Gottes erste Diener
praktisch keine
Ehen in China gibt und daher keine göttliche Gnade für diese Verbindungen. Doch
warum in die Ferne schweifen: Im Westen ist es der ausdrückliche Glaube der
meisten Menschen, daß es falsch ist, wenn Paare weiter zusammenleben, obwohl
sie keine Zuneigung mehr füreinander empfinden. In ihren Augen ist das
Weiterleben in einer solchen Verbindung Sünde, nicht Scheidung. Diese Ablehnung
grundlegender Aussagen über die christliche Ehe hat die kirchenrechtliche
Praxis sowohl in Rom als auch in den Diözesen beeinflußt, die als erste mit
Problemehen zu tun haben.
Katholiken sind unweigerlich
Teil ihrer Kultur. Sie teilen deren Annahmen, Wertmaßstäbe und Ziele. Und diese
sind unvereinbar mit der Tradition der christlichen Ehe.
Es erfordert einiges
Nachforschen, um herauszufinden, daß die Normen der Kirche nicht nur das nicht
spiegeln, was die Weltgemeinschaft glaubt, sondern nicht einmal, was die
Mehrzahl ihrer eigenen Kinder wirklich glaubt.
Wenn geschiedene Katholiken
sich an Rom wenden, um ihre Ehen annullieren zu lassen, erhebt sich der
Verdacht, daß die Kirche Scheidung unter anderem Namen zuläßt. Es ist weithin
bekannt, daß katholische Paare nach zwanzig Jahren Zusammenleben und einem
halben Dutzend Kindern kirchliche Annullierungen bekommen. Wie soll man dies
Phänomen erklären, besonders wenn ein Priester sie vor der Trauung sorgfältig
darüber belehrt hat, was die Kirche mit einer echten Ehe meint? Oberflächlich
betrachtet sieht die Ehe echt genug aus; die Annullierung ist die Fiktion. Um
von einem Partner frei zu sein, den sie nicht mehr lieben, müssen sie vorgeben,
sie seien nie wirklich verheiratet gewesen, sie hätten die ganze Zeit in Sünde
gelebt, und ihre Kinder seien illegitim in den Augen Gottes. Wie kann ein kirchliches
Gericht eine so tiefe Realität für ein Nichts erklären? Es gehört nicht wenig
Subtilität dazu, und es legt nahe, daß ein schwerer Fehler im Gesetz diese fast
clownesken Ausnahmen erlaubt.
Die Gründe, die Annullierungen
rechtfertigen, sind zahlreich; sie haben jedoch alle die Gemeinsamkeit, daß ein
»Defekt« entdeckt wird. Es mag ein Defekt in der Zustimmung sein: Furcht war im
Spiel, oder Gewalt wurde angewandt. Oder ein Defekt in der Absicht bei einem
der beiden Partner, der entweder offen oder sehr verschleiert und
bruchstückhaft zum Ausdruck gekommen ist. Oder aus ihrem späteren Verhalten
kann ein Defekt abgeleitet werden. Kurz, katholische Ehen sind auch Zeugnis
dafür, daß ein wichtiges Element zur Zeit der Eheschließung fehlte, aber erst
später, manchmal sehr viel später, erkennbar wurde. Die Gerichte in Rom und in
örtlichen Diözesen scheinen besonders darin einig zu sein, daß eine lebenslange
Verpflichtung selbst bei Katholiken alles andere als der Regelfall ist. Sie
nutzen hierbei ihren weiten Ermessensspielraum.
So bekommt die katholische
Kirche von allen Möglichkeiten die schlechtesten Aspekte.
Sie hatte damit begonnen, die
Lehre Jesu zum Ideal der Ehe in ein ehernes Gesetz umzuwandeln, das die
Scheidung verbot, dann dies eherne Gesetz für praktisch jeden außer ihre
eigenen Kinder gelockert, und nun findet sie, daß es selbst für sie im
gegenwärtigen Zustand gesellschaftlicher Fluktuation nicht angemessen ist.
Katholiken selbst beklagen sich bitter, daß »die Kirche« — damit meinen sie die
vom Papst geleitete, zölibatäre Priesterschaft — sie und ihre Probleme nicht
versteht. Das Ideal der Ehe, sagen sie, sollte nicht dazu benutzt werden,
Verheiratete zu zerbrechen und zu Ehelosen zu machen und die Bindung zu einer
Fessel zu machen, wenn die Ehe offensichtlich und für immer zu Ende ist. Die
Ehe sollte der Einsamkeit ein Ende setzen, nicht sie verewigen, indem man den
Partnern die Wiederheirat verbietet. Wie kann die Kirche einen Mann oder eine
Frau zwingen, für immer allein zu sein — um der Ehe willen? Das hieße, die
Worte Christi ohne den Geist Christi zu wiederholen. Wenn Freiheit zum Wesen
der Ehe gehört und Zwang sie zunichte machen würde, löst Zwang sie dann nicht
auf? Der Zweck der Ehe ist, daß zwei einander beistehen und in einer
Gemeinschaft der Liebe zusammenleben. Wenn es geschieht, oft durch Schuld
verursacht, daß die Gemeinschaft unmöglich ist, existiert die Ehe nicht mehr.
Ohne Liebe wäre das Paar nicht zwei in einem Fleisch, sondern mit Miltons
Worten »zwei Leichen, wider die Natur zusammengekettet«. Wie sollte der ehelose
Klerus wissen, daß die Ehe nicht nur vereinen, sondern auch
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