Gottes erste Diener
Wein, denn häufig funktioniert es ein Jahrzehnt
nach ihrer ersten Aussage besser. Kurienbeamte müssen lesen oder höflich
zuhören, wenn italienische Antragsteller ihre gesamte famiglia aufbieten
— Brüder, Schwestern, Eltern, Großeltern, Onkel, Tanten, Ammen, Cousins und
Cousinen x-ten Grades, verflossene Geliebte, Geliebte verflossener Geliebter —
die alle loyal Meineide schwören, um einem der Ihren aus einer ehelichen Klemme
zu helfen. Im echten Dickens-Stil hat ein Antragsteller oft als junger Mann
einen Fall begonnen, ist mit ihm alt geworden und vor dem Abschluß gestorben.
Manche Fälle haben wegen Wiederaufnahmeverfahren zwanzig bis dreißig Jahre lang
der Kurie Vorgelegen.
Und wie Noonan angemerkt hat,
ist kein Fall überliefert, in dem irgendeine Ehe von den Anstrengungen der
Kurie profitiert hätte. Nicht einer, der einen Antrag auf Annullierung seiner
ersten Ehe gestellt hat, ist je zu seiner ersten Frau zurückgegangen. In dem
ganzen elenden Prozeß mögen die Regeln der Ehe geklärt worden sein, doch die
Ehe selbst hat nie einen Nutzen davon gehabt.
Im Gegensatz zur Frohbotschaft
Jesu diktiert die Regel alles. Kaum gewährte Rom Dispense, da wurden auch sie
Teil des verrückten Prozesses. Zu den Disputen über gültige Ehen kamen Dispute
über gültige Dispense hinzu. Haben die Antragsteller den richtigen Dispens
eingeholt? Wenn jemand ihn für sie beantragte, ohne ihnen Bescheid zu sagen,
war er dann gültig oder nicht?
Heute enden ungeheuer viele
Nachforschungen über die Ehe als Nachforschungen über die Taufe der
Betroffenen. Es macht einen großen Unterschied, ob einer der beiden als
Katholik getauft ist. Selbst wenn jemand als Nichtkatholik oder Atheist
aufgewachsen ist, bedeutet die bloße Tatsache, daß er von einem katholischen
Priester getauft wurde, daß er der kirchlichen Rechtsprechung untersteht. Wenn
diese Person daher nicht vor ihrem Gemeindepfarrer und zwei Zeugen geheiratet
hat, war ihre Ehe ungültig. Jede kleine Windung der Gesetzgebung öffnet neue
Bereiche der Komplexität.
Die Kirchenrechtler, die dieses
System im Namen des Papstes betreiben, sind eher zu bedauern als zu tadeln. Was
ihr Los noch trauriger macht, ist die Tatsache, daß sie vor nicht langer Zeit
noch zwanzig Jahre oder länger an einem Fall arbeiteten, der dann negativ
beschieden wurde, während ein moderner Papst solche Fälle heute mit einem
Nicken löst.
Die meisten, wenn nicht alle
diese zeitvergeudenden und kapriziösen Prozeduren könnten abgeschafft werden,
wenn die katholische Kirche nur akzeptieren wollte, daß einige Ehen zerbrechen.
Wenn es nach der Beratung klar und deutlich ist, daß sie unheilbar zerrüttet
sind, sollte die Scheidung als die einzig christliche und anständige Lösung
gewährt werden.
Selbst Roms Scheidungen sind
endlosen Haarspaltereien ausgesetzt. Und das Seltsame ist, daß nur Christen,
die heiraten und ihre Ehe vollziehen, von der neugefundenen Großzügigkeit der
Kirche nicht profitieren können. Doch auch hier hat es große Fortschritte
gegeben.
Wenn eine Scheidung keine
Scheidung ist
Anders als Gregor II. und
Coelestin III. habenmoderne Päpste wieder und wieder
gesagt, keine Macht im Himmel und auf Erden könne eine vollzogene christliche
Ehe auflösen. Die leibliche Vereinigung zweier Christen ist von einem Sakrament
besiegelt. Sie ist die lebendige Verkörperung der Liebe zwischen Christus und
seiner Kirche. Ohne Ehe könnte die Kirche nicht weiter für Christus und den nie
versagenden Charakter seiner Liebe Zeugnis geben.
Es ist ein hehres Ideal:
Kinder, Unauflöslichkeit, Treue. Die Kirche muß das immer predigen, denn täte
sie es nicht, wäre es ein schwerer Verlust für sie und die ganze Menschheit.
Leider erlaubt das Leben, wie
jeder weiß, nicht immer die Verwirklichung des Idealen. Oft kann dafür niemand
etwas.
Ein junges Paar ist seit der
Kindheit befreundet, heiratet und gelobt einander ewige Liebe. Nach einem Jahr
ist der Junge seine Frau leid geworden und hat sich aufgemacht zu neuen Ufern.
Das verlassene Mädchen muß allein zurechtkommen. Die Kirche sagt, sie ist mit
ihrem entwichenen Ehemann noch verheiratet. Die meisten Menschen, auch
Katholiken, meinen, sie sollte ermutigt werden, wieder zu heiraten.
Katholiken, die die Disziplin
der Kirche respektieren, suchen nicht um Scheidung nach, wenn ihre Ehen
scheitern. Einige bitten wie Heinrich VIII. um Annullierung. Auch hier liegt
ein erhebliches Potent al für Kasuistik.
Die
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