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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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und ein großer Teil der
katholischen Hierarchie nicht gegen einen sehr schweren Fehler protestiert
haben, der äußerst verderblich für die Seelen ist; denn so würde nahegelegt,
daß sie sehr unweise unter Androhung der ewigen Bestrafung Tausende über
Tausende menschlicher Handlungen verurteilt haben, die nun gebilligt werden.
     
    Es würde schwerhalten, ein
brillanteres Argument in der katholischen Literatur zu finden. Sie forderten
Papst Paul praktisch heraus zu sagen, die Reformation sei letztendlich doch
etwas Gutes, und Protestanten wäre es mit ihrem privaten Urteil besser ergangen
als Katholiken unter den Päpsten. Wenn der Papst Empfängnisverhütung jetzt
erlaubt, wird das das Ende päpstlicher Autorität bedeuten. Er wird seine eigene
Autorität und die seiner Vorgänger zunichte gemacht haben; er wird implizit
eingeräumt haben, daß die anglikanische Kirche inspirierter war als die
römische; er wird zugestimmt haben, daß viele Katholiken für etwas verurteilt
wurden, das ihm, Paul VI. zufolge, gar keine Sünde ist, sondern ein Akt
ehelicher Tugend. All diese Angst, all diese Opfer loyaler, gehorsamer
Katholiken, all diese verlorenen Seelen wegen eines päpstlichen Irrtums?
    Bei aller Brillanz, das sollte
hier angemerkt werden, ist das Argument freilich nicht ganz ehrlich. Die
Autoren betonen zwar die Ungebrochenheit der Tradition zur Geburtenkontrolle,
doch sie weisen nicht darauf hin, daß diese »Tradition« auf einer Auffassung
von Sexualität gründete, die die Kirche entschieden abgelehnt hatte. Sie gingen
nicht weiter zurück als bis Pius XI., um ihre Sicht zu bestätigen, denn das
konnten sie nicht. Vor ihm hätten sie nur päpstliche Zustimmung gefunden. Über
fünfzehnhundert Jahre lang hatte die Kirche eine Auffassung von Sexualität
gebilligt, die nun aufgegeben wurde.
    Sie hatten zum Beispiel Pius
XII. soweit auf ihrer Seite: Er sagte, Empfängnisverhütung sei immer unrecht.
Doch er sagte auch, Sexualität in der Ehe sei rein und heilig. Die erste These
ist traditionell, die zweite gänzlich gegen die Tradition. Hätten die Autoren
auf diese unangenehme Tatsache hingewiesen, hätte der Papst seine Hamletiade
vielleicht bis zu seinem Tod fortgesetzt.
    Das Minderheitenpapier legte
außerdem nahe, es würde einen Dominoeffekt geben, wenn der Papst in der
Geburtenkontrolle nachgab. Es würde sofort einen Aufschrei geben,
Geschlechtsverkehr vor der Ehe, Masturbation, Sterilisation, Scheidung,
Abtreibung zuzulassen. Sobald der Hauptzweck der Ehe aufgegeben würde, würden
liberale Theologen anfangen zu behaupten, außerehelicher Geschlechtsverkehr sei
akzeptabel, vorausgesetzt, daß empfängnisverhütende Mittel angewendet würden.
Doch was den Papst am meisten beeindruckte, war die Haltung der Minderheit zur
päpstlichen Autorität.
    Als er beide Berichte gelesen
hatte, war ihm bewußt, daß seine Position unhaltbar war. Eine große Düsterheit
befiel ihn und verließ ihn nicht mehr, obwohl er noch zwölf Jahre zu leben hatte.
    Sein Dilemma war: Wenn er nein
zur Empfängnisverhütung sagte, würde er eine ungeheure Opposition gegen das
Papsttum innerhalb der Kirche auf den Plan bringen; sagte er ja, würde es kein
Papsttum mehr geben. Nicht, wie er es verstand. Leider hatte er von Papst
Johannes wenig gelernt und klammerte sich noch immer an die mittelalterliche
Vorstellung vom Papsttum, die seit Gregor VII. vorgeherrscht hatte.
    Die ganze Welt schaute gebannt
auf die Vorgänge im Vatikan. Nie wurde eine Enzyklika mit solchem Interesse
erwartet. Doch Paul brauchte weitere zwei Jahre, um seine Gedanken zu einem
Abschluß zu bringen. Hamlet mußte noch eine Menge lesen.
     
    Als erstes war das die Attacke
Pius’ XII. auf geplante Elternschaft, als er 1958 vor den italienischen
Verbänden für kinderreiche Familien sprach. Sie schien damals fromm, in keiner
Weise eine Parodie. Der Oberhirte sagte:
     
    Wo
immer man viele große Familien findet, sind sie ein Zeichen für die physische
und moralische Gesundheit eines christlichen Volkes.... Gesunder Menschenverstand
hat große Familien immer und überall als Zeichen, Beweis und Quelle physischer
Gesundheit gesehen.... Tilgenden erblühen spontan in Häusern, wo die Schreie
eines Säuglings von der Krippe schallen.... Die Reihe glücklicher Pilgergänge
zum Taufstein ist noch nicht beendet, wenn eine neue zur Firmung und
Erstkommunion beginnt.... Mehr Ehen, mehr Taufen, mehr Erstkommunionen folgen
einander wie die immer wieder neuen

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