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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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bekannt,
doch im Höchstfall waren es zehn. Eines fand seinen Weg in die Bodleian Library
in Oxford. Ihr erster Bibliothekar, Dr. Thomas James, behandelte es wie Manna
vom Himmel. 1611 schrieb er ein Buch, in dem er die Bibel von Sixtus mit der
von Sixtus-Clemens verglich. Er fand, »die beiden Päpste waren untereinander
notorisch uneinig, nicht nur in der Zahl der Verse (der spätere ging zum
Verweissystem nach Stephanus zurück), sondern im Wortlaut des Textes und in den
Vorworten und Bullen selbst«.
    James behauptete, etwas
Bemerkenswertes zu sehen: zwei Päpste, die einander bekriegten und offen widersprachen.
»In diesem Krieg ist ihr Oberhaupt so besudelt und ihre Kirche so tödlich
verwundet worden, daß aller Balsam Gileads sie nicht heilen wird. Wir haben
hier einen Papst gegen den anderen, Sixtus gegen Clemens, Clemens gegen Sixtus;
sie disputieren, schreiben und streiten über die Hieronymus-Bibel.« Was
Katholiken betraf, schrieb James, sei die Bibel wie eine Wachsnase, die die
Päpste in jede ihnen genehme Form bogen. »Wenn der Papst sagen würde, was weiß
ist, sei schwarz, und was schwarz ist, sei weiß, so würde kein Katholik es
wagen, nicht zuzustimmen.«
    Das war gute Polemik, und
Sixtus hatte sie wahrhaftig verdient. Doch selbst Dr. James fand nicht mehr als
einen oder zwei grundlegende Unterschiede zwischen den beiden Päpsten, auch
keinen wirklichen Versuch bei einem der beiden, den Leser zu täuschen. Enorme
Dummheit war am Werk gewesen, aber verschwindend wenig böser Wille.
    Was die Angelegenheit
offenbarte, war etwas ganz anderes. In jeder anderen Institution wären Fehler
wie die von Sixtus nur eine vorübergehende Peinlichkeit gewesen, über die man
sich einfach lachend hinwegsetzte und die man bald vergaß. Nur in der römischen
Kirche konnte es eine Krise auslösen, die in Bellarmines Augen die größte seit
der Reformation war. Als Reaktion auf diese Krise fühlte sich ein Mann von
Bellarmines Integrität genötigt, Lügen und Halb Wahrheiten zu verbreiten, die
mehr als ein Papst mit Erleichterung schluckte. Wenn ein heiligmäßiger Mensch
wie Bellarmine für das Papsttum zu lügen bereit war, was werden dann andere
tun? Was haben andere getan? Was tun andere heute? Bellarmine, selbstlos und
arm, war das traurige Opfer des Papsttums, für dessen Verteidigung er sein
Leben gab. So wichtig war es ihm, daß Dr. James’ Seitenhieb sich buchstäblich
bewahrheitete. Tatsächlich sagte er dem Papst zu Gefallen, schwarz sei weiß und
weiß sei schwarz, und dies in einem sehr heiklen Bereich: Ethik. In seinem Buch
über den römischen Oberhirten schreibt er, was auch immer der Papst befehle,
sei es auch noch so böse oder lächerlich, müsse befolgt werden, als sei es die
Tugend selbst. Was der Papst auch tut, selbst wenn er unter dem
fadenscheinigsten Vorwand einen Kaiser absetzt, muß von Katholiken akzeptiert
werden, die dann künftig dem Papst und nicht dem Kaiser zu gehorchen haben.
    Die Affäre des Papstes, der die
Bibel umschrieb, beweist einmal mehr, daß die Lehre, der Papst könne nicht
irren, ihre eigene Version der Geschichte schafft und selbst heiligmäßige
Menschen verführt, für sie zu lügen. Doch Bellarmine ist nicht deshalb im Gedächtnis
geblieben, weil er einen Papst deckte, sondern vor allem, weil er dazu beitrug,
die Karriere eines Laien zu ruinieren — eines der berühmtesten, die je gelebt
haben.
     
     
    Der größte Skandal der
Christenheit
     
    Galileo war nun alt, Mitte
Siebzig, und völlig blind. Im Sommer 1640 wußte er, daß
seine Tage gezählt waren.
    Warum verfolgte man ihn immer
noch? Im Dorf gab es noch immer bezahlte Spitzel, die der Inquisition alles
über ihn sagten. Sie fingen seine Post ab, schrieben Berichte über jeden
Besucher, den er empfing. Seine Heiligkeit Urban VIII. würde ihm nie vergeben,
das wußte er. Als er in Rom um Erlaubnis ersuchte, zu einer medizinischen
Behandlung nach Florenz zu gehen, hatte die Inquisition erwidert: »Sanctissimus
(der Heiligste) hat abgelehnt, dem Ersuchen zu entsprechen, und befohlen, der
besagte Herr sei davor zu warnen, weitere Gesuche einzureichen, sonst werde er
zu den Kerkern des Heiligen Offiziums zurückgebracht.« Das tat dem »besagten
Herrn« weh, nicht nur, weil er den Papst immer für einen Freund gehalten hatte,
sondern weil die Antwort an dem Tag kam, als seine Tochter im Alter von
dreiunddreißig Jahren an der Betrübnis über das Schicksal ihres Vaters starb.
    Ach, aber es war gut, in

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