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Gott und die Staatlichen Eisenbahnen

Gott und die Staatlichen Eisenbahnen

Titel: Gott und die Staatlichen Eisenbahnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ustinov
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keine Kontaktperson in Genf«, sagte Zvoinitch.
    »Und in Soissons?«
    »Auch nicht in Soissons.«
    »Und in Bordeaux?«
    »Nein.«
    »Sie lügen.«
    Zvoinitch zuckte die Schultern. Mit Flegeln gab er sich nicht ab.
    »Vielleicht kann der Name Mohammed-Bin-Mohammed Ihr Gedächtnis auffrischen«, schnauzte Plageot. Die Attentäter sahen sich an, dann schüttelten sie die Köpfe. »Das ist kein Name, den einer von uns je benutzt hätte«, sagte Zvoinitch.
    »Sie machen wohl Witze«, sagte Plageot mit unangenehmer Betonung. »Ich rate Ihnen, dieses Verhör ernster zu nehmen. In Ihrem eigenen Interesse. Das Spiel ist aus. Das wissen Sie. Mohammed-Bin-Mohammed ist verhaftet. Er hat gestanden.«
    »Ich begreife nicht, warum Sie all diese sinnlosen Fragen stellen«, bemerkte Zvoinitch sanft. »Sie haben versprochen, wir dürften nach Korsika fahren.«
    »Korsika?« Plageot lachte rauh. »Ich glaube, Sie werden wahrscheinlich an einem schattigeren Plätzchen landen.«
    »Aber Sie haben es versprochen!« Zvoinitch war entrüstet. »Schnauze!«
    Alle schwiegen, und das Echo der Grobheit Plageots verhallte im Raum.
    »Ich will Ihnen sagen, was passiert ist, da Sie sich weigern, es mir zu erzählen«, brummte Plageot. »Sie hatten den Imam in Orly erwartet, aber wir sind Ihnen zuvorgekommen: Ihr Kontaktmann in Genf, Mohammed-Bin-Mohammed, bestieg das Flugzeug als Passagier und deponierte die Bombe sorgfältig unter seinem Sitz. Dann sah er sich um und erkannte, daß der Imam nicht mit dieser Maschine fliegen würde. Er simulierte rasch eine Krankheit und wurde in die Flughafenambulanz geschafft. Während die Schwester ihn allein ließ, rief er Sie unter einer vereinbarten Nummer an und fand Zeit genug, Sie nach Le Bourget in Marsch zu setzen, bevor die Schweizer Behörden ihn verhafteten. Sie begaben sich eilends nach Le Bourget, mit der Bombe, die Sie vorbereitet hatten für den Fall, daß der Anschlag im Flugzeug scheitern würde. Den Wagen, mit dem der Imam fahren sollte, erkannten Sie leicht an der Anzahl von Polizisten, die ihn umringten. Also bückten Sie sich, um Ihren Schuh zuzubinden, und legten die Bombe unter das hintere Rad. Dann tauchten Sie in der Menge unter, um den Erfolg Ihres tödlichen Handwerks zu beobachten. Können Sie dies leugnen?«
    De Valde sah Plageot bewundernd an. An Hellsicht und Schläue, an Auffassungsgabe und Beurteilung einer Situation konnte ihm keiner das Wasser reichen. Es war ein Musterbeispiel polizeilicher Arbeit.
    »Wir fuhren nach Le Bourget, weil wir vermuteten, daß der Imam dort landen würde«, sagte Zvoinitch. »Lügen!« keifte Plageot. »Vorgestern haben Sie mir gesagt, der Imam würde mit einer Air-France-Maschine in Orly landen.«
    »Habe ich? Das war eine Vermutung. Vermutungen vergißt man meist. Darum ist Ehrlichkeit die beste Politik.«
    »Das ist sie tatsächlich. Sie nannten mir sogar die Nummer des Fluges.«
    »Habe ich erfunden. Denn ich wußte, Sie würden sie vergessen. Und was die Air France betrifft, das stand in der Zeitung.«
    »Aber die Morgenmaschine der Air France aus Genf landet nicht in Le Bourget.«
    »Wie hätte ich das wissen sollen?« antwortete Zvoinitch. »Ich verließ mich auf meinen Instinkt. Hätte ich mich geirrt, dann hätten wir doch den Weg ins Hotel Raphael gefunden.«
    »Aha! Zumindest ein Geständnis! Und wie wußten Sie vom Hotel Raphael?«
    »Oh, das ist leicht«, sagte Zvoinitch. »Das Hotel Lancaster stellt jeden Morgen sehr früh seine Mülltonnen hinaus. Wenn man rechtzeitig da ist, findet man fast jeden Tag die Berichte der Gesellschaftschronik. Sie sind etwas veraltet, bis wir sie bekommen, aber für uns sind sie gut genug. Mitunter melden sie die bevorstehende Ankunft einer Prominenz.«
    Plageot lächelte grimmig. »Unterschätzen Sie niemals den Einfallsreichtum eines geschulten Verbrecherhirns«, sagte er zu De Valde.
    »Bemerkenswert«, murmelte De Valde.
    In diesem Moment trat Monsieur Kellerer vom Polizeilabor ein. Er trug einen weißen Laborkittel.
    »Ah«, sagte Plageot. »Jetzt kommt das Beweismaterial.«
    »Sind Sie sicher, daß dies der richtige Gegenstand ist?« fragte Kellerer verwundert.
    »Absolut«, sagte De Valde. »Ich habe selbst seine Bergung aus dem Waschbecken der Herrentoilette sowie den Transport hierher überwacht.«
    »Ist etwas damit nicht in Ordnung?« fragte Plageot.
    Kellerer klappte den Deckel auf. »Es ist leer«, sagte er. »Es ist nur ein leeres Kästchen.«
    »Aber der Draht, der heraushängt«,

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