren Emissionen reichern sich in der Atmosphäre an und verändern zeitverzögert dramatisch das Weltklima. Wenn wir ihren Ausstoß nicht rasch sehr drastisch zurückfahren, drohen fatale Folgen. Die britische Royal Commission on Environmental Pollution schätzte, dass wir die Klimaziele für 2050 auch dann verfehlen würden, wenn wir die Nutzung der Windkraft im Meer und an Land sowie weiterer alternativer Energien massiv ausbauten. Ohne Einschränkung des persönlichen und nationalen Energiebedarfs müssten wir zahlreiche weitere Atomkraftwerke errichten und die CO 2 -Speicherung konventioneller Kraftwerke massiv vorantreiben. Ob eher die Risiken der Kernkraft oder die der fossilen Energien vermieden werden müssen, ist eine ethische Abwägung. Wenn wir beide vermeiden wollen, müssen wir unsere Konsumgewohnheiten allerdings kollektiv verändern.
Nanotechnologie und Umwelt
Die Nanotechnologie ist ein ganz junger Zweig der angewandten Wissenschaft, der sich mit Gebilden in der Größenordnung von Nanometern befasst (vgl.S. 307ff.). Sie wurde als der Schlüssel zur nächsten industriellen Revolution gepriesen – mit Anwendungen, die alle Aspekte des menschlichen Lebens berühren. Allerdings wirft diese Technologie auch ethische Fragen zur Umweltverträglichkeit, zum Leben Einzelner und zur Menschheit insgesamt auf.
Biokraftstoffe: Konkurrenz zum Anbau von Nahrungsmitteln
Im vergangenen Jahrhundert wurden die einst nachhaltig betriebenen Systeme der landwirtschaftlichen Erzeugung in der entwickelten Welt immer stärker von Energie abhängig, die aus billigen fossilen Treibstoffen stammte. Vor dem fossilen Zeitalter brauchte es bis zu 25 Prozent des bebaubaren Bodens, um die für eine Bewirtschaftung notwendige Energie – Futter für Arbeitstiere
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