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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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trennen und
zerstören kann? Die letzte Frage, die sich direkt aus der Bibel ergibt, lautet:
Wurde die Ehe für den Menschen gemacht oder der Mensch für die Ehe?
    Wie gezeigt wurde, hat die
Kirche sich verändert, und in diesem Jahrhundert radikaler als in jedem
anderen. Doch sie hat bei alledem nur am System herumgebastelt. Sie hat sich
geweigert, es in dem großen Stil zu überdenken, den ein neues Verständnis von
Bibel, Psychologie, Soziologie und Moraltheologie fordert.
    Die Belastungen des
katholischen Systems sind inzwischen ungeheuer. Seine Ehenormen ähneln sehr den
Regeln der englischen Grammatik: Alles ist eine Ausnahme von der Regel. Mehr
und mehr katholische Paare argumentieren, sie seien Ausnahmen. Sie lassen sich
etwa so oft scheiden wie der Durchschnitt, was zu erwarten war. In vergangenen
Epochen und anderen sozialen Umfeldern haben Ehen ganze Familien und Clans
verbunden. Heute binden Ehen gewöhnlich zwei Einzelpersonen. Wenn sie nicht
mehr einig sind, bleibt nichts übrig. Wenn sie miteinander brechen, fällt das
Ganze auseinander.
    Man hat geschätzt, daß die Zahl
amerikanischer Katholiken in zerbrochenen Ehen höher als zehn Millionen liegt.
Der Versuch, auch nur die amerikanischen Fälle zu behandeln, als wären sie
Kandidaten zur Annullierung, wäre absurd; er würde endlose Nachforschungen nach
möglichen Beweisen dafür erfordern, daß sie von vornherein nie Ehen waren.
Außerdem greift selbst in der Kirche die Ansicht Platz, daß Annullierungen
Scheidungen unter anderem Namen sind.
    Johannes Paul II. selbst
scheint diese Furcht zu teilen. In seiner feierlichen Ansprache vor der Rota
vom 5. Februar 1987 sagte er, daß Eheannullierungen eine »übertriebene und fast
automatische Steigerung« erfahren hätten. Das sei auf den Einfluß
psychologischer Experten zurückzuführen, sagte er abschätzig, deren Sichtweise
oft unvereinbar mit kirchlicher Lehre sei. Solche Milde, meinte er, führe nur
zu mehr zerbrochenen Ehen. »Das Prinzip muß klar bleiben, daß nur Unmöglichkeit
und nicht Schwierigkeit, sich zu einigen und eine wirkliche Gemeinschaft des
Lebens und der Liebe zu verwirklichen, eine Ehe nichtig machen kann.« Doch wer
soll beurteilen, wann eine Schwierigkeit eine Unmöglichkeit ist? Die
Kirchenrechtler? Der Papst selbst?
    Unterdessen werden in jeder
anderen Hinsicht loyale Katholiken von der Kirche, die sie lieben, an den Rand
gestellt; ihre Kinder müssen sich weiter wundern, warum Mutti und Vati nicht
mit ihnen Kommunion empfangen. Diese Katholiken müssen weiter traurig darüber
grübeln, warum sie das Pech hatten, in der Kirche getauft zu werden. Wenn sie
erst nach ihrer ersten Ehe konvertiert wären, könnten sie sich kirchlich
wiederverheiraten. Warum verfolgt die Kirche ihre Kinder? Vor allem verlangen
sie eine Erklärung, warum sie nicht kirchlich geschieden werden können, obwohl
etliche Päpste gesagt haben, sie könnten es. Bei der Scheidung wie bei der
Empfängnisverhütung: Warum sollten sie sich als Sünder fühlen, wenn es keine ausreichenden
Gründe für das Verbot gibt?
     
     
    Die letzte päpstliche Scheidung
     
    In katholischen Kreisen geht
man davon aus, daß Rom unwiderruflich entschlossen ist,
Christen nach einer vollzogenen Ehe nie die Scheidung und Wiederheirat zu
erlauben. Die Geschichte legt im Gegenteil dazu nahe, daß es nur eine Frage der
Zeit ist, bevor sich dies ändert, obwohl nicht vorausgesagt werden kann, wann
und in welcher Form. Auf jeden Fall ist es immer gefährlich, wenn irgendeine
Institution, vor allem eine mit dem Genius Roms, »Nie« sagt.
    Wir haben schon gesehen, daß
Rom durch die Freigabe der Knaus-Ogino-Methode kürzlich etwas der Tradition
völlig Entgegengesetztes gebilligt hat: die Trennung von Sex und Fortpflanzung.
Von Augustinus und Papst Gregor an wäre dies Todsünde genannt worden. Solche
Autoritäten hätten es auch für undenkbar gehalten, daß Päpste Mischehen, die
Scheidung nicht vollzogener Ehen und die Scheidung vollzogener Ehen mit einem
nichtkatholischen Partner zulassen könnten. Papst Johannes Paul II. scheint sich
nicht darüber im klaren zu sein, daß vieles von dem, was er sagt, von seinen
Vorgängern zu Beginn dieses Jahrhunderts verdammt worden wäre.
    Der Oberhirte hielt zum
Beispiel in seinen regelmäßigen Mittwochaudienzen zwischen dem 5. August 1979
und dem 21. Mai 1980 eine Serie von Ansprachen über Liebe und Sexualität. In
einer von ihnen unterschied er im Buch Genesis zwei literarische Stränge.

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