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Gott oder Zufall?

Gott oder Zufall?

Titel: Gott oder Zufall? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. J. Berry
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zur Quantenmechanik mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.  ©  © Corbis
     
    Die Quantentheorie lieferte ein hochwirksames Instrument, mit der sich das Wesen der Mikrowelt auf atomarer Ebene nachvollziehen lässt. Wie aber passen ihre Annahmen in die alltägliche Makrowelt hinein, in der wir Ursache und Wirkung sehen und eine Position und einen Impuls gleichzeitig genau kennen können? Hier geht es um das Messproblem der Quantentheorie. Mit anderen Worten: Wie wirft die ungewisse Quantenwelt sichere Antworten ab, wenn wir sie aus unserer Makrowelt heraus befragen? Darauf gibt es mindestens drei mögliche Antworten:
    Nach Neils Bohrs »Kopenhagener Deutung« kommt es zu einem »Kollaps« der Wahrscheinlichkeit in der Quantenwelt, wenn makroskopische Messinstrumente ins Spiel kommen.
Messinstrumente setzen sich ihrerseits aus Atomen zusammen, die ein Quantenverhalten zeigen. Was unterscheidet sie von Atomen oder Elektronen an sich? Vielleicht ist es das Eingreifen eines bewussten Beobachters, das zu einer Messung führt. Diese erhält nur dann Bestimmtheit, wenn das Bewusstsein einbezogen wird. Aber hier tut sich natürlich dasselbe Problem wie zuvor auf, weil sich das Gehirn aus Atomen zusammensetzt. Man könnte allerdings argumentieren, dass wir die Beziehung zwischen Bewusstsein und Gehirn immer noch nicht vollständig verstehen.
Als dritte und seltsamste Option trug Hugh Everett  III . seine »Viele-Welten-Interpretation« vor. Demnach wird in jedem Messvorgang jede verfügbare Möglichkeit realisiert. Dabei spaltet sich das Universum in verschiedene Universen auf, die den realisierten Möglichkeiten entsprechen. Besonders beliebt war diese Deutung bei den Kosmologen, vor allem bei jenen, welche die Quantentheorie auf den Ursprung des Universums beziehen wollen, wo es weder einen Beobachter noch Messinstrumente gibt. Dies bedeutet allerdings, dass es zahllose Paralleluniversen gibt, von denen tatsächlich jede Sekunde Billionen entstehen.
    Eine weitere Frage lautet: Was sagt uns die Quantentheorie tatsächlich über das Wesen der Realität? Auch hier gibt es wieder verschiedene Antworten. Manche meinen, die Theorie verrate uns als ein reiner Rechenvorgang nichts über die tatsächliche Natur der Atome. Andere wie David Bohm argumentierten, dass es eine tiefere Erklärung für die scheinbare Zufälligkeit der Quantentheorie gebe. Im Universum liege eine »implizite« (oder umfasste) Ordnung vor, so dass »alles in allem umfasst ist«. Die meisten Wissenschaftler wollen allerdings an einer engen Beziehung zwischen Epistemologie (was wir von der Welt wissen) und Ontologie (was die Welt tatsächlich ist) festhalten: Nach ihnen sagt uns die Quantentheorie, dass das innerste Wesen des Universums auf atomarer Ebene diffus und unbeständig ist.
    Spielraum für ein Wirken Gottes?
    Die Welt mit Newton als ein stur ablaufendes Uhrwerk zu betrachten wird ihrem Wesen nicht gerecht. Aber gibt die Unbestimmtheit der Quantentheorie Gott Raum zu einem verborgenen Wirken in der Welt, das die mechanistische Beschreibung des Universums nicht ausschließt? Viele behaupten dies. Der Neurophysiologe John Eccles (1903–1997) argumentierte, die Quantentheorie habe einen Einblick in den freien Willen eröffnet, während der Physiker William Pollard Gott auf atomarer Ebene wirken sah. Das Problem solcher Ansätze liegt in der Frage, wie die Ebene der Quanten mit der Alltagswelt zusammenhängt. Dies bleibt unklar. Selbst wenn Gott wirkt, indem er hier und da Elektronen anschiebt, müsste er gigantische Mengen bewegen, um in der von uns erfahrenen Welt Sinnvolles zu bewirken.
    Dennoch ist die Quantentheorie wichtig für das Verständnis der göttlichen Vorsehung. Sie gemahnt uns zu größter Vorsicht bei der Behauptung, etwas könne nicht geschehen. Wie Bohr bemerkte: Jeder, der auf die Quantentheorie nicht schockiert reagiert, hat sie nicht verstanden. Dass Position und Impuls, Energie und Zeit jeweils nicht gleichzeitig genau bestimmt werden können, rüttelt an unserem althergebrachten Weltbild, ja an vielen scheinbar soliden Fundamenten des »gesunden Menschenverstands«. Auch ist Realität nicht dasselbe wie die schlichte und alltägliche Objektivität. Teilchen wie Elektronen sind real, aber nicht im Sinn von Alltagsgegenständen. Selbst wenn uns der gesunde Menschenverstand die Welt der Quanten kaum nahebringen kann, gibt uns die Sprache der Mathematik ein Verständnis. Theologen wie Polkinghorne und Lonergan vertraten, dass

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