Gott oder Zufall?
der Planetenbewegungen konnte die Wissenschaft die Lücke am Ende schließen. Wenn Forscher immer neue Aspekte des Universums erhellen, besteht die Versuchung, nach verbliebenen Dunkelzonen zu fahnden, um Raum für Gott zu schaffen. Aber dieser »Lückenbüßergott« droht in der Bedeutungslosigkeit zu versinken, je weiter die Forschung voranschreitet. Dagegen begreift die Bibel das gesamte Universum als das Ergebnis von Gottes Wirken. Gott wirkt ebenso sehr in den ersten 10 –43 Sekunden wie zu jeder anderen Zeit. Auch wissenschaftlich beschrieben, ist dieser Moment ebenso das Ergebnis göttlichen Wirkens wie jeder andere. Die Forschungen Hawkings und anderer zur Quantengravitation können die Lücke der anfänglichen Verhältnisse des Universums schließen, aber der Gott der Bibel muss sich nicht in solchen Lücken verkriechen.
Charles Coulson, der Oxforder Wissenschaftler, der den Ansatz des »Lückenbüßergottes« (siehe Kapitel
Das Wesen der Dinge/ »Der Lückenbüßergott«
) vor vielen Jahren kritisierte, schrieb klugerweise: »Wenn wir zum wissenschaftlich Unbekannten vordringen, besteht unsere richtige Strategie nicht darin, uns zu freuen, weil wir auf Gott gestoßen sind, sondern darin, bessere Wissenschaftler zu werden.«
Versuche, die Existenz Gottes zu beweisen, führen oft zum Bild eines Gottes, der dem Deismus näher steht als dem Gott der Bibel. Deisten glauben an einen Gott, der das Universum anstieß und dann untertauchte, um sich aus allem herauszuhalten. Nichts ist vom Gott der Bibel weiter entfernt. Die Schöpfung ist kein einzelner uranfänglicher Akt, sondern ein Wirken, das das gesamte Universum ins Sein brachte und es zu jedem Zeitpunkt aufrechterhält.
Die Suche nach einer Erklärung für die ersten Momente des Universums sollte biblische Christen gemahnen, nach keinem Gottesbeweis zu streben, der zu einem deistischen Lückenbüßergott führt. Gott ist der Schöpfer und Erhalter jedes Augenblicks in der Geschichte des Universums.
Der Niedergang des Deismus ist hauptsächlich auf dessen inhärente Schwäche zurückzuführen. Dieser kosmische Konstrukteur, der die Welt-Maschine angeworfen hat und sie dann selbständig laufen ließ, erschien unpersönlich und fern – kein Gott, der sich um Individuen sorgt und dem Menschen wirkend verbunden ist, oder kein Wesen, zu dem zu beten angemessen wäre. Nicht überraschend wurde ein solcher untätiger Gott, der für das Alltagsleben bedeutungslos ist, zu einer Hypothese zum Ursprung der Welt oder zur verbalen Formel, auf die man bald ganz verzichten konnte.
Ian Barbour, Issues in Science and Religion (1966)
Anthropische Gleichgewichte, Intelligent Design und viele Universen ⬅
Das Argument vom planvollen Entwurf, wonach der Aufbau des Universums auf einen Schöpfer schließen lasse, kam während der Entstehung der modernen Wissenschaft im 18. Jahrhundert auf. Es erschien in John Rays Werk, in der Vortragsreihe Boyle Lectures sowie in den Bridgewater Treatises und erreichte in William Paleys
Natural Theologie
(1802) seinen klassischen Ausdruck. Paley wartete mit dem Gleichnis von der auf einem Feld gefundenen Uhr auf, deren Mechanik so ausgeklügelt sei, dass sie zwingend einen Konstrukteur voraussetze – fortan eine maßgebende Deutung für die biologische Komplexität. Darwin lieferte zu den Bauplänen der Schöpfung allerdings eine alternative Erklärung – und drängte das krude Argument vom »Intelligent Design«, wie es heute heißt, damit ins Abseits. Eine Renaissance feierte es bemerkenswerterweise auch unter Physikern, die kein religiöses Anliegen verfolgen: Die Gesetze und Verhältnisse im Universum seien exakt so austariert, dass dessen Struktur intelligentes Leben ermögliche, das sich seiner selbst bewusst sei. Paul Davies vertrat zum Beispiel, dass uns die Wissenschaft darauf stoße, im (oder hinter dem) Universum eine Intelligenz zu sehen.
Der Erzdiakon William Paley (1743–1805) © © Getty Image/Rischgitz
Das Argument hängt davon ab, dass die Zahlen, die für den Kosmos von fundamentaler Bedeutung sind, außergewöhnlich genau aufeinander abgestimmt sind: so das Verhältnis der elektrischen Kraft zur Schwerkraft, die Festigkeit des Zusammenhalts von Atomkernen, das Verhältnis der Energie, die zur Auflösung eines Objekts benötigt wird, zu deren Restmassenenergie sowie die Anzahl der räumlichen Dimensionen im Universum. Wäre nur einer dieser Werte leicht anders, gäbe es uns nicht auf der
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