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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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Sie stellten die
Situation satirisch, aber keineswegs übertrieben dar.
    Ein italienischer
Tagebuchautor, der wandernde Franziskaner Salimbene, schrieb im dreizehnten
Jahrhundert:
     
    Ich
habe Priester gesehen, die Tavernen betreiben ... und ihr ganzes Haus voller unehelicher
Kinder, die ihre Nächte in Sünde verbringen und am nächsten Tag Messe feiern ... Als ein Franziskaner einmal an einem Festtag in der Kirche eines gewissen
Priesters Messe feiern mußte, hatte er als Stola nur den Gürtel der Konkubine
des Priesters, an dem das Schlüsselbund hing; und als der Bruder, den ich gut
kenne, sich umdrehte, um Dominus vobiscum zu sagen, hörten die Leute das
Rasseln der Schlüssel.
     
     
    Das Zölibat auf den Britischen
Inseln
     
    Die englischen Priester fanden
das Zölibat schwierig, seit Augustinus von Canterbury
zum erstenmal britischen Boden betrat. Die Kirche, die schon dort war, wußte
nichts von der römischen Disziplin, so daß Papst Gregor anerkennen mußte, es
gebe in England Kleriker, »die nicht unverheiratet bleiben möchten«. Er
erlaubte Augustinus, sie heiraten zu lassen und ihre Gehälter einzeln zu
zahlen.
    Später erwiesen sich Roms
angestrengteste Reformversuche als fruchtlos. Der alte Brauch, daß Bischöfe
gegenüber Priesterehen ein Auge zudrückten, blieb bestehen. Die Priester sahen
ihre »shrift-shire« (d. Ü.: »Beichtschaft« entsprechend »Grafschaft») als
Familienbesitz, den sie ihren Söhnen und Enkeln vererbten.
    Der arge Zustand des Klerus ist
leicht zu erklären. Es gab Zeiten, als ein Drittel der männlichen Bevölkerung
dem geistlichen Stand angehörte. Die meisten reicheren Kleriker waren
Pluralisten; sie hatten mehrere Pfründen. Sie gaben sie an Kapläne weiter, die
mit einem Hungerlohn überleben mußten. Das Einkommen mochte fünfzig Mark pro
Jahr betragen. Der Rektor sah sich nach einem Hilfspfarrer um, der es für fünf
Mark übernahm, und steckte den Rest in die eigene Tasche. Unter solchen
Umständen brauchte der Pfarrer eine Frau, die ihm half, mit dem Geld
auszukommen. Er weidete seine Schafe, die wollige Art, auf dem Friedhof. Er
verbrachte den Tag beim Fischen bis zum Bauch im Wasser und seine Abende oft in
der Taverne bei Trinkgelagen und Prügeleien. Chaucers Müller prahlte, seine
Frau sei die Tochter eines Priesters, doch die Kleriker hatten nicht immer
einen guten Ruf. Sie waren schnell mit den Fäusten, und wenn ihnen die Pfründe
ihres Vaters verweigert wurde, war zu erwarten, daß sie sie mit Weihrauch und
Schwert in Besitz nahmen. »Die Priester wissen ganz genau«, lautete ein Statut
aus dem zehnten Jahrhundert, »daß sie kein Recht haben zu heiraten.... Doch
einige lassen sich Schlimmeres zuschulden kommen, indem sie zwei oder mehr
Frauen haben, und andere verlassen zwar ihre ersten Frauen, nehmen aber danach
andere, wenn jene noch am Leben sind, was kein christlicher Mann tun sollte,
und ein Priester erst recht nicht.« Wie üblich bedeutete der Versuch, das
Zölibat durchzusetzen, daß der Klerus polygamer war als die Laien.
    Ein Priester rechtfertigte die
Vergewaltigung eines Pfarrkindes mit den Worten, »er mußte unbedingt sein
Vergnügen an ihr haben«. Seine untätigen Hände mußten etwas zu tun haben.
    Der aus der Normandie stammende
Lafranc, der 1070 Erzbischof von Canterbury wurde, erlaubte vielen Priestern,
die guten Gewissens geheiratet hatten, ihre Frauen zu behalten, sagte, sie
sollten es nicht wiedertun, und warnte die Bischöfe, daß künftige
Priesterkandidaten sich verpflichten mußten, nicht zu heiraten. Dies war ein
realistisches Vorgehen in einem Land, wo selbst Bischöfe verheiratet waren.
    Hierin war England nicht anders
als der Rest der Christenheit. Im Westen war das Zölibat vom vierten bis zum
elften Jahrhundert in Vergessenheit geraten. Es ist eine Illusion, daß die
Kirche durch den Dienst keuscher und eheloser Priester überlebt hätte. Sie hat
tatsächlich durch den Dienst unkeuscher und zumeist verheirateter Priester überlebt.
Die Disziplin des Zölibats wurde so oft von Klerikern gebrochen, wie die
Disziplin der Geburtenkontrolle heute von den Laien gebrochen wird.
    Anselm, der Lafranc als
Erzbischof von Canterbury nachfolgte, war strenger. Ehefrauen wurden
fortgeschickt; ihre priesterlichen Gatten durften sie nicht sehen, außer im
Freien und in Gegenwart Dritter. Viele Priester rebellierten; sie schlossen
ihre Kirchen ab und weigerten sich, Messe zu lesen oder Sakramente zu spenden.
Selbst in Canterbury waren die

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