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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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Zeit gab es einen
unbeholfenen Versuch, die »sicheren Tage« zu nutzen. Die Manichäer mit ihrem
Haß gegen das Fleisch hatten dies entwickelt und rieten ihren Anhängern, nur dann
Verkehr zu haben. Auf diese Weise würden sie den schlimmsten Aspekt der
Fleischlichkeit vermeiden, nämlich einen neuen Körper in die Welt zu setzen.
Der Körper, von einer bösen Gottheit geschaffen, war zur Verderbnis bestimmt.
Augustinus war Manichäer gewesen; er war der erste Heilige, der je die Methode
der »sicheren Tage« anwandte. Bei ihm funktionierte sie auch, denn in über elf
Jahren hatten er und seine Geliebte nur ein Kind, den schönen Adeodatus, der in
der Blüte seiner Jugend starb. Wie viele Bekehrte war Augustinus heftig gegen
seine früheren Freunde. Er hatte nicht nur einen Abscheu vor der Unkeuschheit,
sondern auch vor der manichäischen Billigung der »sicheren Tage«. Als er hörte,
daß die Katholiken begonnen hatten, diese Methode zur Vermeidung der Empfängnis
zu benutzen, sagte er kategorisch, es sei eine sehr schwere Sünde. Es sei
Vergnügen am Geschlechtsakt ohne die Absicht der Fortpflanzung. Diese
Auffassung hielt sich in der katholischen Kirche, bis Pius XII. 1951 die
Methode der »sicheren Tage« zur einzigen von Gott gebilligten Methode machte.
     
     
    Das Gute der Ehe
     
    Im Jahr 401 schrieb Augustinus
ein Traktat Über das Gute der Ehe (De bono
coniugali), das die ganze christliche Tradition beeinflussen sollte. Darin
legte er die drei bona — Güter, Werte, Ziele — der Ehe fest. Sie waren:
Nachkommen, Unauflöslichkeit und Treue. Fünfzehn Jahrhunderte später, 1930,
benutzte Pius XI. diese Kategorien als Grundlage für Casti connubii. Aus
ihnen, sagt er, besteht eine Ehe; fehlt eine von ihnen, würde das Paar keine
echte Ehe schließen. Dies war ein wenig taktlos von ihm, weil er damit die
meisten Ehen in der Welt für nichtig erklärte.
    Im zwanzigsten Jahrhundert ist
Augustins Traktat geschmacklos wegen seiner Grobheit und seines tiefen
Unverständnisses für das, was Sexualität ist. Sein Grundprinzip ist:
Geschlechtsverkehr in der Ehe mit dem Ziel der Zeugung ist gut und recht, aus
jedem anderen Grund ist er Sünde. Heute muten die Schlüsse, die er aus diesem
Prinzip zog, etwas seltsam an.
    Ältere Menschen »sind besser in
dem Maße, wie sie früher beginnen, den Geschlechtsverkehr zu unterlassen«. Wenn
sie keine Kinder mehr bekommen können, sollten sie nach Keuschheit der Seele
streben — d. h. ganz ohne Sex auskommen.
    Für jüngere Leute »macht der
eheliche Verkehr etwas Gutes aus dem Übel der Fleischeslust«—vorausgesetzt, sie
denken beim Verkehr nicht als Eheleute an sich, sondern als Eltern.
    Aber angenommen, die Frau kann
nicht empfangen. Welches Recht hätte ein Mann dann, mit seiner Frau zu
schlafen? Nun, es hilft ihm, nicht fremdzugehen. Es ist die Entscheidung für
das kleinere Übel. Selbst nach Augustins eigenen Prinzipien ist dies schwer zu
rechtfertigen. Es kommt gefährlich in die Nähe der Auffassung, der Zweck
(Ehebruch zu vermeiden) heilige die Mittel (die eheliche Sünde der
Fleischeslust).
    Wäre demzufolge nicht ehelicher
Verkehr mit einer schwangeren Frau sündige Fleischeslust? Natürlich. Er
schreibt: »Es gibt Männer, die so unbeherrscht sind, daß sie ihre Frauen nicht
verschonen, wenn sie schwanger sind.« Die Folgerung sollte gewiß sein, daß die
Frau ihren Mann abweisen und ihm nicht erlauben sollte, mit ihr zu sündigen. Im
Gegenteil, sagt Augustinus, sie muß ihren Gatten dulden, weil er ihr Herr ist.
Außerdem ist es besser für die Frau, wenn er mit ihr statt mit einer anderen
Frau sündigt. Abgesehen von dem männlichen Chauvinismus ist dies Argument auch
unlogisch. Wäre es nicht besser, daß ein Mann mit einer willigen Prostituierten
sündigt, als mit einer unwilligen Ehefrau, deren Keuschheit er verletzt? In der
Sprache der Moraltheologie: Sollte seine schwangere Frau ihn nicht abwehren wie
eine Jungfrau einen Vergewaltiger?
    Da die Paare auch dann
zumindest läßlich sündigen, wenn sie ein Kind haben wollen, folgen andere
seltsame Schlüsse, die Augustinus gern akzeptiert. »Enthaltung von allem
Verkehr ist gewiß besser als selbst ehelicher Verkehr, der zu dem Zweck, Kinder
zu haben, stattfindet.« Die ideale Ehe ist ein Bund von »Ehelosen«. Der hl.
Paulus hat von Kommentatoren vieles erlitten, aber wer hätte gedacht, daß er
etwas Derartiges meinte? Laut Augustinus müssen sich die meisten Paare mit
weniger als dem Ideal begnügen.

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