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Gott wuerfelt doch 1

Gott wuerfelt doch 1

Titel: Gott wuerfelt doch 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Kreutzer
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Informationen hatten, konnte ich nicht wissen. Dass sie
sie hatten, war unstrittig, denn sie wurden von den Beamten Fakt um Fakt
präsentiert.
    „Wieso sind Sie
eigentlich so überzeugt davon, dass ich meinen Bruder ermordet habe?“,
fragte ich schließlich.
    „Nicht, dass wir
der Stasi grundsätzlich glauben. Aber in den Akten ist vermerkt, dass Konrad
Landes eingeschleust wurde und seinen Bruder auf Kreta am Kloster Préveli
eliminiert hat. Anscheinend sind Sie wohl dabei beobachtet worden.“ Keller
grinste zufrieden. „Dann haben wir die Leiche von den griechischen Kollegen
suchen lassen. Sie haben die Reste an dem Ort gefunden, der in der Stasi-Akte
angedeutet war; ganz in der Nähe des Klosters.“
    *
    „Die Leiche war
natürlich vollkommen verwest“, berichtete Keller, „ihre Kleidung stammt aus dem
Westen.“ In der Kleidung habe ein Pass gesteckt auf den Namen Heinrich Brohler,
das Bild habe die griechische Polizei Hotelmitarbeitern auf der ganzen Insel
gezeigt. In einem Hotel habe man sich an zwei Männer erinnert, die offenbar
Zwillinge gewesen seien. „Und einer davon waren Sie!“ Ich wollte klar machen,
das sei doch natürlich, dass Zwillinge sich sehr ähnlich sähen. Sie gingen
nicht darauf ein. Ich erkannte, dass es unter diesen Gegebenheiten keinen Sinn
hatte, sich zu verteidigen. Ich verlangte jetzt doch einen Anwalt. Man ließ
mich telefonieren.
    „Wir haben uns mit
den griechischen Behörden kurzgeschlossen“, sagte Keller zu mir. „Sie
verzichten auf eine Auslieferung und haben sich einverstanden erklärt, wenn wir
den Prozess gegen Sie hier anstreben. Solange bleiben Sie in
Untersuchungshaft.“
    So einfach war das
also. Ich wurde einem Haftrichter vorgeführt und dann in meine Zelle gebracht.
    *
    Am nächsten Morgen
wurde ich in einen Raum geführt, in dem ein kleiner Tisch und zwei Stühle
standen. Der Beamte war freundlich, wies mir den Weg und lächelte. Es bestand
zwar offensichtlich ein Verdacht gegen mich, aber noch hatte ich als unschuldig
zu gelten. Ich hatte Hoffnung.
    In dem Raum saß
bereits der Rechtsanwalt meines Vaters, Helmut Mertens, ein alter erfahrener
Rechtswissenschaftler, der sich hauptsächlich in Steuerrecht einen Namen
gemacht hatte.
    „Guten Tag Walter.
Wie geht es dir?“, fragte er und streckte seine Hand aus, die ich ihm kurz
schüttelte. Sein Gesicht drückte Sorgen aus.
    „Tja, wie geht es
mir? Den Umständen entsprechend geht es gut. Aber ich weiß nicht genau, warum
ich hier bin.“
    Der Anwalt sah mich
an und schwieg eine halbe Minute. Er wollte sehen, wie ich reagierte.
    „Die Leiche, die
sie in Griechenland gefunden haben, ist überprüft worden. Man hat das Gebiss
untersucht. Sie haben festgestellt, dass die Leiche drei uralte Zahnfüllungen
in den Backenzähnen hat; diese Art Füllungen ist nur im Westen verwendet
worden.“
    Ich war sprachlos,
doch dann wurde mir einiges klar. „Natürlich, sie haben ihn schließlich eins zu
eins vorbereitet auf seinen Job, mich zu ersetzen. Klar, dass er alte
Zahnfüllungen aus dem Westen hat. Man hat ihm die Zähne ausgebohrt wie mir
auch.“
    „Was ist mit deinen
Füllungen?“, fragte der Anwalt ruhig.
    „Die sind natürlich
auch an dieser Stelle, ist doch klar.“ Mir lief der Schweiß, als mir bewusst
wurde, woran ich mich in diesem Moment erinnerte.
    „Man hat dich
untersucht, nachdem du eingeliefert wurdest. Auch deine Zähne. Das Material,
aus dem deine Zahnfüllungen bestehen, wird in Deutschland so nicht verwendet!“,
sagte der Anwalt ruhig und fixierte mich abwartend.
    Ich schwieg und
wollte schreien. Dann sagte ich ruhig: „Ich habe sie vor zwei Jahren erneuern
lassen. Keramik. Verflucht, ich habe neue Füllungen“, sagte ich leise, aber
nervös. Ich wandte mich an den Anwalt. „Ich habe sie in Ungarn machen lassen,
an einem einzigen Tag haben die mir alle Füllungen zu einem Spottpreis und bei
gleicher Qualität erneuert, als ich 1991 am Plattensee in Urlaub war; ich
wollte das Amalgam loswerden. Ich kann gar nicht mehr nachweisen, dass ich
früher Füllungen hatte, die aus dem Westen stammten.“
    Er betrachtete
mich, wie man einen hilflos verdatterten Greis ansieht, der nicht mehr weiß,
wovon er redet.
    „Mein Gott, das ist
doch bekannt, dass man so was in Ungarn billig machen lassen kann. Das ist doch
überall bekannt“, verteidigte ich mich nervös.
    „Es wird schwierig
sein, das zu erklären. Hast Du die Rechnung noch?“, fragte er starr.
    „Nein, so was zahlt
ja auch keine

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