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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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Christus und der Papst sind eins als Haupt der Kirche. Man hätte denken können,
daß Pius XII. sich von einem Ungeheuer wie Bonifaz VIII. distanzierte. Er
behauptet nicht, zwei Schwerter zur Verfügung zu haben; die weltliche Macht war
vergangen, was, wie wir sahen, zahllosen Päpsten zufolge theologisch unmöglich
war. Allerdings folgt Pius Bonifaz in dem Anspruch, die ganze Welt zu
beherrschen—jedenfalls in Form der Herrschaft über alle Ehen. Als
Stellvertreter Christi kann er im Bedarfsfall diese Ehen zum Heil der Seelen
auflösen.
    Als er im siebten Jahr Papst
war, erhielt Pius eine Einlassung vom Bischof von Monterey-Fresno, Kalifornien.
Dies war der erste von drei epochemachenden Fällen, die Bischof Willinger an
Rom weiterleitete.
    Eine ungetaufte Frau hatte
einen Katholiken geheiratet. Der letztere hatte einen Dispens für die
Religionsverschiedenheit eingeholt. Dies war die normale Prozedur und kostete
ein wenig. Das Paar wurde vor einem Priester und zwei Zeugen getraut. Später
ließ sich die Frau von ihrem katholischen Mann scheiden, aber da sie offenbar
eine Vorliebe für Katholiken hatte, heiratete sie wieder einen solchen in
ziviler Trauung. Nun hoffte sie darauf, Katholikin zu werden. Es sah nicht so
aus, als gäbe es Hoffnung für sie. Bischof Willinger bat Rom, die zweite
Verbindung zu legalisieren. Als Grund gab er an, die erste Ehe könne wegen
Nichtvollzug annulliert werden. Das vereinfachte die Sache erheblich. Nur
konnte der Nichtvollzug nach Roms strengen Regeln nicht bewiesen werden. Wieder
sah es hoffnungslos aus. Dann aber wandelte das Heilige Offizium den Antrag des
Bischofs in eine Empfehlung an den Heiligen Vater um, die Ehe um des Glaubens
willen aufzulösen. Dies tat Pius XII. am 17. Juli 1947. Er gewährte einem
ungläubigen Partner die Scheidung einer Ehe mit einem Katholiken, einer Ehe,
die mit Dispens geschlossen und wohl vollzogen worden war. Das Kirchenrecht
hatte dergleichen nie vorgesehen.
    Drei Jahre später versuchte
Bischof Willinger sein Glück noch einmal. Er fragte an, ob in einem ähnlich
gelagerten Fall nach einer Auflösung nicht nur die Konvertitin in spe, sondern
auch ihr erster, katholischer Mann wieder heiraten dürfe. Am 4. Mai 1950 kam
die Antwort: Er durfte. Willinger war überzeugt, eine Glückssträhne erwischt zu
haben, und legte Rom einen dritten Fall vor. Er bat auf Antrag des katholischen
Partners um die Auflösung einer Ehe zwischen einem Katholiken und einer
Ungetauften. Das war etwas ganz Neues.
    Der Katholik war Alfred Cinelli
aus Bakersfield, Kalifornien. Er hatte Elinor Robbins geheiratet, zuerst
zivilrechtlich und dann in der Kirche, mit dem erforderlichen Dispens. Bei
seiner Rückkehr aus dem Kriegsdienst in Übersee fand er, daß seine Frau ihm
gegenüber kühler geworden war. Im April 1946 ließ sie sich von ihm scheiden und
heiratete wieder. Cinelli wollte eine Frau heiraten, die zu konvertieren
wünschte. Bischof Willinger unterstützte ihn und plädierte mit wohlgesetzten
Worten, der Glaube einer Konvertitin stehe auf dem Spiel, und der Glaube der
noch nicht geborenen Kinder, und der besagte Cinelli stamme aus gutkatholischer
Familie, Italiener wie der Heilige Vater, und niemand würde im geringsten
Anstoß nehmen; im Gegenteil, jeder würde die große Milde der Kirche loben.
Kurz, er ließ all die Gründe aufmarschieren, die Kirchenväter, Theologen und
Päpste durch Jahrhunderte einhellig als Scheidungsgründe abgelehnt hatten.
    Am 23. Januar 1955 löste Pius
XII. die erste Ehe auf. Das Petrinische Privileg war auf eine Weise ausgeübt
worden, die selbst eine Generation zuvor noch undenkbar gewesen wäre.
    In den späten 1950er Jahren
sprangen andere Diözesen auf den fahrenden Zug, den Monterey-Fresno ins Rollen
gebracht hatte. In Ländern wie den USA, wo viele Menschen nicht getauft waren
und Scheidungen epidemische Ausmaße annahmen, hagelte es Anträge. So sehr, daß
die amerikanische Hierarchie es mit der Angst bekam und Rom warnte, es
entstünde der falsche Eindruck — oder war es der richtige Eindruck? —, Rom sei
aktiv für die Scheidung, wenigstens unter bestimmten Umständen. Rom sagte, sie
sollten sich keine Sorgen machen. Inzwischen hatte das Petrinische Privileg ein
eigenes Antragsformular und, natürlich, eine eigene (bescheidene) Gebühr.
    In den ersten tausend Jahren
hatte kein Papst den seltenen Fall des Paulinischen Privilegs gebilligt. Es
dauerte vier weitere Jahrhunderte, bis der Papst die Ehen von Indianern

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