Gott und die Staatlichen Eisenbahnen
uns mit General Vandervliedeburgh abgesprochen, es steht ein Privatzimmer für Sie bereit. Wir haben den heißen Draht schon durchstellen lassen.«
»Seid ihr verrückt geworden, Männer?« brüllte der Präsident.
»Sie sind nicht wiederzuerkennen, Sir, seit Sie aus Genf zurück sind«, beharrte O’Hehir.
»Sie tragen verdammt viel Verantwortung«, sagte General Hooker.
Shales nickte stumm.
»Und warum wollt ihr mich loswerden?« fragte der Präsident zögernd.
Die drei Männer wechselten einen Blick. »Wissen Sie denn, wie die Russen ans Werk gehen?« sagte O’Hehir als Wortführer. »Worauf wollen Sie hinaus?«
»Erinnern Sie sich an den Fall von Major Schwalbmaker?«
»Dieser schmutzige Verräter!« murrte der Präsident. »Erinnern Sie sich an die Fakten, Sir?«
»Sicher erinnere ich mich an die Fakten«, erwiderte der Präsident. »Auf mein Gedächtnis kann ich mich verlassen.« Plötzlich und ostentativ ging er in die Defensive. »Erinnern Sie sich, wie er nach Ost-Berlin wechselte und behauptete, er wolle mit den Kommies gegen den Yankee-Imperialismus zusammenarbeiten?«
»Sicher. Er war fünfzehn Jahre lang Mitglied einer geheimen Parteizelle in Pasadena. Und eure Leute haben bei seiner Durchleuchtung versagt.«
»Das ist die offizielle Version, die wir an die Presse herausgaben, Sir«, sagte Joe Shales. »Wollen Sie etwa behaupten, es sei nicht wahr?«
»Nein, Sir. Hopgood E. Schwalbmaker war zu keiner Zeit Mitglied einer kommunistischen Parteizelle in Pasadena.«
»Wollen Sie mir vielleicht verraten, warum es nötig war, die Öffentlichkeit zu belügen – und mich?«
»Die Wahrheit war zu heiß, um sie zu erzählen, Sir. Hopgood E. Schwalbmaker, allem Anschein nach ein guter Familienvater, mit einer reizenden Frau und sechs wunderbaren Kindern, war in Wirklichkeit ein hartnäckiger und praktizierender Homosexueller. Als er damals mit einem Sonderauftrag zu General Catherley nach Berlin kommandiert wurde, glaubte er sich weit fort von zu Hause und dem häuslichen Einerlei, und seine alten Begierden flackerten wieder auf. Dies sind, wohlgemerkt, nicht meine Worte. Ich zitierte aus einem Gutachten von Dr. Frydlob: >. und er stürzte sich in eine Reihe von Affären mit Pervertierten aus der Berliner Region, wobei diese Treffen häufig in Auspeitschungen gipfelten…<«
»Ich lege keinen Wert auf Details.«
»Nein, Sir. Aber tatsächlich mußten wir damals feststellen, daß die Sowjets im Besitz von Photographien waren, die Major Schwalbmaker zeigten – als Kammerzofe verkleidet und von einem nackten Mann auf den Hintern gepeitscht.«
»Er ist eine Schande für die Uniform!« schrie der Präsident aufgebracht.
O’Hehir nahm den Faden der Erzählung auf. »Und dann stellt Schwalbmaker fest, er ist eine leichte Beute für Erpressungen jeder Art. Darum liefert er geheime Informationen statt Geld, und als die Sache zu heiß wird, wechselt er nach Ost-Berlin und zieht dieses große ideologische Theater auf.«
»Ein ähnlicher Fall war Miss Inchbald, Sir, die Archivarin in unserer Moskauer Botschaft«, sagte General Hooker. »Mein Gott, was war sie denn, eine Lesbe?« fragte der Präsident.
»Nein, eine Frau Mitte Vierzig, unverheiratet und sentimental. Sie ließ sich von einem Agent provocateur verführen, und wieder gab es Photos von ihr, im Evakostüm, besoffen, wie sie einen Kosakentanz aufführt, und auch sie suchte Zeit zu gewinnen, indem sie geheime Informationen lieferte.«
»Warum erzählen Sie mir diese Geschichten?« Dem Präsidenten dämmerte allmählich ein fürchterlicher Verdacht.
O’Hehir räusperte sich knapp.
»Dies ist die Art, wie die Sowjets zu Werke gehen, Sir«, sagte er gelassen. »Sie spüren die Schwächen eines Mannes auf, dann greifen sie an, am Punkt des geringsten Widerstandes. Oh, es braucht keine sexuelle Schwäche zu sein. Es hat Fälle gegeben, da versorgten sie einen Süchtigen mit Heroin oder einen Alkoholiker mit Schnaps; oder sie griffen auf noch harmloseren Gebieten an. Wir dürfen niemals die Tatsache vergessen, daß sie alle – vom niedrigsten Arbeiter bis zum Generalsekretär der Kommunistischen Partei – Angestellte desselben Apparates sind und daß sie alles über einen Mann herausfinden, weil jede Information irgendwann nützlich sein kann, auch wenn sie vorläufig bedeutungslos erscheint. Ihr wichtigster Ansatzpunkt ist nicht die Arbeit eines Mannes, auch nicht die Pflichten eines Mannes, sondern seine Geheimnisse, seine
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