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Gott und die Staatlichen Eisenbahnen

Gott und die Staatlichen Eisenbahnen

Titel: Gott und die Staatlichen Eisenbahnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ustinov
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Mister President. Dachte, Ming-Tu-Phot sei Ihnen bekannt«, sagte General Hooker.
    »Rut, ich erinnere mich kaum an die Namen aller Männer hier im Saal«, lächelte der Präsident.
    Dieser Beweis seiner Menschlichkeit wurde mit herzlichem Gelächter quittiert.
    »Fahren Sie fort, Rut. Ich fürchte, ich habe Sie unterbrochen.«
    »Nun, Sir, die Nordlaoten nutzen anscheinend das Territorium Nordvietnams, um Nordkambodscha zu infiltrieren und uns abzuschneiden.«
    »Abschneiden – wovon?«
    »Von Nordbirma, Sir.«
    »Machen Sie mir mal eines klar«, seufzte der Präsident, mit einer müden Hand über seine Stirn fahrend, während die Leuchtbilder auf dem Schirm mit Blitzgeschwindigkeit wechselten. »Wo sind wir, und wo sind sie?« General Hooker räusperte sich im Vorgefühl einer übermenschlichen Anstrengung.
    »Allgemein kann man behaupten, Sir, daß immer dann, wenn vom Norden die Rede ist, ein Gebiet gemeint ist, wo sie stehen. Immer wenn vom Süden die Rede ist – nun, das ist, wo wir stehen. Obwohl dies oft nur die halbe Wahrheit bedeutet, da es ihnen gelungen ist, weite Teile des Südens zu infiltrieren, während wir in den Regionen Ky-Mang, Phing-Dot und Mien-Det-Sing – das sind Ländernamen, Sir – weit nach Norden vorgedrungen sind. Die Situation wird zusätzlich durch die Tatsache kompliziert, daß Südlaos nördlich von Nordkambodscha gelegen ist.«
    Der Präsident lächelte zögernd und ansteckend. Dann bog sich der Saal vor Lachen, und die Spannung verflog. Zwischendurch hörte man Professor Szasz, den weißhaarigen Ungarn und Vater der Eskalation, bewundernd ausrufen: »Nur in Amerika ist so etwas möglich!« Wieder ernst, fragte der Präsident: »Was unternehmen wir in der Sache, Jungs?« Der Außenminister meldete sich.
    »Botschafter Glimpf schlägt vor, Ming-Tu-Phot durch Ming-Kam-Phot zu ersetzen – bedaure sehr, Sir: General Ming-Tu- Phot durch Marschall Ming-Kam-Phot zu ersetzen.«
    »Warum?«
    »Tja, sie sind Brüder. Aber sie hassen sich.«
    »Ist noch lange kein Grund.«
    Der Außenminister behielt einen bewundernswert kühlen Kopf.
    »Ich weiß nicht, ob wir die Gründe aus der Ferne beurteilen können. Doch ich bin sicher, wenn Botschafter Glimpf einen solchen Wechsel empfiehlt, hat er gute – «
    »Ich begreife nicht, wie eine demokratisch gewählte Regierung so oft wechseln kann – ohne das Mandat des Wählers zu verlieren«, sagte der Präsident, selbstgefällig und im Bewußtsein der höchsten Werte seiner Nation. »Die Regierung wurde vor einundzwanzig Jahren demokratisch gewählt, Sir, und seither fanden keine Wahlen mehr statt – seit unserem Einmarsch, um die demokratischen Institutionen vor dem Kommunismus zu schützen.« Der Präsident straffte sein Kinn, und in seinem Blick flammte ein kaltes missionarisches Leuchten auf. »Diese Tatsachen sollten wir uns jeden Tag vor Augen halten, Freunde. Könnte genauso wichtig sein wie das tägliche Gebet. Damit wir nicht vergessen, warum wir dort unten stehen.«
    Einen Moment herrschte Schweigen. Dann schob der Präsident die frommen Gedanken beiseite und stürzte sich wieder mit gewohntem Schwung ins Getümmel. »Welche Partei, ich meine, Partei in unserem Sinne, hat dort unten die Macht?«
    »Schwierige Frage«, murmelte General Hooker. »Ungefähr, ungefähr«, drängte der Präsident. »Offiziell, Sir, ist es eine Koalition zwischen der Volksbefreiungsbewegung, dem Neo Lao Hak Sat, den Gewerkschaften, der Friedensbewegung und den Demokraten.«
    »Wie viele Demokraten?«
    »Drei, Sir. Offiziell. Aber es sind keine Demokraten in unserem Sinn.«
    »Nur drei Demokraten?« fragte der Präsident ungläubig. Und dann fragte er: »Warum sagen Sie dauernd >offiziell<, Rut?«
    »Weil es in Wirklichkeit eine reine Militärregierung ist. Bestehend aus sechzehn Generälen, Sir, und vier Feldmarschällen. Sie vertreten keine Parteien, Sir.«
    »Was ist mit dem Kongreß dort unten?«
    »Tja, Sir, die Nationalversammlung. Dient heute als Neunzehntes Allgemeines Feldlazarett.«
    Wieder umwölkte sich die Stirn des Präsidenten. »So weit kommt es mit der Demokratie, Männer, wenn die fundamentalen Freiheitsprinzipien vernachlässigt werden, wenn sie nicht mehr verteidigt werden. Könnt ihr euch vorstellen, daß unser Kongreß oder Senat in ein Feldlazarett verwandelt wird? Na, so etwas könnte passieren, wenn wir nicht immer bereit sind, für die elementaren Grundrechte zu kämpfen, die das Erbe dieser großen Nation sind.«
    »Wir erleben die

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