Gottes erste Diener
die sie
sich zuziehen, wenn sie etwa nicht gehorchen. Traurigerweise ist der römische
Katholizismus die straffreudigste Religion geworden, die die Menschheit je
gekannt hat: Wer die Regeln, genannt das Naturrecht, bricht, wird als Sünder
gebrandmarkt; er lebt in Todsünde, und seine Uneinsichtigkeit führt zum
Ausschluß vom Himmel, in die ewigen Flammen. Millionen aufrichtiger Katholiken
überall auf der Welt werden so beurteilt. Sie benutzen vielleicht
empfängnisverhütende Mitte! — jeder Sexualakt ist eine Todsünde; oder sie sind
nach der Scheidung wieder verheiratet—sie »leben in Sünde«; oder sie haben in
größtem Glauben und moralischer Qual eine Abtreibung gehabt—sie werden für eine
»böse Tat« exkommuniziert; oder sie sind Homosexuelle, die sich danach sehnen,
ihrem innersten Wesen gemäß Liebe zu geben und zu empfangen — sie führen ein
»unnatürliches und perverses Leben«. Alle sind von den Sakramenten
ausgeschlossen. Sie sind im tiefsten Sinn exkommuniziert, ausgeschlossen vom
Gastmahl des Leibes und Blutes Christi. Im Namen Christi wird ihnen der Zugang
zu ihm verwehrt.
In anderen modernen
Problembereichen verhält sich der Papst entsprechend. Im Frühling 1987
unterschrieb er zum Beispiel persönlich ein Dokument des Heiligen Offiziums zum
Thema Leihmutterschaft und Retortenbabys. Die meisten Menschen heute sind
beunruhigt über Aspekte der Leihmutterschaft wie im Fall einer Südafrikanerin
mittleren Alters, die die Leihmutter für die Drillinge ihrer Tochter und ihres
Schwiegersohns wurde. Sie gebar buchstäblich ihre eigenen Enkel. Auch sorgt
sich die Öffentlichkeit über die Folgen der In-vitro -Befruchtung. Ein
pauschales Nein vom Vatikan, wenn die Szene sich von Monat zu Monat verändert,
ist kaum ein aggiornamento. In ihrer Neujahrsliste der Geehrten von 1988
hat Königin Elizabeth Edwards und Steptoe ausgezeichnet, die Pioniere der
Retortenbaby-Technik, die bisher 5000 Kindern auf die Welt geholfen hat. Der
Vatikan dagegen hat diese Technik als schwere Sünde verurteilt.
Schluß
Fragt man eine irische Mutter,
ob ihr kleiner Paddy Schokolade mag, so wird siewahrscheinlich
antworten: »Ist der Papst katholisch?« Sie setzt es als undenkbar voraus, daß
der Papst nicht katholisch ist. Der zweite Teil dieses Buches hat gezeigt, daß
diese Annahme falsch ist. Es war durchaus nicht undenkbar, sondern viele Päpste
waren nicht katholisch; sie waren Ketzer und wurden von der Kirche
einschließlich ihrer Nachfolger als solche bezeichnet.
Heute gibt es Zweifel, ob die
päpstliche Morallehre ganz katholisch ist. Was wäre, wenn vieles davon einfach
Papismus oder Vatikanismus wäre? Um katholisch zu sein, muß die Lehre aus dem sensusßdelium entspringen und ihn reflektieren. Bevor Umfragen üblich wurden, konnte der
Vatikan immer behaupten, die Zahl der Andersdenkenden sei minimal. Das ist
nicht mehr aufrechtzuerhalten. Die Umfragen offenbaren nicht nur, daß die
meisten Katholiken anders denken als der Papst; jede neue Umfrage weist eine
größere Zahl Andersdenkender aus. Sie stellen fest, daß sie mit dem, was sie
früher für Rebellion hielten, nicht allein sind.
Was sind die Ursachen des gegenwärtigen,
enormen Unbehagens in der Kirche?
Die erste ist das Papsttum
selbst, oder vielmehr die Art, wie Päpste seit Gregor VII. und Pius IX. ihre
Rolle verstehen. Sie glauben sich berufen, Fragen zu entscheiden, für die sie
nicht kompetent sind. Das Ergebnis ist, daß sie meinen, für jeden detaillierte
Vorschriften erlassen zu müssen, besonders was sexuelle Sitten und medizinische
Ethik betrifft, wo die Grenzen sich ständig verschieben. Ein Papst nach dem
anderen tappt in die gleiche Falle und wird Opfer seines Titels. Sie sind
»unfehlbare Stellvertreter Christi«; sie und nur sie sollten die Antworten auf
die komplexesten Probleme wissen. In Wirklichkeit wissen sie nicht mehr als
jeder andere. Im Licht der alten wie der modernen Geschichte täten die Katholiken
gut daran, jede Vorschrift, die vom Vatikan kommt und sich als die Antwort in ihrem Dilemma ausgibt, zu analysieren. Genauso feierlich hat das
Papsttum erklärt, Ketzer und Hexen seien zu Tode zu hetzen und Juden im Namen
Christi barbarisch zu behandeln. Das Papsttum hat Katholiken in der langen
Nacht der Inquisition die Grundrechte des Menschen einfach verweigert und die
Folter wieder eingeführt, um sie bei ihrem Vorgehen zu unterstützen. Das
Papsttum verwehrte allen Untertanen des Kirchenstaates alle
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