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Gott-Poker (German Edition)

Gott-Poker (German Edition)

Titel: Gott-Poker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Scholz
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können wir doch nicht machen.«
    In mir kochte Eifersucht hoch. Er hatte Angst um Magdalena. Ich war wieder da, und er hatte Angst um Magdalena!
    Er sah meinen Blick und meine zittrigen Finger. »Wahnsinn ist das«, wiederholte er, »und alles nur, weil das Blut so schön funkelt?« Sergej nahm meine Hand. Ich klammerte mich an ihn. Ich wollte, dass Nicolas es sah.
    Dann bekam ich selbst Angst um Magdalena. Schließlich hatten wir unsere Kindheit zusammen verbracht, es gab niemanden auf der Welt, den ich länger kannte als sie. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie es wäre, wenn sie nicht mehr da wäre. Ich hatte immer gedacht, dass ich dann automatisch auch nicht mehr wäre. Ohne sie gäbe es mich überhaupt nicht. Dann dachte ich, wir sollten es mit mir vers uchen. Sie war immerhin die Einzige, die wirklich wusste, worum es ging. Ich sagte es. Aber Nicolas schüttelte den Kopf. »Auf gar keinen Fall«, sagte er. Er legte die Hand in meinen Nacken, und ich sagte nichts mehr.
    »Das kann gar nicht schief gehen«, sagte Sergej.
    »Das ist mein Plan«, sagte Magdalena. »Wenn es schief geht, dann möchte jedenfalls ich tot sein und nicht mit der Schuld leben, dass einer von euch es ist.« Sie war heiser und ihr Blick war – irgendwie unheimlich. Glasig. Sie sah niemanden von uns an.
    Sergej war aufgedreht. »Das kann überhaupt nicht schief gehen«, sagte er immer wieder.
    Magdalena legte sich in das silberne Ding. »Wenn es klappt«, sagte sie, »dann wissen wir alles. Dann haben wir den Tod besiegt. Und das wollten wir doch. Das wollen wir doch alle. Den Tod besiegen.«
    »Was für ein Wahnsinn«, murmelte Nicolas wi eder, doch er rührte sich nicht von der Stelle. Sergej schlug den Deckel zu und griff in die Isolationshandschuhe, die den Eingriff im Inneren der Truhe ermöglichten.
     
    »Was war denn der Plan, um Himmels willen?« fragte Klara. Einen Moment lang sah die Baronin aus, als wolle sie es erzählen. Doch dann schüttelte sie den Kopf. »Es ist zu schrecklich«, flüsterte sie.
    »Ich muss in Ohnmacht gefallen sein«, fuhr sie fort. »Ich weiß erst wieder, dass Sergejs Professor mitten in der Nacht ankam. Ich weiß noch, dass er hier ins Zimmer kam, und das erste, was er machte, war, Sergej mit der flachen Hand ins Gesicht zu schlagen. Er schlug so heftig, dass Sergej nach hinten taumelte. Er trat auf eine der Katzen, die jaulend weg sprang.
    Der Professor kniete sich vor Magdalena. Sie war blau und steif. »Sie atmet«, murmelte er. »Das verstehe ich nicht.« An ihrem Oberkörper, da wo das Herz ist, war ein Krater zu sehen. Als hätte man ein Stück Fleisch herausgesprengt. Die Haut außen herum war bleich und versengt, wie ein Stück Papier, das man unter ein Brennglas gehalten hat.
    Nicolas brachte mich hinaus. Es war kalt. Wir setzten uns auf die Terrasse.
     
    Sie hatten sie hinüber ins Wohnzimmer getragen, und der Professor versuchte mit irgendwelchen Tricks, sie am Leben zu halten. Ich ging hinein und setzte mich da hinten in der Ecke auf den Boden. Und da hörte ich die Stimme. Sie sprach zu mir. Sie erzählte mir, wie mein Vater als kleiner Junge in di esem Raum gespielt und dabei die Zeit vergessen hatte. Er hatte mit Murmeln in einem Brunnen gespielt, und eine der Murmeln war ertrunken. Mein Vater weinte. Zum Trost schenkte die Stimme ihm ein Kaleidoskop, und mein Vater saß stundenlang in dem dämmrigen Zimmer und hielt das Kaleidoskop ins Licht des schmutzigen Fensters. Ich konnte mit der Geschichte damals überhaupt nichts anfangen, aber ich hörte zu und wunderte mich fast gar nicht, woher die Stimme kam. Wir sind sowieso schon alle vollkommen verrückt geworden, dachte ich, da macht es auch nichts mehr, wenn ein Haus Kaleidoskope verschenkt und mir seine Geschichten erzählt.  
    Dann kam Nicolas herein. »Sie war schwanger«, sagte er. »Im sechsten Monat, sagt der Professor. Sie holen gerade das Kind auf die Welt.«
    Ein Krankenwagen fuhr vor. Mit Sirene und Blaulicht. Sanitäter trugen eine Glocke herein. Das Kind wurde gerettet. Magdalena lag in einem Dämmerzustand. Sie war nicht tot, aber auch nicht lebendig. Sie brachten sie in eine Spezialklinik. Das Kind, ein Mädchen, wurde in dieser Glocke in dieselbe Klinik gebracht. Es war sehr unwahrscheinlich, dass es durchkommen würde. Es hatte schwere Erfrierungen und war viel zu früh geboren. Der Professor setzte alles in Gang. Das Mädchen schaffte es. Drei Monate lang saß Sergej auf der Station herum, tigerte von dem Eingang

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