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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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ist.
Wenn jedoch der ungläubige Partner die Bekehrung seines Partners zu Christus
unerträglich findet und sich trennt, dann sei es, wie es sei. Der Gläubige darf
nicht als erster gehen. Dann sagt Paulus, nach der Trennung sei der Bruder oder
die Schwester »nicht gebunden«. Heißt das, der verlassene, christliche Partner
hat das Recht, wieder zu heiraten?
    Augustinus, der Pionier
katholischer Lehre zur Ehe, sagte: Natürlich nicht. Das Scheidungsverbot Jesu
kennt keine Ausnahmen. Selbst unter Heiden ist die Ehe ein Bund, den kein
Mensch trennen kann. Er implizierte, daß der verlassene christliche Partner der
Ehe treu bleiben müsse; Wiederheirat würde Ehebruch bedeuten. Die Alternative
war, daß ein Apostel innerhalb weniger Jahre nach der Kreuzigung eine neue
Gruppe Menschen »geschaffen« hätte, deren ehelicher Bund auflösbar war. Wohin
hätte das geführt?
    Trotz seiner Autorität wurde Augustins
Meinung abgelehnt. Zu seiner Zeit vertrat ein vom Judentum bekehrter römischer
Rechtsgelehrter namens Isaak ein anderes Argument. Die Tatsache, daß Isaaks
Buch über dies Thema später Gregor dem Großen zugeschrieben wurde, erhöhte sein
Prestige. Isaak legte die Worte des Apostels so aus: Paulus dachte an einen
Heiden, der sich aus Haß gegen Gott aus der Ehe mit einem bekehrten Christen
zurückzieht. Den Bekehrten trifft keine Schuld. Er oder sie hat sich einfach
entschieden, auf Gottes Ruf zu antworten, und wenn dies das Ende der Ehe
bedeutete, sei es, wie es sei. In kanonischer Sprache: Der Heide verweigerte
der Ehe nach der Bekehrung seines Partners die Zustimmung. Es war
Gottesverachtung auf seiten des Heiden, die die Ehe auflöste und dem Christen
die Freiheit gab, wieder zu heiraten. Dies wurde dann das »Paulinische
Privileg« genannt.
    Isaaks Deutung warf so viele
Fragen auf, wie sie beantwortete. Die Kasuistik, die besonders im Mittelalter
nachkam, war labyrinthisch. Was stellte »Haß gegen Gott« dar, von dem übrigens
bei Paulus nicht das geringste erwähnt wird? Ein verlassener, gläubiger Partner
konnte wieder heiraten. Konnte auch ein Gläubiger wieder heiraten, der seinen
Partner um des Glaubens willen verlassen hatte?
    Die vorherrschende Ansicht war,
daß nur ein verlassener Christ wieder heiraten durfte. Dies fand seinen Weg in
Gratians Dekrete und wurde 1142 Kirchenrecht. Innozenz III. sanktionierte es in
seinem Dekret Quanto te von 1199.
    Nun begannen die Theologen, an
dem Knochen zu nagen. Wann und wie wurde die erste Ehe gelöst? Wurde sie
gelöst, sobald der heidnische Partner das Haus verließ? Die allgemeine Ansicht
war, sie werde erst gelöst, wenn der verlassene Partner wieder heiratete.
    Der entscheidende Punkt war,
daß ein Papst, der herrische Innozenz III., die Idee billigte, eine vollzogene
Ehe könne aufgelöst werden. Sie wurde auch nicht von einem Papst oder der
Hierarchie aufgelöst, sondern vom christlichen Ehepartner. Eine fatale Bresche
war in den christlichen Glauben geschlagen, die Ehe sei immer und unter allen
Umständen unauflöslich. Der Grund, der angegeben wurde, war gut: Die Sache
Gottes wog schwerer als eine naturgemäß gültige und vollzogene Ehe. So
barmherzig dieser Schritt der Kirche auch war, er war doch gewiß seltsam, da
sie ja weiterhin auf der wörtlichen Deutung der Worte Jesu bestand. Jesus hatte
ohne Einschränkung von der unzerbrechlichen Einheit der Ehe gesprochen. Wenn er
damit »das Gesetz einsetzte«, wäre es nicht logisch zu sagen: Der oder die
verlassene Bekehrte muß unverheiratet bleiben, um die Unauflöslichkeit des
ehelichen Bundes zu demonstrieren, wie Gott ihn seit Anbeginn der Zeit
vorgesehen hat?
    Nachdem die Bresche einmal
geschlagen war, erhoben sich neue Fragen in endloser Folge — nicht
notwendigerweise sofort, aber unvermeidlich. Wenn zum Beispiel der Gotteshaß
eines Ungläubigen einem Christen oder einer Christin erlaubt, sich aus einer
Ehe zurückzuziehen, warum kann ein Christ sich dann nicht aus einer
christlichen Ehe zurückziehen, wenn sein Partner ungläubig wird und ein
wirklich christliches Leben unmöglich macht? Der Dominoeffekt war von der
Kirche selbst ausgelöst.
    Es ist eine wenig bekannte
Tatsache, daß im zwölften Jahrhundert zwei Päpste vor Innozenz III., nämlich
Urban III. und Coelestin III., sogar sagten, einige vollzogene christliche Ehen
könnten aufgelöst werden. Coelestin nannte folgendes Beispiel. Eine christliche
Frau wird von ihrem christlichen Mann verlassen; dieser wird abtrünnig und
heiratet

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