Gott und die Staatlichen Eisenbahnen
unterschiedlicher Waffen- und Munitionssysteme aus unseren Stützpunkten auf Taiwan und Hawaii verschiffen. Falls wir dagegen auf konventionelle Waffen verzichten oder ihren Einsatz allenfalls auf Birma beschränken, können wir die militärische Operation stromlinienförmiger gestalten und annähernd fünfzehntausend Mann für andere Aufgaben einsparen.«
»Das wäre gut für die Public Relations«, warf O’Hehir ein. »Wir könnten gegenüber der Presse verlauten, daß wir gleichzeitig mit einer diplomatischen Friedensoffensive eine beträchtliche Zahl von Kampftruppen abziehen.« Dies war konstruktives Denken. Der Präsident nickte beifällig.
»In Anbetracht dieser Erkenntnisse schlage ich vor, daß wir in Birma kurztreten.«
Der Präsident warf einen Blick auf das kleine Birma an der Wand und gab seine Zustimmung.
»In welcher Form aber soll die Friedensoffensive stattfinden?« erkundigte er sich.
»Wir hatten schon lange kein Gipfeltreffen mehr«, seufzte Mr. Crust.
»Was? Die Kerle etwa hierher einladen?«
»Ein Treffen an einem beiderseits annehmbaren Ort. In Genf zum Beispiel.«
»Ich hasse Auslandsreisen.«
»Die Sowjets haben wieder mal ihre Besatzung gewechselt, Mister President. Auch sie haben – in gewissem Sinn – einen neuen Präsidenten. Früher oder später müßten Sie den Mann doch kennenlernen«, beharrte Mr. Crust. »Eine Diktatur hat einfach nicht das Recht, so oft die Regierung zu wechseln«, brummte der Präsident. »Wer ist der neue Mann überhaupt? Wie heißt er?«
»Mr. Schtscheparenko«, sagte Mr. Crust. »Was wissen wir über ihn, Joe?«
Mr. Shales klappte einen Ordner auf und las mit der schwerfälligen Betonung eines Mannes, dem entweder die Übung im Lesen fehlt oder der es erst spät im Leben gelernt hat. »Ignatij V. Sch. sch. pa.«
»Schtscheparenko«, sagte Professor Szasz, mit offenkundiger Zungenfertigkeit.
»Danke«, lächelte Mr. Shales. »Geboren in Novo-Irgendwo, oder wie, oder so.«
»Überspringen Sie diesen Quatsch«, schnappte der Präsident. »Kommen Sie auf den Punkt. Was ist das für ein Mann? Was ist sein Hintergrund?«
»Wir wissen noch sehr wenig über ihn, Sir«, sagte Mr. Shales düster. »Die Roten verstehen es, ihre Spitzenleute zu tarnen, bis sie dann im Zentralkomitee sitzen. Angeblich war er Kraftfahrzeug-Ingenieur. Dann gab er ein kurzes Gastspiel als Stellvertretender Dritter Sekretär des Parteikomitees der Leichtindustrie der Belorussischen Volksrepublik, in den frühen Dreißigern. Danach haben wir seine Spur verloren, bis heute.«
»Auch wenn Schtscheparenko scheinbar die Spitzenposition besetzt«, warf Mr. Crust ein, »müssen wir annehmen, daß Mr. Taburow gegenwärtig der eigentliche Machthaber ist. Selbstverständlich unter Kontrolle von Mr. Kalstalkow, der seinerseits vom theoretisch orientierten Parteiflügel, vertreten durch Mr. Owsepijan und Mr. Klutchko, unter Druck gesetzt wird. Und es wäre unklug, Mr. Gribojedow zu unterschätzen, der ein sensationelles Comeback geschafft hat, seit er zum letztenmal in Ungnade fiel.«
»Ganz wie in Washington«, lachte der Präsident inmitten allgemeiner Heiterkeit.
Erneut hob Professor Szasz in Bewunderung für sein neues Vaterland die Hände.
Der Präsident bekundete sein Bedürfnis nach einer Sitzungspause; er wurde von einer Lobbyistengruppe zum Dinner erwartet. Die Sitzung endete ergebnislos, wie solche Sitzungen es häufig tun, nachdem ein Klima gnadenlosen Erfolgsdenkens die Phantasie der Männer ins Grenzenlose gesteigert hat, lange bevor sie gezwungen sind, ihre Überlegungen in politische Praxis umzusetzen. Einige der Militärs putzten sich im Hinausgehen die Nase. Die Klimaanlage hatte wieder mal die Nebenhöhlen terrorisiert.
Der Außenminister machte einen Versuch, den Präsidenten vertraulich beiseite zu ziehen, wurde aber mit einem herzhaften Schulterschlag abgefertigt.
»Ich werde die Berichte herbeischaffen«, meldete Joe Shales knapp, »und sie durch G-14 oder einen seiner Generalleutnants rüberschicken.«
»Wunderbar, wunderbar«, antwortete der Präsident, der G-14 nicht von G-13 unterscheiden konnte – und auch nicht von allen anderen G’s.
»Was heißt überhaupt >G« fragte er O’Hehir vertraulich. »G-14?« antwortete O’Hehir, der instinktiv ahnte, welches G sein Chef meinte. »Er trägt direkt dem CIC vor, ohne Umweg über Red Arrow.«
»Oh.« Der Präsident nickte verständig. Welch ein beruhigendes Gefühl, hinter sich und um sich herum einen
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