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Gott sacker Kriminalroman

Titel: Gott sacker Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Boenke
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Tête-à-tête?«
    »Ach, gestern auf die Nacht war ich auch noch im Ochsen bei
der Versammlung und da hatte die Dame, die blonde von der Polizei, gemeint, du
würdest dich an Hilde ranmachen, ich solle mal besser aufpassen. Ich habe das
aber gleich nicht geglaubt. Ihr passt ja irgendwie gar nicht zusammen.«
    Der zufriedene Philipp machte den Vorschlag, ich könne ihn
noch auf einen Kaffee ins renovierte und renommierte Humpis in Ravensburg
einladen. Ich lehnte ab, da mir das zu eng erschien. Der Sozialpädagoge
verzurrte mir mit vier Gummispannern das wertvolle Orgelteil auf meinem Rücken,
sodass es wie ein Schornstein über meinen Helm hinausragte. Vorsichtig fuhr ich
mit meiner wertvollen musikalischen Fracht Richtung Riedhagen los. Philipp
verabschiedete mich mit einem Peace-Zeichen.
    Ab einer moderaten Geschwindigkeit von 70 Kilometern in der
Stunde gab die Orgelpfeife ihr Bestes, den Sound meines Kult-Bikes mit einem
sonoren Pfeifton auf meinem Weg zur Riedhagener Kirche zu unterstützen.
    Die 20-minütige Fahrt war angenehm, das Ankommen angenehmer.
Zuerst musste ich jemanden finden, der mir die Pfeife vom Rücken schnallte.
    Aber Kalner, der unzuverlässige Mesner, hatte mich schon
gehört. Er grinste über sein ganzes Gesicht, als er meine musikalische Fracht
sah: »Die größte Pfeife – mit der größten Pfeife.«
    Obwohl Kalner meist sehr zurückhaltend war, verstand ich mich
mit ihm recht gut, wenngleich ich ihm einen Teil seiner Arbeit weggenommen
hatte. Aber das schien ihn nicht zu stören – im Gegenteil.
    Vorsichtig befreite er mich von der restaurierten
Orgelpfeife. Und als ob die Pfeife nichts wiegen würde, schritt der 69-Jährige
mit ihr in Richtung Kirche.
    In der schattendunklen Eingangstür der oberschwäbischen
Barockkirche stieß ich mit Frieda zusammen. Geblendet von der in der Sonne
blitzenden Außenhaut des Gotteshauses sah ich sie nicht aus der dusteren
Türöffnung stürmen.
    »Ja, Heilandzack, was machst denn du hier?«, erschrak sie.
    Noch schnell machte sie mit der Weihwasser genässten Hand ein
routiniertes Kreuzzeichen über Stirn und Brust.
    »Das gleiche könnte ich fragen.«
    Die Antwort ergab sich von selbst, als sich meine vom
gleißenden Sonnenlicht geblendeten Augen an das schattige Innere der Kirche
gewöhnt hatten. Deodonatus Ngumbu krabbelte gerade aus dem barocken Beichtstuhl
und rief der Ochsen-Wirtin nach: »Zua Buße fünf Vater unsa und a Affemaria.«
    »Ja, ja, das mach ich zu Hause, beten kann man auch daheim.«
    »Eben nicht, da Religion ista nicht nua private Angalegaheit.
Warum baut man so schöne Gotteshäusa, wenn keina mehr reinkommt? Außadem ist
hier viel kühla als in de Gasthaus.«
    »Hoppla, so viele Sünden.« Mit dem Zeigefinger drohte ich
scherzhaft der beliebten, beleibten Wirtin.
    »Ach, lass mich in Ruhe!«
    Es war ihr offensichtlich peinlich, dass ich sie bei der
intimen Tätigkeit des Beichtens überrascht hatte. Ich zuckte mit den Schultern
und versuchte den Orgelpfeifenträger einzuholen.
    »Daniel, hasta kuza Zeit?«
    Der mächtige Deodonatus winkte mich mit ernstem Gesicht zu
sich her. Und weil mir vom Orgelpfeifentransport der Rücken schmerzte, setzte
ich mich in den Beichtstuhl, dessen Holzbank vom ausladenden Gesäß Friedas
immer noch wohltemperiert war.
    »Was gibt’s, Deo?«
    »Ist Probläm füa mich. Du weißt, dass ich imma Ägaa mit meine
alta Kollegaa hattä. Jetzt waa Polizei bei mia unda hatta viel gefragt. Weil
imma war zwischa alta Pfarra und mia theologische Streit.«
    »Ja und, hast du etwas zu befürchten? Hast du ihm das Kreuz
in die Brust gesteckt, weil er Geschiedenen die Kommunion verweigert hat?«
    »Nein, natüalich nicht, aba ich haba Angst, die fragat
komisch und meine Antwotaa sie verstehen vielleicht falsch, wega
Sprachschwierigkeitaa.«
    »Keine Sorge, die werden dich schon nicht verhaften, vorher
ist Frieda dran.«
    Entsetzt schnaubte Deodonatus auf der anderen Seite des
hölzernen Trenngitters.
    »Was weißt du vonna Frieda?«
    Ich beugte mich nach vorn und spähte hindurch. Ich sah nur
seine großen Augen.
    »Ego te absolvo, ich spreche dich von deinen Sünden frei, du
schwarze Seele, oder so ähnlich.«
    Am Arm zog mich Deodonatus aus dem hölzernen, dunklen
Buß-Sarkophag: »Damit macht ma keina Spaß!«, ermahnte er mich.
    »Komm, Deo, bleib heiter. Hier spinnt doch langsam jeder im
Dorf. Die verdrängen, dass es wahrscheinlich jemand aus der Gemeinde war.

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