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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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erzählt.
    John Butler war der katholische
Bischof von Cork. Als junger Mann verlor er ein Auge bei einem Unfall. Obwohl
römische Kleriker eigentlich zwei Augen haben mußten, wurde er von diesem
Hindernis dispensiert und mit siebenundzwanzig Jahren ordiniert. Fünf Jahre
später wurde er zum Bischof geweiht. Er war zweiunddreißig, man schrieb das
Jahr 1763. »Ganz Irland jauchzt ob seiner Ankunft«, sang ein Barde. Bei seinem
Abschied war es anders.
    Nach dreiundzwanzig Jahren
durchschnittlichen Dienstes erbte der Bischof von seinem verstorbenen Neffen
einen der alten Hochadelstitel von Irland. Seit dem zwölften Jahrhundert gab es
Lords von Dunboyne. Butler hatte nun eine Mitra und eine Adelskrone; er war
Bischof und Baron.
    Er kam auf den Gedanken, es sei
seine Pflicht, die Linie weiterzuführen. Doch wie war das möglich? War er nicht
als Kleriker zu lebenslanger Ehelosigkeit verpflichtet?
    Er war fünfundfünfzig und sah
abstoßend aus. Groß und dünn, mit schwarzer Perücke und einer schwarzen
Augenklappe über seiner leeren linken Augenhöhle—jedenfalls nicht gerade ein
Mann zum Heiraten. Allerdings lebte er in Irland, wo es nicht unüblich war, daß
Bauern so alt heirateten wie nirgends sonst in Europa; und er hatte einer
etwaigen Braut einen Titel, Ländereien und Burgen zu bieten.
    Die Dame, die er sich auserkor,
war seine Cousine, Miss Maria Butler aus Wilford in der Grafschaft Tipperary.
Sie war eine protestantische Cousine. Wahrscheinlich ging er davon aus, daß
keine Katholikin willens wäre, sich durch die Heirat mit einem Bischof zu
kompromittieren. Marias anderer Verzug war ihr Alter: Sie war erst
dreiundzwanzig. Reichlich Zeit, um einen Sohn und Erben zustande zu bringen. Es
war traurig, daß sie einenjungen Mann liebte und ihn unbedingt heiraten wollte.
Doch ihr Vater war ein vernünftiger Mann und überzeugte Maria, daß ein Lord
eine bessere Partie sei.
    Bischof Butler war naiv genug
zu glauben, Rom würde ihm einen Dispens erteilen, da dies zur Fortführung
seines Hauses notwendig war. Seine Diözese bekam das erste Zeichen für die
Pläne ihres Bischofs, als er im Januar 1787 in einem Ursulinenkloster einer
Nonne Profeß abnehmen sollte und sich nicht blicken ließ.
    Ende April wurde er in der
Marienkirche von Clonmell vom protestantischen Hilfspfarrer getraut. Der
Dispens, hoffte er, würde bald kommen und seine Ehe gültig machen.
    Als diese Nachricht
durchsickerte, war sie eine Sensation in Irland. Ein katholischer Bischof, der
in einer protestantischen Kirche vor einem protestantischen Geistlichen eine
Protestantin heiratet! Er hatte sich von seiner Diözese geschieden und eine
Frau geheiratet. Er hatte seinen Bischofsring für einen Ehering abgelegt. Er
hatte ein Bistum für eine Braut eingetauscht. Viele erwarteten, daß die Sonne
vom Himmel fallen würde. Er habe getan, schrieb eine Zeitung, was »der ärmste
Bauer in seiner dürftigsten Hütte nur mit Schaudern aussprechen würde«. Seine
Mitbischöfe, hieß es, stürben vor Kummer.
    Als Papst Pius VI. Butlers
Rücktrittsschreiben las, »weinte er ungeniert«. Seine Heiligkeit antwortete
durch den Erzbischof von Cashel, dem er befahl, er müsse »jedes Mittel
anwenden, um den Abtrünnigen von seinem sündigen Leben im Konkubinat zu bekehren«.
Am 11. August übergab der Erzbischof von Cashel Dunboyne den Brief des Papstes
an ihn. Es würde keinen Dispens geben. Was er las, war folgendes:
     
    Es
ist nicht zu glauben, ehrwürdiger Bruder, von welcher Bestürzung und Seelenqual
Wir ergriffen und überwältigt wurden, seit Wir glaubwürdige Nachricht bekommen
haben, daß Ihr Fehlverhalten eine solche Höhe des Wahnsinns erreicht hatte, daß
Sie eine Protestantin heiraten wollten; und daß Sie es wagen, eben jetzt mit
ihr in einem Stand des schändlichsten Konkubinats zu leben.... In Unserer Brust
ist ein wahrhaft väterliches Mitleid für Sie, und eine brennende Sehnsucht,
Sie, wenn möglich, von einem solchen Abgrund der Ausschweifung und
Schlechtigkeit zu erretten.
     
    Nach diesen milden Worten kamen
die Drohungen. Wenn Butler sich taub stellte und »in dem Schlamm und der
Schändlichkeit eines so schmählichen Lebens« verharrte, würde er
exkommuniziert, Bischof oder kein Bischof.
    Dunboyne legte den Brief
ungläubig aus der Hand. Der Papst verstand ihn einfach nicht, sagte er dem
Erzbischof. Er hatte nicht aus dem Wunsch nach Vergnügen geheiratet. Es war für
ihn in seinem fortgeschrittenen Alter eine wahre Last, das süße

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