Gott und die Staatlichen Eisenbahnen
Gott kommuniziert.
Die First Lady fühlte, daß sie gewonnen hatte, und mit einem psychologischen Scharfsinn, der kluge Frauen auf das Auskosten ihrer Vorteile verzichten heißt, schlug sie einen privateren und freundlicheren Ton an.
»Erinnerst du dich, als wir mit Don Rosco diese erste Besprechung über dein öffentliches Image hatten? Golf sei ein gutes Hobby, sagte er, auch wenn Mr. Eisenhower es leicht in Verruf gebracht habe. Das sei aber lange her, alle hätten es inzwischen vergessen. Golf sei ein prima Sport für die Public Relations, weil es entspannend und besinnlich sei, zum Denken anrege und im Freien stattfinde. Tennis, sagte Don Rosco, falls ich mich nicht irre, habe ein unmännliches Image und sei fürs Herz ein Risiko. Sie lächelte liebevoll. Ich weiß noch, wie du dich nach Pingpong erkundigtest. Don Rosco meinte, dies sei kein ernsthafter Zeitvertreib, und ohnehin seien die Rotchinesen darin unschlagbar gut. Karten seien zu altmodisch, und alles, was nach Glücksspiel riecht, kommt überhaupt nicht in Frage. Segeln ist zu gefährlich für einen Mann, der Verantwortung trägt. Angeln ist gut, Angeln und Golf – und Baseball und Football im Fernsehen.«
»Ich hasse Golf, und ich liebe Pingpong. Darin bin ich gut«, sagte der Präsident voller Selbstmitleid. »Ich weiß«, tröstete ihn seine Frau. »Aber das ist der Preis, den wir zahlen müssen, Bill. Bücher kannst du lesen, sagte Don Rosco, weil es den Eindruck erweckt, als wärst du nicht abgeneigt, guten Rat anzunehmen. Aber nur ja nicht selbst schreiben, das könnte bedeuten, daß du kein Mann der Tat bist.«
»Ich weiß, ich erinnere mich«, klagte der Präsident. »Und als ich ihm sagte, daß du Briefmarkensammler bist, sprang er fast an die Decke. >Niemand<, sagte er, >niemand darf es je erfahren! Das ist kindisch, das ist ein Zeichen von geistiger Schwäche. Das ist beinah, als ob jemand Bierfilze sammelt oder Busfahrscheine oder Flaschenkorken oder Silberpapiere Ich bin hier anderer Meinung. Ich finde, Briefmarken sind ein schönes und würdiges Hobby. Aber Don Rosco ist der höchstbezahlte Reklamefachmann der ganzen Branche, und du verdankst ihm eine Menge Publicity.«
»Briefmarken entspannen mich«, sagte der Präsident mit matter Stimme. »Seit jeher haben sie mich begeistert. In meiner Jugend, als ich glaubte, niemals Reisen machen zu können, nicht nach Minneapolis, geschweige denn nach New York, waren Briefmarken für mich ein Fenster zur Welt, Grace. Wir werden nie wieder reisen können, Schatz, du weißt es, als das normale und anständige Ehepaar, das wir sind. Wir werden nur noch als Mr. und Mrs. President verreisen, oder als Ex-Präsident mit Gattin. Wir werden nie all die Dinge sehen, von denen die Briefmarken mir erzählen, fremde Lebensarten, andere Weltanschauungen. Kennst du nicht meine Lieblingsländer, die Orte, die ich immer besuchen wollte? Papua-Neuguinea war eines, Uganda ein anderes, dann das Protektorat Betschuanaland, die Mandschurei, Obervolta< und die Malediven und Hijjaz und die Küste von Oman, die Emirate und die Färöer-Inseln – lauter Märchennamen für Märchenländer, Namen für Orte wie aus dem Bilderbuch, die vor mehr als fünfzig Jahren im Herzen eines Jungen Wurzeln schlugen und ihn seither nie mehr losgelassen haben.«
Die Stimme des Präsidenten verhallte in fernen Räumen und ließ ihn in einer seltsam lyrischen Trance zurück. Grace, die ihn liebte, ohne ihn allzugut zu verstehen, drückte ihm zärtlich den Arm und verließ ihn mit einem halb geschluchzten: »Tut mir leid, Bill.«
Der Präsident schob das Album wieder hinter Ralph Waldo Emersons Werke, machte das Licht aus und schloß die Tür seines Arbeitszimmers. Langsam schritt er zu seiner Wohnung hinüber, um sich zu duschen und umzukleiden. Der Fieberanfall war vorbei.
Der Gipfel in Genf war vorbereitet. Vor der Abreise aber unterzog sich der Präsident – abermals »auf Anraten Don Roscos«, wie er sagte – der Mühe, alle noch lebenden Ex-Präsidenten aufzusuchen und sich mit ihnen in ihren Gärten photographieren zu lassen. Drei waren damals noch am Leben, und alle lächelten sie leicht verbissen auf den Photos, als habe höhere Weisheit sie in eine außerweltliche Stratosphäre entrückt, von wo aus sie das Treiben der Sterblichen mit ironischer Distanz verfolgten. Bill Holm verkniff sich ein Lächeln, nicht nur, weil ihm unbehaglich war in Gegenwart dieser großen Männer am Feierabend ihres Lebens, die ihn bereitwillig
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