Gottes blutiger Himmel
Leute?«
»Nein, aber für mich ist es wichtig.«
»Was Sie mir berichten, genügt mir nicht. Und um offen zu sein, ich möchte nicht mit jemandem zusammenarbeiten, der seine Identität nicht preisgibt. Diese Art von Versteckspiel ist mit meiner Arbeit nicht zu vereinbaren. Mir geht es darum, zu ergründen, was wirklich passiert ist, und da bringen mich anonyme Quellen nicht weiter. Aber ich werde weiter ermitteln, das können Sie mir glauben.«
»Man wird Sie vorher stoppen«, prophezeite der Informant und fuhr fort: »Ich bin Journalist, aber meine Zeitung nimmt mir diese Geschichte nicht ab, wenn ich keine glaubwürdigen Zeugen bieten kann. Prinzipiell könnte man sagen, dass ich eine Story landen will. Das ist aber nur der berufliche Aspekt, mein wahres Ziel ist ein anderes. – Ich möchte Ihnen einen Deal anbieten: Ich versorge Sie mit allen Informationen, die ich bekomme, nenne aber meine Quelle nicht, um ihr nicht zu schaden. Außerdem darf mein Name in Ihren Ermittlungen nicht auftauchen. Dafür darf ich in der Presse als Erster über die Verbrechen berichten.«
»Möchten Sie die Täter überführen?«, fragte Miller.
»Ja, und ich habe meine Gründe dafür. Aber die zu nennen ist unnötig, Sie würden sonst nur denken, ich sei voreingenommen.«
»Genau diese Gründe interessieren mich aber«, sagte Miller, »damit ich einschätzen kann, inwieweit wir uns einig sind und ob wir später nicht in Konflikt geraten.«
»Man könnte sagen, dass ich auf Seiten der Opfer stehe. Wenn Sie sich auch für die interessieren, kann ich Ihnen helfen. Wenn nicht, dann werde ich mich an andere Leute wenden. Sie müssen nur sagen, auf welcher Seite Sie stehen.«
»Auf der Seite der Wahrheit«, sagte Miller, ohne zu zögern.
»Dann bedanke ich mich für den großen Zufall, hier jemanden getroffen zu haben, der sich für die Wahrheit interessiert«, sagte Jimmy und stand auf. »In Kriegen hört man zwar manchmal von ihr, aber man bekommt sie nicht zu fassen. Ich rufe Sie wieder an, sobald ich Neues weiß.«
Er bahnte sich einen Weg durch die Tänzer und die Besucher, die sich am Tresen drängten. Dann lief er durch die hin und her schwingenden bunten Lichter und verschwand im Dunkel der Tür.
Ich mutmaßte, dass das, wonach die Todestrupps suchten, Koffer mit Millionen von Dollar waren, die vor der Besetzung Bagdads im Land versteckt worden sein sollten, um damit später den Widerstand zu finanzieren. Einige flüchtige Führungsleute des Saddam-Regimes hatten darüber womöglich geplaudert, und nun jagten die Söldner diesem Geld hinterher.
Miller brach sein Schweigen und sagte: »Reverend Barcley hat das Flugblatt verfasst, das ich vorgestern bekommen habe.«
Noch in derselben Nacht rief Jimmy bei Miller an, und sie vereinbarten zusammenzuarbeiten. Miller erfuhr dabei über Reverend Barcley, dass dieser Anfang der neunziger Jahre zum Glauben zurückgefunden hatte. Er ließ sich neu taufen und schrieb sich in seinem religiösen Eifer in der Liberty University in Virginia ein, wo er Theologie studierte und als Prediger abschloss. Danach arbeitete er als Priester in mehreren Kirchen desselben Bundesstaates. Er schloss sich den sogenannten »Kreuzzügen von unten« an, mit denen Amerika rechristianisiert werden sollte, vertrat jedoch immer die Auffassung, dass Amerika von oben zum Christentumbekehrt werden müsse und dass man die Führung des Landes nicht einer Minderheit von Männern und Frauen überlassen dürfe, die keinen Gott hätten.
»Es scheint«, kommentierte Miller, »dass Barcley auch mich für eine heilige Mission erwählt hat.«
»Hat er Kontakt zu Ihnen aufgenommen?«, fragte Jimmy.
»Er hat mir ein Pamphlet geschickt, in dem er mich dazu aufruft, die Soldaten des Herrn zu retten und mich dem Kampf gegen die Armeen des Satans anzuschließen.«
Die zehnte E-Mail
Ich verstehe Deine Befürchtungen, ohne dass Du über sie sprichst. Ja, es kann sein, dass ich nicht zurückkehre. Ich habe Hassan geschrieben, dass wir in einigen Monaten ein Kind haben werden. Ich habe ihn gefragt, was ich seiner Ansicht nach von Bagdad aus in die Wege leiten könnte, um Dir Peinlichkeiten zu ersparen und damit mein Kind später einmal wissen wird, wer sein Vater war.
Er antwortete, dass er mir, wenn wir eine Botschaft in Bagdad hätten, raten würde, ihm über diese eine Vollmacht auszustellen, mit der er mich in Damaskus in Abwesenheit mit Dir verheiraten lassen könnte. Wir haben hier aber keine Vertretung.
Ich weiß
Weitere Kostenlose Bücher