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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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Leben der
Ehelosigkeit aufzugeben und Tisch und Bett mit einer Frau zu teilen, die nicht
einmal halb so alt war wie er. Er handelte einfach aus Pflichtgefühl. Er
weigerte sich, der Katastrophe ins Auge zu sehen.
    »Rom kann einen Dispens
gewähren«, sagte er. »Viele Apostel und Kirchenväter waren verheiratet....
Selbst heute erlauben einige der östlichen Riten, die mit Rom Gemeinschaft
haben, daß der Klerus heiratet.«
    Der Erzbischof zog sich zurück.
Der »in schamlosem Konkubinat Lebende« beschloß, dem Heiligen Vater die Stirn
zu bieten. Er hätte sich mehr um seinen Sarg kümmern sollen als um sein
Ehebett. Er war eindeutig fest in seiner Perversion — Roms Ausdruck für die
Bekehrung zur Kirche von Irland.
    Eine Woche nach jener
Unterredung schwor der Exbischof von Cork in derselben Kirche, in der er
geheiratet hatte, auf eine protestantische Bibel dem Glauben seiner Väter ab
und nahm häretische Kommunion, bevor er sie der Gemeinde, darunter auch seiner
Braut, austeilte. Dann unterschrieb er den Supremateid (mit dem er das
Staatsoberhaupt als Haupt der Kirche anerkannte) und eine Erklärung gegen den
Papismus. Er war offiziell Protestant. Nun hatte er etliche Zeichen der
Besonderheit. Er war der einzige einäugige irische Bischof, dazu das erste
Mitglied der irischen Hierarchie, das von Rom abfiel.
    Den Katholiken paßte das nicht.
Mit biblischer Inbrunst bewarfen sie seine Kutsche mit Torf, Kartoffeln und
Mistklumpen. Seine Lordschaft begab sich nach Dunboy ne Castle in der
Grafschaft Meath. Das alte Haus war inzwischen verfallen, aber ein schönes
neues Gebäude war erstellt worden. Dort gaben die Einheimischen dem Paar in
seiner ersten Nacht im Brautbett ein Ständchen mit unanständigen Geräuschen und
Katzenmusik unter ihrem Fenster. Die Braut beklagte sich; bei alledem bekam sie
wenig Schlaf. Die Balladendichter, deren Lieder mehr gefürchtet waren als
Exkommunikationen, machten sich ans Werk:
     
    Denk nicht an Skandale,
Skandale müssen sein,
    warum
gab es sonst Judas, warum wie dich ein Schwein?
     
    und ein weniger glückliches
Ende:
     
    Doch
oh, halt dir Judas vor das innere Auge,
    damit du dich nicht wie ein
Judas aufhängst.
     
    Trotzdem war Dunboyne
glücklich, denn seine Frau war schwanger. Doch das Baby wurde mit einem
Wasserkopf geboren; es war ohnehin nur ein Mädchen. Die Kleine mit dem großen
Kopf starb innerhalb einer Stunde und wurde heimlich begraben, ohne daß ihre
Eltern dabei waren.
    Die Schwangerschaft war
Dunboyne als Zeichen göttlicher Gunst erschienen; die Geburt erschien ihm als
Zeichen göttlichen Zorns. Sein Gewissen quälte ihn von nun an bis zu seinem
Tod.
    Als er neunundsechzig war,
kinderlos, einsam und am Rand des Grabes, schrieb er noch einmal an den Papst.
Der Brief war am 2. Mai 1800 datiert. Er entschuldigte seine Schwäche nicht; er
hatte ein Kind gewollt, und das zu sehr. Er bat, zu seinem alten Glauben
zurückkehren zu dürfen und von seinen Sünden losgesprochen zu werden. »Mit
meiner Frau«, schrieb er und legte in wenigen Worten das ganze Elend seines
späteren Lebens offen, »habe ich seit über fünf Jahren keine Gemeinschaft außer
bei Tisch.«
    Ein von früher befreundeter
Priester wurde zu ihm in sein Haus in der Dubliner Leeson Street geschickt.
Dunboyne beichtete seine Sünden und wurde mit der Kirche versöhnt. Nach seinem
Abfall hatte er nie die protestantische Kirche besucht. Als er kurz danach
starb, wurde er an einem geheimen Ort begraben. Sein Begräbnis war so
schmucklos wie seine Hochzeit. Seine Frau Maria heiratete noch einmal und
überlebte ihn um sechzig Jahre; sie starb 1860 mit fünfundneunzig Jahren.
    Erst Mitte der 1930er Jahre
fand man zwei Bleisärge in der Augustinerabtei von Fethard in der Grafschaft Tipperary.
In dem einen lag Dunboyne, in dem anderen seine kleine Tochter. Die Sitte war,
getaufte Babys und Priester mit dem Kopf zum Altar zu begraben; für den
Priester symbolisierte dies, daß er als Herold des Evangeliums ostwärts zur
aufgehenden Sonne schaute. Das Baby war so begraben; Dunboyne hingegen war mit
den Füßen zum Altar begraben. Selbst im Tod hatte ihm die Kirche, die er
verraten hatte, nicht ganz vergeben.
    Am Tag, bevor Dunboyne seinen
letzten Brief an den Papst schrieb, machte er sein Testament. Darin hinterließ
er seinen Landbesitz in der Grafschaft Meath dem römisch-katholischen Maynooth
College. Es gab einen langwierigen Rechtsstreit darüber, aber dennoch wurde das
nationale Priesterseminar von

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