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Gott und die Staatlichen Eisenbahnen

Gott und die Staatlichen Eisenbahnen

Titel: Gott und die Staatlichen Eisenbahnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ustinov
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vorwurfsvoll. »Oh, das also ist Ihr Wunsch? Briefmarken?«
    »Papua«, sagte Mr. Schtscheparenko, unter Tränen lächelnd. »Papua. Ich träumen von Papua. Ich wissen, es gibt. Ein Dreieck. Schwarz. Ganz einfach. Sehr schön. Sehr künstlerisch.«
    »Papua«, murmelte der Präsident andächtig, mit dem geistesabwesenden Blick eines Soldaten, der sich an einen für immer verlorenen Freund erinnert. »Sie haben? Papua?«
    »Ja, allerdings, ich habe tatsächlich eine. Aber Sie sollen Sie haben, falls ich Sie Ihnen zukommen lassen kann.«
    »Nein, nein. Sie behalten. Finden andere für mich.«
    »Das ist schwierig.« Der Präsident konnte nicht angeben, warum es so schwierig sei, doch eine völlig neue Dimension menschlicher Beziehungen eröffnete sich vor ihm, während er die Ähnlichkeit ihrer Situation und ihrer Gesellschaftsstrukturen zu begreifen begann. Wie immer ein Haus gebaut sein mag, stets wird es ein Obergeschoß geben, und der Bewohner wird immer gezwungen sein, alle Stockwerke zu passieren, um auf den Erdboden zu gelangen. »Warum Papua?« fragte er zögernd.
    »Ich kann erklären«, erwiderte Mr. Schtscheparenko. »Etwas Besonderes mit dem Namen, etwas wie weite Ferne. Wenn ich Junge gewesen, in Krivoi Rog, ich keine Vater hat, nur Onkel, Bruder von Mutter. Er Kapitän auf Schwarz Meer, und mir erzählt von andere Länder, weit fern. Russische Land groß und flach ist, wie Meer, Bäume so groß wie Schiffe, und laufen und immer laufen, von eine Horizont zu andere. Immer viel Märchengeschichten in flache Land. Schweizerisch Land, viel Berge, Menschen wenig Phantasie, weil nicht brauchen. Wohnen in Märchenland. Russische Menschen viel Phantasie, weil flach Land, und müssen Märchen erfinden aus Wolken, aus Wasserglitzern, Geräusche in Wald, Mond. Ich immer träumen von Land, das ist nicht russische. Dann Onkel mir schenkt Buch, Atlas. und ich klein Kind, ich vorstellen mir alle Länder mit wunderbar klingende Namen. andere Völker, andere Alphabet. Papua.«
    »Welche noch?«
    »Oh, Tanganjika. – Yukatan. Uganda.«
    »Uganda?«
    »Ja. Mozambique. Sumatra. Island. die Färöer-Inseln.«
    »Die Färöer-Inseln?« wiederholte der Präsident leise, verzaubert.
    Plötzlich erwachte er zu neuem Leben. »Ich will Ihnen mal was sagen!« rief er energisch. »Ich werde dafür sorgen, daß Sie, verdammt, die größte Briefmarkensammlung in der Sowjetunion besitzen. Fragen Sie nicht, wie ich es schaffen werde, ich weiß es nicht. Aber ich werde es schaffen. Ah, das ist eine nationale Priorität! Ist Ihnen klar, daß wir im Sinne direkter, offener menschlicher Beziehungen in diesen letzten fünf Minuten mehr erreicht haben als in einem Jahr fruchtloser Verhandlungen? Ah, mit unseren beiderseitigen Interessen ist es uns gelungen, eine gemeinsame Basis zu finden. Und das ist mehr, als wir in monatelangen diplomatischen Palavern geschafft haben!« Mr. Schtscheparenko stimmte begeistert zu und küßte den Präsidenten sogar links und rechts auf die Wangen, um die emotionale Annäherung zu besiegeln.
    Die Zeitungen der Welt, in ihrer Unwissenheit, berichteten vom Scheitern des Gipfels in Genf, und mit einem Gefühl nonchalanter Erleichterung kehrten die Diplomaten und die Öffentlichkeit zu ihren bequemen Vorurteilen und eingefahrenen Ängsten zurück. Die Hoffnung war eine zu anstrengende Botschaft, um lange an ihr festzuhalten. Die einzige Ausnahme bildete der Präsident, der gegenüber seinen Mitarbeitern fühlbar schroff und ungeduldig geworden war.
    Die erste jener allwöchentlichen Sitzungen, die nach der Rückkehr des Präsidenten stattfand, verlief höchst unbefriedigend. Während die Landkarten der verschiedenen zur Diskussion stehenden Länder an der Wand aufleuchteten, würdigte der Präsident sie keines einzigen Blickes. Er sagte zu Professor Szasz, er wolle das Wort Eskalation nie wieder hören, was den großen alten Mann kränkte. Der einzige, den er mit einiger Nachsicht behandelte, war der Außenminister. Mr. O’Hehir und General Ruttledge B. Hooker traten, blaß und verkrampft, an den Präsidenten heran und baten, ihn privat nach der Sitzung zu sprechen. Die Bitte wurde abschlägig beschieden, aber am anderen Morgen blieb dem Präsidenten nichts anderes übrig, als die beiden zu empfangen. Sie hatten Joe Shales mitgebracht. »Worum geht es, Jungs?« fragte er. O’Hehir ergriff das Wort.
    »Wir sind der festen Überzeugung, Sir, Sie sollten Walter Reed aufsuchen, zu einem ärztlichen Checkup. Wir haben

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