Gottes erste Diener
Irland mit Geldern aus dem Erbe des einzigen
abtrünnigen Bischofs ausgestattet. Die Studenten, die in Dunboyne House in
Maynooth wohnen, sind als »Dunboyner« bekannt. Die Lektion aus dem Leben des
Barons ist bei ihnen sicher nicht vergebens.
Ein Anflug von Barmherzigkeit
Vor diesem Hintergrund begann
Paul VI., Dispense vom Zölibat in sogenannten
»Härtefällen« zu erteilen. Es war keine leichte Entscheidung gewesen. In einer
Gründonnerstagspredigt sprach Paul 1966 in der Sprache der irischen
Balladendichter von abtrünnigen Priestern als »neuen Judassen«, die den Namen
der Mutter Kirche besudeln. Doch er wußte, daß die Wirklichkeit nicht immer so
war. Diese Judasse waren manchmal alte Männer, die ihr Priesteramt vor vierzig
oder fünfzig Jahren aufgegeben hatten; sie hatten Kinder und Enkel und wollten
einfach ihre Situation in den Augen der Kirche regeln, die zu lieben sie nie
aufgehört hatten. Die Judasse waren oft junge Männer, die seit ihren frühen
Teenagerjahren in Knabenseminaren erzogen worden waren; sie wurden für das
Priesteramt erwählt, bevor sie auch nur wußten, was Sex ist, geschweige denn
ein lebenslanges Zölibat. Es gab Anträge von Priestern, die polygam geworden
waren, eine Bedrohung für sich und ihre Gemeinde; Psychiater attestierten, daß
sie einfach nicht die Befähigung zum Zölibat hatten. Es gab andere, die
zerbrochen waren, weil sie tranken, um der Einsamkeit zu entkommen.
Paul wußte, daß John Butler,
der Bischof von Cork, recht hatte. Das Zölibat in der römischen Kirche ist eine
Frage der Disziplin, nicht des Glaubens. Weltpriester haben nie ein Gelübde der
Ehelosigkeit abgelegt. Sie waren nach den kirchlichen Gesetzen einfach nicht in
der Lage, eine gültige Ehe einzugehen. Paul war Papst; er konnte diese
Disziplin suspendieren. Er hielt es für richtig, das zu tun, besonders nach
Vaticanum II, als Barmherzigkeit und Großzügigkeit in die Kirche eingezogen
waren.
Die Methode der Dispensierung
war unvollkommen. Der Antragsteller mußte die ganze Schuld für seine
Fahnenflucht auf sich nehmen. Er mußte all seine sexuellen Vergehen und kleinen
Sünden vor und nach der Ordination eingestehen. Er durfte nie mehr die Messe
zelebrieren, predigen oder die Sakramente spenden. Dies waren harte
Bedingungen, besonders für Kleriker mittleren Alters, die ausschließlich für
die Kirche ausgebildet waren. Dennoch war die Aussicht willkommen, mit
relativer Würde in der Kirche heiraten zu können, die sie seit so langer Zeit
liebten und der sie so lange gedient hatten. Sie hatten nichts dagegen, weit
fortzuziehen von den Orten ihres Dienstes und heimlich, in Klosterkirchen oder
Sakristeien, getraut zu werden. Sie gehorchten den Regulierungen ohne
Bitterkeit — höchstens mit gewachsener Liebe für eine Gemeinschaft, die in
ihren Schwierigkeiten Verständnis gezeigt hatte. Dunboyne wäre mehr als
zufrieden mit dieser Behandlung gewesen.
Das Tröpfeln der Anträge wurde
zur Flut. Pauls Anflug von Barmherzigkeit offenbarte ein Problem, dessen
Ausmaße atemberaubend waren. Hunderte und dann Tausende von Priestern begannen
Anträge auf Dispensierung zu stellen. Oft wurde den Anträgen mit einem Minimum
an Aufheben stattgegeben. Priester bekamen Dispense, um dispensierte Nonnen zu
heiraten. Viele Priester bekamen Dispense, um Geschiedene mit Kindern zu
heiraten, deren Ehen annulliert waren. Nach Jahrhunderten, in denen es Anathema
war, einen Priester aus der Ehelosigkeit zu entlassen, wurden Priester
innerhalb eines Monats nach ihrem Antrag befreit.
Die Zahlen, um die es dabei
ging, sind unmöglich zu verifizieren. Niemand bezweifelt, daß sie in der
Kirchengeschichte nicht ihresgleichen hatten.
Nach Paul VI. schwenkte die
Stimmung im Vatikan abrupt um. Johannes Paul schob alle Anträge auf die lange
Bank. Er war gar nicht sicher, daß rasche Dispense gut für das Image des
Priestertums oder der Kirche waren. Barmherzigkeit war ja gut und schön; aber
die alte Disziplin war das Beste und auf ihre eigene Weise barmherzig. Vor
allem wußten die Priester, wo sie standen. Die Unwiderruflichkeit ihrer
Verpflichtung bedeutete, daß es falsch war, wenn sie die Gnade Gottes
bezweifelten, und gerade deshalb hatten so wenige in der Vergangenheit
gezweifelt. Es gab keine Versuchung, die sie mit Gottes Gnade nicht überwinden
konnten. Johannes Pauls Haltung ist in Übereinstimmung mit seinen klassischen
Idealen. Der Priester ist für ihn ein Mann der Vorsehung und
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