Gottes erste Diener
empfängnisverhütender Praktiken zu untersuchen, ohne
gleichzeitig an die unmoralischen und oft kriminellen Bedingungen zu denken,
die ein einfacher Akt der Empfängnis im Lauf der Zeit bewirken kann.
Ein Jahr danach war Papst Pauls
langes Studium der Geburtenkontrolle beendet. Seine Schlußfolgerungen waren so
unvermeidlich wie der Ausgang einer griechischen Tragödie. Ihre Ursprünge lagen
weit zurück in der Zeit der Päpste Gregor VII. und Pius IX. Wäre doch Seine
Heiligkeit nur in die Slums von Kolumbien gegangen, um dort zu wohnen, während
er seinen Entschluß faßte.
Eine bittere Pille
Humanae vitae wurde der Welt am 25. Juli
1968 gegeben. Ihre Eröffnungsworte gaben den Ton für
das vor, was da kommen sollte: »Die außerordentlich ernste Pflicht,
menschliches Leben weiterzugeben...« Auch der nächste Satz enthält das Wort
»Pflicht«.
Paul legt ein Lippenbekenntnis
zu modernen Problemen ab, etwa daß die Bevölkerung rascher wächst als die verfügbaren
Ressourcen. Er untersucht in Kürze die Idee, daß das Geschlechtsleben von
Ehepaaren moralisch und ganzheitlich beurteilt werden sollte, nicht bloß in
Begriffen biologischer Organe und ihrer Funktionen. Was von ihm als Papst
gefordert ist, meint er, ist eine neue und tiefere Reflexion der moralischen
Grundprinzipien der Ehe.
Diese neue und tiefere
Reflexion erweist sich als folgendes: Kein irgendwie gearteter Wandel in der
Lehre der Kirche. Er bezeichnet sie wiederholt als »beständig«. Er weiß nicht, wie
spät diese »beständige« Lehre eigentlich aufgetaucht ist.
Paul sanktioniert die
Knaus-Ogino-Methode, wenn Paare finden, daß sie vorläufig oder auf unbestimmte
Zeit keine Kinder mehr wollen. Abtreibung und Sterilisation werden beide
verurteilt. Ähnlich verurteilt wird
jede
Handlung, die entweder vor, während oder nach dem Geschlechtsakt eigens dazu
dienen soll, die Fortpflanzung zu verhindern — ob als Zweck oder als Mittel....
Es ist nie zulässig, nicht einmal aus den schwerwiegendsten Gründen, Böses zu
tun, um Gutes dadurch zu bewirken... selbst wenn die Absicht ist, das Wohl
eines Einzelnen, einer Familie oder Gesellschaft allgemein zu schützen oder zu
fördern.
Eher soll ein Einzelner, eine
Familie oder eine Gesellschaft sterben, als empfängnisverhütende Mittel
anzuwenden. Es paßt zu Newmans berühmtem Ausspruch:
Die
Kirche glaubt, daß es besser wäre, wenn Sonne und Mond vom Himmel fallen, die
Erde untergeht und all die vielen Millionen, die auf ihr sind, in äußerster
Qual Hungers sterben, was zeitliches Leiden betrifft, als daß eine Seele, ich
will nicht sagen, verlorengeht, sondern eine einzige läßliche Sünde begeht,
eine bewußte Unwahrheit sagt, auch wenn sie niemandem schadet, oder einen
erbärmlichen Groschen ohne Entschuldigung stiehlt.
Für Paul ist jeder Gebrauch
empfängnisverhütender Mittel in sich keine läßliche Sünde. Zwar spricht er
nicht von ihrer Schwere, doch offensichtlich mildert er die Lehre Pius’ XI.
nicht, daß Empfängnisverhütung immer Todsünde ist.
Deshalb ist es Todsünde, die
Empfängnis eines Kindes zu verhindern, das zu Elend und Hunger geboren werden
wird oder das, wie die Ärzte sagen, behindert sein wird. Es ist Todsünde, eine
Empfängnis zu verhüten, wenn sie, wie Pius XII. einräumte, wahrscheinlich zu
gesundheitlicher Schädigung oder Tod der Mutter führen würde. Die einzige
Möglichkeit für ein Paar ist ein völlig geschlechtsloses Leben; Gott wird den
Paaren durch die Gnade der Ehe die Kraft geben, ein Leben der Ehelosigkeit zu
führen. Wie schlimm die familiäre Situation auch ist, wie krank die Mutter,
nicht eine Ausnahme kann von der katholischen Kirche gebilligt werden.
Dies ist eine extreme Lehre.
Die einzige Parallele — obgleich mitnichten so extrem — ist die Weigerung der
Zeugen Jehovas, einem sterbenden Kind eine Bluttransfusion zu geben. Der Papst
kann keinen einzigen Bibeltext bieten, der seine Ansicht stützt. Das Verbot der
Scheidung und die Macht des Papstes, bestimmte Ehen aufzulösen, haben etwas in
der Art einer biblischen Rechtfertigung. Das Verbot der Empfängnisverhütung hat
keine.
Paul zitiert in Humanae
vitae mehrfach das Zweite Vatikanische Konzil, obwohl er dem Konzil verbot,
zu der damals in der Kirche virulenten Diskussion beizutragen. Außerdem steht
und fällt Humanae vitae mit einer Unterscheidung zwischen Haupt- und
Nebenzwecken der Ehe, die das Konzil ausdrücklich ablehnte. Der Versuch
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