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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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eine Heidin. Sie ist frei, sagt der Papst, mit Zustimmung ihres
Priesters wieder zu heiraten. Wenn der Mann es sich anders überlegt und zu
seiner ersten Frau zurückkehren möchte, muß sie ihn nicht wieder nehmen.
Coelestin zitiert Isaaks Buch, das er für ein Werk Papst Gregors hielt, und
argumentiert, der »Gotteshaß« des Mannes habe die Ehe aufgelöst. Deshalb ist
die Frau vollkommen frei von ihm. Es mag überraschen, daß zwei mittelalterliche
Päpste sagen, es gebe gute Gründe für die Auflösung einer vollzogenen
christlichen Ehe. Tatsächlich waren sie nicht die ersten. Gregor II. war ihnen
zuvorgekommen. Am 22. November 726 schrieb er an den hl. Bonifaz, den Apostel
Deutschlands, um über das Schicksal eines Mannes zu entscheiden, dessen Frau so
schwer krank war, daß sie nicht mit ihm leben konnte. Er sollte nicht noch
einmal heiraten, beschloß Gregor II., doch er war frei es zu tun,
vorausgesetzt, er sorgte für seine erste Frau.
    Katholische Kommentatoren von
Gratian an waren nicht begeistert über einen Papst, der einem Mann die
Scheidung bewilligte, weil seine Frau nicht mit ihm schlafen konnte. Ein
jesuitischer Autor, Pater G. H. Joyce, schreibt: »Es ist vernünftig anzunehmen,
daß er [der Brief des Papstes] eine Ehe betraf, bei der die Braut vor dem
Vollzug von einer Krankheit befallen worden war, die das Eheleben unmöglich
machte.« Mit anderen Worten: Es ist undenkbar, daß ein Papst dem Glauben der
Kirche widersprochen hat, selbst wenn es eindeutig der Fall ist. Gregor II. muß
eine nicht vollzogene Ehe aufgelöst haben, sagt Joyce. Joyces großartige
Hypothese, die Frau habe sich zwischen der Hochzeit und dem Vollzug eine
Krankheit zugezogen, ist schwer genug zu akzeptieren. Obendrein versäumt er
aber hinzuzufügen, daß Auflösung wegen Nichtvollzug erst fünfhundert Jahre
später aufkam. Selbst als sie aufkam, ermöglichte sie nur den Eintritt ins
Ordensleben, nicht den Eintritt in eine neue Ehe. Ebensowenig kann man, wie
einige versucht haben, einwenden, Gregor II. habe die Ehe wegen der Unfähigkeit
der Frau zum Geschlechtsakt annulliert. Denn Gregor II. hat immer betont, im
Fall solcher Impotenz hätten Eheleute wie Geschwister zusammenzuleben.
Tatsächlich ist Impotenz ein weiteres Beispiel dafür, daß die Päpste alles
andere als einig, sondern mehrere Jahrhunderte hindurch uneinig waren. Noch ein
Bereich, in dem die Idee päpstlicher Harmonie der Lehre ein Mythos ist. Um zur
»heterodoxen« Meinung Coelestins III. über die Auflösung vollzogener
christlicher Ehen zurückzukehren: Es ist einen Hinweis wert, daß sein
Nachfolger Innozenz III. sich darüber nicht aufregte. Er sagt seelenruhig:
»Obwohl einer unserer Vorgänger anscheinend anders geurteilt hat«, ist die Ehe
zweier Christen lebenslang und kann nicht dadurch aufgelöst werden, daß einer
der beiden vom Glauben abfällt. Wenn eine Verbindung durch Geschlechtsverkehr
bestätigt worden ist, kann sie nicht getrennt werden.
    Die Kirchenrechtler waren
nervöser als Innozenz. Für sie war es so geschmacklos, daß ein Papst dem
Glauben der Kirche widersprach, daß Coelestins Ansichten ein Vierteljahrhundert
später aus der Sammlung päpstlicher Dekrete gestrichen wurden.
    Cajetan, der dominikanische
Gelehrte und Kardinal des sechzehnten Jahrhunderts, der in direkten Konflikt
mit Luther geriet, hatte ähnliche Ansichten wie Papst Coelestin. Er lehrte,
vollzogene christliche Ehen könnten wegen Ehebruchs aufgelöst werden. Das sagte
Jesus. Die Ostkirche hatte es immer gesagt. Wenn die Päpste nicht
übereinstimmten, war das nicht wichtig. Die Päpste, sagte Cajetan, haben schon
oft Fehler in Sachen Ehe gemacht.
     
     
    Päpstliche Scheidung für die
Mission
     
    Wie Noonan in Power to
Dissolve zeigt, begann dieVerbreitung der Kirche
in Amerika im späten fünfzehnten Jahrhundert neue Probleme zu schaffen.
Indianerhäuptlinge mit mehreren Frauen bekehrten sich. Später wurden schwarze
Sklaven Christen, die ihre Frauen in ihren Heimatländern gelassen hatten; sie
hatten keine Hoffnung, je wieder mit ihren Familien vereint zu werden. Die
katholische Kirche, die sich etwas darauf zugute hält, daß sie nie ihre
Grundprinzipien geändert hat, hat sie gewiß mit Genialität und tiefem Mitgefühl
dieser neuen Lage angepaßt.
    Die Hauptfrage war: Mußten
diese Bekehrten sozusagen ehelos bleiben, und wenn nicht, warum nicht?
    Roms erste Antwort war
vorsichtig negativ: Sie mußten ihrer ersten Frau treu bleiben. Dann wurde Papst
Paul

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