Gottes blutiger Himmel
haben sogar Russen, die in Tschetschenien Gefangene in die Luft gesprengt haben. Wir haben Israelis, die Arabisch können und die in den Palästinensergebieten zur Zeit der Aufstände Kinder und Frauen getötet haben. Dazu kommen amerikanische Veteranen, die in Lateinamerika Putsche mit organisiert haben. Und die Liste ist noch lang. Aber all diese Männer haben Erfahrung, und sie arbeiten professionell, sie sind mutig, tatkräftig und können Entscheidungen treffen. Der Krieg ist ihr Beruf. Das Geräusch von Bomben, Granaten und Maschinengewehren ist für sie Musik, die sie anspornt. Erwarten Sie bitte nicht, dass man solche Leute zur Verantwortung zieht, indem man ihnen Prozesse macht. Ich möchte von Ihnen nichts mehr darüber hören.«
Noch am gleichen Tag ging Reverend Barcley gleich doppelt gegen Miller vor. Er richtete eine Beschwerde an Metracorp, in der er den Major beschuldigte, ihn in seinen eigenen Räumen zu Boden geschlagen und mit Verhaftungbedroht zu haben. Im selben Schreiben, und dies traf Miller noch empfindlicher, verzieh er ihm und forderte keine Wiedergutmachung, schließlich sei Miller ein Soldat in der Armee des Herrn, der Armee der Vereinigten Staaten von Amerika. Miller konnte nirgends einen Haftbefehl gegen Barcley erwirken. Die von ihm erläuterten göttlichen Pläne seien religiöses Getöse, das man nicht kommentieren wolle, hieß es von der Besatzungsbehörde. Man wollte keine unnötige Aufmerksamkeit erregen.
Miller fragte mich, ob es bei den Muslimen auch Endzeittheorien wie die von Barcleys Weltenplan gebe. Ich sagte: »Soweit ich weiß, glauben wir Muslime, dass Gott niemanden in seine Pläne einweiht.«
Die dreizehnte E-Mail
Ich rechne Dir hoch an, dass Du mir keine Vorwürfe machst. Ich mache mir selbst welche.
Ich habe ein riesiges Problem hinterlassen und sehe, in welch komplizierter Lage Du bist. Es tut mir leid, dass ich nicht bei Dir bin, um Dich davon zu entlasten.
Immer tue ich denen weh, die ich liebe.
Wenn ich mir mein Leben besehe, erschrecke ich darüber, wie viele Fehler ich gemacht habe. Und in den größten davon bin ich gerade verstrickt.
Bitte lass mich nicht glauben, dass der Fehler, den ich Dir gegenüber begangen habe, nur wiedergutzumachen ist, indem ich abbreche, was ich unbedingt zu Ende bringen will. Ich brauche gerade Deine Unterstützung am notwendigsten.
Gestatte mir noch eine Frage: Stehst Du zu unserer Beziehung oder nur zu unserem ungeborenen Kind?
»Bringe mich nicht dahin, dass ich mich für einen von Euch entscheiden muss. Ich will Euch beide«, schrieb Sana mir zurück. Trotzdem war es mein Recht, Unterstützung von ihr einzufordern. Sie stand in meiner Schuld, so wie ich in ihrer Schuld stand.
Zweifellos brauchte sie mich dringend. Sie ertrug ihre Einsamkeit kaum noch und redete sich ein, alleingelassen worden zu sein. Sie fühlte sich so verloren, dass sie daran verzweifeln wollte, wie aussichtslos ihr die Zukunft erschien. Schon als ich sie kennenlernte, hätte sie das Angebot ihres damaligen Mannes, als die ältere von zwei Ehefrauen bei ihm zu bleiben, beinahe angenommen, und ich musste ihr viel Mut machen, um sie davon abzuhalten. Sie bezeichnete mich deshalb scherzhaft als ihren geistigen Führer, und mehr wollte ich anfangs auch nicht sein, denn unser Altersunterschied betrug fast fünfzehn Jahre.
Nachdem sie die Scheidung vollzogen hatte, versuchte ich, sie nicht ins Leere fallen zu lassen. Womöglich hätte sie noch Reue über ihren Schritt empfunden; es wäre nach einer so langen Ehe und den Jahren der Liebe davor zumindest denkbar gewesen. Aber die endgültige Trennung von ihrem Mann erweckte auch noch andere Gefühle in ihr, und das anstrengendste davon war das umfassende Selbstmitleid, mit dem sie kämpfte. Sie klagte, sie habe von ihrer Ehe nichts als Schaden davongetragen und ihre besten Jugendjahre damit verloren, sie habe auf Unterhaltsansprüche verzichtet und habe nicht einmal ein Kind, das ihrem Leben Sinn geben könnte. Sie stellte sogar ihre Weiblichkeit in Frage und hätte sich beinahe auf triviale Affären eingelassen, nur um sich ihrer körperlichen Reize zu versichern.
Ihren Neuanfang nach einem Eheleben, an das sie sich trotz aller Mängel gewöhnt hatte, betrachtete sie mit Skepsis. Beinahe hätte sie kurz entschlossen gleich wieder geheiratet,denn ein Mann aus der Vergangenheit erschien plötzlich wieder in ihrem Leben, ein Studienkollege, für den sie damals nichts empfunden hatte und der nun mit einem Mal
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