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Gott und die Staatlichen Eisenbahnen

Gott und die Staatlichen Eisenbahnen

Titel: Gott und die Staatlichen Eisenbahnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ustinov
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Geburt eines Staatsmannes«, murmelte Professor Szasz.
    »Gut, Morland, geben wir dem neuen Mann eine Chance. Wenn er sich nicht bewährt, müssen wir uns etwas anderes einfallen lassen«, meinte der Präsident unbeschwert, mit einem Blick auf die Armbanduhr.
    »Was steht noch auf der Tagesordnung?«
    »Haiti, Mister President«, antwortete Mr. Crust voll Elan. Der Präsident wandte den Kopf nach dem leuchtenden Bildschirm. Eine Landkarte von Haiti flammte auf. »Was ist das – dort rechts? Das unschraffierte Gebiet?«
    »Die Dominikanische Republik.«
    »O nein! Nicht schon wieder! Aber sagen Sie, was hört man eigentlich von der Organisation Amerikanischer Staaten?«
    »Die Peruaner sagen, sie wollen nicht in alle Ewigkeit für ihre zehn Mann Infanterie bezahlen, Sir.«
    »Es ist nicht für alle Ewigkeit, das muß mal gesagt sein!« schrie der Präsident. »Es ist nur so lange, wie wir dort unten keine stabile Regierung haben.«
    »Es sind schon zwölf Jahre«, beharrte der Außenminister. »Zwölf Jahre?« ächzte der Präsident. »Gott, wie die Zeit verfliegt.« Er wußte, wann es ratsam war, das Thema zu wechseln.
    »Was ist in Haiti los? Die Kommunisten?«
    »Die Franzosen.«
    »Oh, noch schlimmer. Bei den Kommies weiß man wenigstens, verdammt, mit wem man’s zu tun hat.« Der Präsident geriet in Rage. »Was haben die Franzosen dort überhaupt verloren?«
    »Die Haitianer sprechen Französisch, Sir.« Die Antwort kam von Elliott Koslowsky vom State Department. »Seit wann?«
    »Schon immer. Tatsächlich ist es eine Art Kreolisch, auf der Grundlage des Französischen. Und die Franzosen sind sehr empfindlich, wenn es um ihre Sprache geht. Sie haben sogar ein eigenes Wort für Länder, die ihre Sprache sprechen: Les pays de lange francophone.«
    »Beglückwünsche Sie zu Ihrer Allgemeinbildung«, sagte der Präsident sarkastisch. »Aber ich habe keine Lust, die Vorurteile anderer Leute zu übernehmen. Habe mit meinen eigenen genug zu tun.«
    Spärliches Lachen wurde laut. »Worum geht es in Haiti, Morland?«
    »Mr. Koslowsky hat die Fakten, Mister President.«
    »Mr. Koslowsky?«
    »Uns liegt ein Bericht von amerikanischen Geschäftsleuten vor, Sir, von Mitgliedern der OAGK.«
    »Was ist das, eines unserer Paktsysteme?« bellte der Präsident.
    »Die Organisation Amerikanischer Geschäftsleute in der Karibik, Sir, ein halboffizieller Sicherheitsausschuß der Handelskammern«, antwortete Mr. Koslowsky. »Die Herren behaupten, sie hätten mit ihren Produkten ziemliche Schwierigkeiten auf dem dortigen Markt. Der Widerstand sei auf tatkräftige Kapitalinvestitionen französischer Geschäftsleute in diesem Land zurückzuführen.«
    »Daran gibt es nichts auszusetzen. Nur – daß es die Franzosen sind.«
    »Sir, die Herren behaupten, sie wurden von der haitianischen Polizei belästigt, als sie französische Offerten zu unterbieten suchten.«
    »Belästigt? Ich verstehe nicht.«
    »Wie inoffiziell verlautet, Sir, haben die französische Regierung und die haitianische Regierung sich verschworen, französischen Waren, wo immer möglich, den Vorrang zu geben. Seit dem Besuch Olympio Pastorales – bedaure, Sir: des Staatspräsidenten Olympio Pastorale – in Paris gibt es den Entwurf eines Handelsabkommens, Sir, über dessen genauen Inhalt wir nicht unterrichtet sind.«
    »Warum nicht?«
    »Wir fanden noch keine Zeit. Und außerdem.« Mr. Koslowsky stockte. »Joe«, sagte der Präsident knapp.
    Joseph E. Shales, Leiter der CIA, nickte unmerklich, wie ein Bieter auf einer Versteigerung, und notierte sich etwas auf einen Zettel.
    »Dieses Abkommen regelt, wie wir annehmen müssen, den Tausch französischer Industrieanlagen, inklusive technischer Beratung, gegen Zucker aus Haiti«, fuhr der gemaßregelte Mr. Koslowsky unverdrossen fort. »Wenn man bedenkt, was Haiti produziert und was es dringend benötigt, kann ich mir tatsächlich nicht vorstellen, welchen anderen Inhalt das Abkommen haben könnte.«
    »Keine Sorge, Mister Koslowsky. In ein paar Tagen haben wir den Vertragstext.«
    Wieder nickte Mr. Shales unmerklich. »Gehen Sie diesen Beschwerden nach, Morland. Falls tatsächlich eine Behinderung des Freihandels vorliegt, müssen wir uns bei den Franzosen revanchieren. Wer ist dort Botschafter?«
    »Generalleutnant Harvey Rice«, sagte Mr. Koslowsky. »Kenne ich nicht«, sagte der Präsident. Der Außenminister lächelte sein übliches, steinernes Lächeln.
    »Vergessen wir nicht«, flötete er, »daß Frankreich

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