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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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Lippen voll und blühend. Er kam aus einer adligen Senatorenfamilie
und hatte schon früh beschlossen, Mönch zu werden. Seine Gesundheit war nie
gut, besonders in den letzten fünfzehn Jahren seines Lebens. Er ruinierte sie
mit Fasten und Bußübungen. Er litt auch an Verdauungsstörungen und war ein
Märtyrer des Zipperleins. Dies mag an dem Wein gelegen haben, den er direkt aus
Alexandria einführte; er war geharzt und hieß Cognidium.
    Papst Gregor gab als einer der
ersten Oberhirten den Werken Augustins das Siegel der Billigung.
Geschlechtsverkehr, sagte er, ist nicht nur während der Schwangerschaft Sünde,
sondern auch während der Stillzeit. Nachdem ein Mann mit seiner Frau geschlafen
hat, darf er keine Kirche betreten, bevor er sich mit Bußübungen und Waschungen
gereinigt hat, denn sein Wille bleibt böse. Die Ehe ist nicht sündig,
Geschlechtsverkehr zwischen den Partnern aber ist es gewiß. Gregor folgt
Augustinus auch in der engen Verbindung von Sexualität und Erbsünde.
    Erbsünde ist eine angeborene
Verdorbenheit der Seele. Sie nimmt die Form der Fleischeslust oder Konkupiszenz
an, einer Rebellion des Fleisches gegen den Geist. Letztlich kommt sie von
Adam, dem ersten Vertreter der Spezies Mensch. Wegen Adams Sünde ist die
Substanz der Menschheit selbst besudelt. Es ist, als hätte Adam, der erste
Mensch, eine geistige Krankheit bekommen, die unausweichlich zum Tod führt.
Diese Krankheit wird bei der Geburt auf jeden Menschen übertragen. Adam
handelte im Namen der Menschheit — es war gerade niemand anderer in der Nähe —,
und deshalb hat jeder getan, was er tat. Deshalb ist jeder schuldig für das,
was er tat.
    Hierin nahm Gregor Paulus
wörtlich: »In Adam haben alle gesündigt.« Dies bedeutet, daß ein Mensch vom
ersten Augenblick seiner Existenz an schuldig ist. Das ist kein persönlicher
Makel, sondern ein Makel der Natur und deshalb unvermeidlich. Die Natur kommt
von den Eltern. Von Anfang an ist die Seele des Neugeborenen von dieser
geerbten, dieser Erbsünde verseucht.
    Gregor war nicht blind für die
Probleme, die das mit sich brachte. Zum Beispiel waren die Eltern durch die Taufe
von der Erbsünde gereinigt. Wie konnten sie ihren Kindern die Erbsünde
weitergeben? Er antwortet: Obwohl sie selbst geheiligt sind, haben sie die
verdorbene Natur durch den Geschlechtsakt weitergegeben, durch von
Fleischeslust erregtes Begehren. Kinder werden als die verdammte Frucht der
Fleischeslust ihrer erlösten Eltern geboren. Von Anfang an sind sie die Brut
der Gehenna oder Hölle; sie werden mit Recht Kinder des Ziorns genannt, denn
sie sind Sünder. Wenn sie ungetauft sterben, sind sie zu ewigen Qualen
verurteilt, nur für die Schuld ihrer Geburt. Das Dasein selbst ist ein Stand
der Sünde; Geborensein ist Grund für die ewige Strafe. Um zu beweisen, daß
Gregors Ansichten nicht nur von historischem Interesse sind, braucht man nur
Kanon 747 des Kirchenrechts von 1917 zu untersuchen. Dieser Kanon wurde aus dem
revidierten Kodex von 1983 ausgespart, doch er bestimmt noch immer die
Praktiken, die die Moraltheologen fordern. Es gibt wenige Passagen in der
Literatur, die trauriger wären. Wenn Gefahr besteht, daß ein Kind im Mutterleib
stirbt, muß es vor der Geburt getauft werden. Der große Erweckungsruf Christi
»Geht und taufet alle Völker« wird darauf reduziert, daß jemand — ein Arzt,
eine Krankenschwester, ein Priester oder Ehemann — während einer schwierigen
Geburt im Mutterleib herumfuchtelt, um das Ungeborene mit Wasser aus einer
Spritze zu taufen. Man kann sich das zweifache Grauen der Mutter vorstellen.
Nicht einmal Swift mit all seiner satirischen Erfindungsgabe hätte sich ein
solches Verhalten erträumen können.
    Gregor stimmt mit Augustinus
überein, daß sexuelles Begehren in sich sündhaft ist. Er schrieb an den anderen
Augustinus, den Apostel Englands: »Geschlechtliches Begehren ist absolut
unmöglich ohne Schuld«, so daß jeder sexuelle Akt in der Ehe gebüßt werden muß.
    »Wir kommen in die Welt«, sagt
Gregor großartig, »aus der Verdorbenheit und mit der Verdorbenheit, und wir
tragen die Verdorbenheit in uns.« Er ist überzeugt, »der Fürst dieser Welt ist
am Handeln, Sprechen und Denken all derer beteiligt, die mit fleischlicher Lust
zu tun haben«. Nur Jesus gelang es zu entkommen. »Er allein ist wahrhaft heilig
geboren, der, damit er ebendiese Bedingung einer verdorbenen Natur überwinde,
nicht in fleischlicher Vereinigung empfangen wurde.« Hierin hegt, wie

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