Gott oder Zufall?
schöpferischen Wirken Gottes abhängt.
Die meisten modernen Philosophen und Theologen empfanden die Beziehung von Gott zur Welt so, wie die Atemporalisten (siehe Kapitel
Physik und Geowissenschaften/ Gott und die Zeit
) sie erklärt sehen wollten, als unbefriedigend. Das Konzept einer göttlichen Zeitlosigkeit, verbunden mit der Vorstellung einer Unveränderlichkeit, macht die atemporalistische Erklärung für das göttliche Wirken höchst problematisch. Ein atemporaler Gott muss alles, was er tut, auf einmal und für alle Ewigkeit vollbringen. Zuzulassen, dass ein Akt beginnt oder endet, widerspräche Gottes unveränderlicher Natur, weil so Wandel ins Spiel kommt. Die göttliche Zeitlosigkeit wirft auch Probleme in der Vorstellung eines dreifaltigen Gottes auf, der in der Gemeinschaft wirkt, denn wie viele Theologen argumentierten, beinhalten zwischenmenschliche Beziehungen Zeitlichkeit. Als Konsequenz gelangen die meisten Gelehrten zu dem Schluss, dass das Konzept einer göttlichen Zeitlichkeit nicht nur philosophisch kohärenter, sondern auch treuer gegenüber den biblischen Berichten zum Wirken Gottes ist.
Bedeutet dies, dass alle Zeit relativ ist? In Einsteins Relativitätstheorien sind Raum und Zeit verbunden, aber ihre Gleichungen unterscheiden nicht zwischen Vergangenheit und Zukunft. Ist unser Zeitgefühl, anhand dessen wir zwischen Vergangenheit und Zukunft unterscheiden, damit nur eine Illusion? In dieser Frage erkannten viele Wissenschaftler an, dass gute Argumente für einen Zeitpfeil sprechen. Das zweite thermodynamische Gesetz besagt, dass die Unordnung in einem geschlossenen System, das durch eine sogenannte Entropie gekennzeichnet ist, mit der Zeit zunimmt. Auch dehnt sich mit der Zeit das Universum aus und gewinnt an Komplexität. Dadurch können wir mit Blick auf seine Struktur zwischen dem Universum jetzt und dem der Vergangenheit unterscheiden. Aber wie leitet sich dieser Zeitpfeil aus Einsteins Beschreibungen ab? Manche argumentieren, er ergebe sich aus dem sogenannten Messproblem der Quantentheorie oder vielleicht aus der Expansion des Kosmos oder aus der Selbstorganisation komplexer Systeme, in denen aus Unordnung Ordnung entsteht.
Es gibt wenig Anlass, an der Realität der Zeit zu zweifeln. Tatsächlich wird in der christlichen Überlieferung eine starke Wahrnehmung des linearen Ablaufs der Zeit von der Schöpfung zur neuen Schöpfung spürbar: Das Universum wurde so gesehen, dass es mit den souveränen Akten Gottes seinen Anfang nahm. Gott offenbarte sich dem Volk Israel zu bestimmten Zeiten in dessen Geschichte. Und Ereignisse wie der Tod Jesu waren einzigartig und unwiederholbar. Augustinus trat dem Gedanken entgegen, dass die Zeit zyklisch ablaufe, da Jesus nur einmal habe sterben können.
Und doch lehrt uns die Relativitätstheorie, dass das Wesen der Zeit womöglich subtiler und komplexer ist, als wir oftmals annehmen. Dem Gott der Bibel sind durch die Zeit keine Grenzen gesetzt, aber er handelt in der Zeit, vor allem insofern, als er in Jesu Mensch wurde. Die Theologen sind sich noch uneins darüber, wie dies zu verstehen sei. Manche betonen die Transzendenz Gottes über die Zeit, während andere stärker auf die biblischen Bilder des Gottes abheben, der in der Zeit auf Bittgebete und menschliche Verantwortung reagiert. Nach manchen trägt Gott beide, den ewigen und den zeitlichen Pol, in seinem Wesen. Andere sehen die Dreifaltigkeit als Argument, dass er einen ewigen und einen zeitlichen Aspekt habe. Und wieder andere spekulieren, dass Gott ohne Schöpfung zeitlos und ab ihrem Beginn zeitlich sei. Vielleicht ist die Lösung aber auch grundlegenderer Art. Anstatt Zeit und Ewigkeit zu trennen, müssen wir Zeit wohl als einen Grundbestandteil der Ewigkeit sehen.
Der Gott der Bibel ist auch der Gott der Auferstehung und der neuen Kreatur. Als ein faszinierender Aspekt ist der Auferstandene nicht mehr durch Zeit und Raum begrenzt. Er erscheint in Räumen hinter abgeschlossenen Türen, ist zeitgleich aber auch anderswo körperlich so real präsent, dass er sogar Fisch isst. Wie Pannenberg immer wieder hervorhob, ist die Auferstehung das einzigartige Hereinbrechen der Endzeitrealität.
»Und dabei stellt sich nicht nur die Frage, wie sich Gott in seiner Schöpfung zur Zeit verhält, sondern auch die, wie die Zeit in Gottes neuer Schöpfung, dem neuen Himmel und der neuen Erde, transformiert wird.«
Der fotoelektrische Effekt: Trifft blaues oder ultraviolettes Licht auf eine
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