Gott oder Zufall?
Religion anzuwenden, da »Wissenschaft und Religion nicht einfach zwei Sichtweisen auf eine Welt sind – es sei denn, man hätte sich dem Pantheismus verschrieben …«
MacKay plädierte für einen differenzierteren Gebrauch des Komplementaritätsprinzips, wie dieses in einem logischen Zusammenhang zum Ausdruck kommt und nicht angewiesen auf die ursprüngliche Anwendung des Konzepts in der Physik durch Niels Bohr ist, auch wenn MacKay den Welle-Teilchen-Dualismus damit für beispielhaft erläutert hielt.
In der biologischen Forschung werden Hinweise auf die Ganzheitszüge und die zweckvollen Reaktionen lebender Organismen neben den immer eingehenderen Aufschlüssen über ihre Struktur und ihre Regulationsprozesse benutzt … In Verbindung mit den als mechanistisch und finalistisch bezeichneten Anschauungen müssen wir erkennen, dass wir es nicht mit widersprechenden Gesichtspunkten zu tun haben, sondern mit einem mit unserer Stellung als Beobachter der Natur verbundenen Komplementaritätsverhältnis.
Niels Bohr, Die Atome und die menschliche Erkenntnis (1955)
Interaktionistische Positionen ⬅ ⬅
Diese kommen in einer Vielfalt von Formen vor. Am einen Ende des Spektrums können religiöse Schriften nach aktueller Einschätzung der Inhalte und Verfahren der Wissenschaft oder religiöser Vorstellungen »wörtlich« genommen werden. Zwischen diesen Extremen besteht ein breites Meinungsspektrum, in dem das literarische Genre der in der Religion verwendeten Sprache eine Schlüsselrolle spielt. Die extremen Positionen stützen sich häufig auf die Idee einer kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Wissenschaft und Religion und unterstützen sie daher auch noch. Das kann dann zur Bejahung der Wissenschaft und zur Ablehnung der Religion führen oder umgekehrt. An diesem Punkt wird es interessant, wie die Sprache in der Wissenschaft und in der Religion verwendet wird.
Das Bild auf dem Bildschirm des Fernsehers ist das Ergebnis elektronischer Erfindungsgabe – aber es kommt auch auf die vermittelten Originalbilder an sowie auf den Sendeleiter, der das Bild nach Belieben auswechseln kann. © © Alamy/ INTERFOTO
Der Gott, an den die Bibel zu glauben auffordert, ist kein »kosmischer Mechaniker«. Sondern er ist ein kosmischer Künstler, der kreative Bewahrer, ohne dessen beständige Aktivität es noch nicht einmal das Chaos, sondern einfach Nichts gäbe. Was wir physikalische Gesetze nennen, ist der Ausdruck geschaffener Ereignisse, die wir als die physikalische Welt wahrnehmen. Physikalisch betrachtet, geben sie das Wesen der Dinge wieder, die in diesem Muster »im Dasein erhalten« werden. Theologisch betrachtet, bringen sie die Stabilität des großen Künstlers Schöpfungswillen zum Ausdruck. Demzufolge sind Erklärungen in Bezug auf wissenschaftliche Gesetze und in Bezug auf göttliches Handeln keine miteinander konkurrierenden Antworten auf dieselbe Frage; dennoch sprechen sie nicht über unterschiedliche Dinge. Sie sind komplementäre Berichte über verschiedene Aspekte desselben Geschehens, das in seinem vollen Wesen nicht von einem allein erklärt werden kann. Sich auf »natürliche Prozesse« zu berufen heißt nicht, göttlicher Aktivität auszuweichen, sondern nur, Hypothesen in Bezug auf deren Regelmäßigkeit aufzustellen … Ein Gemälde kann im Sinne der Verteilung von Chemikalien auf einer zweidimensionalen Oberfläche beschrieben werden, aber auch als der stoffliche Ausdruck eines im Geist eines Künstlers vorhandenen Entwurfs. In anderen Worten: Derselbe materielle Gegenstand kann zwei oder mehr »Ursachen« haben, die sich nicht gegenseitig widersprechen oder überlappen, sondern unbestreitbar komplementär zueinander sind.
Donald MacKay, Science and Christian Faith Today (1960)
Das Erlernen der Fachsprache
Der Gebrauch einer analogen Sprache ist einer der Aspekte, wie eine spezifische Literaturgattung sowohl von der Wissenschaft als auch von der Religion eingesetzt wird, ohne die unsere Lesefähigkeit erheblich herabgesetzt wäre. Die wie oben geschilderten Befürworter eher gemäßigter Positionen erkennen die Notwendigkeit, komplexe Ideen in Wissenschaft und Religion anzupacken, indem man sich auf literarische Kunstgriffe stützt, um sich zu bestimmten Klassen von Themen verständlich zu äußern. Das können einige oder alle der folgenden sein:
Unsichtbares
Neues
Begrifflich Schwieriges
Auf andere Weise schwer zu Bearbeitendes
Atommodell, bei dem Elektronen um einen
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