Gottes erste Diener
des Papstes.
Rom beharrte weiter, es sei
sündiger zu heiraten, als eine Konkubine zu halten, weil es nach Ketzerei
rieche und ein Verstoß gegen das Kirchenrecht sei. Dies erklärt einige
überraschende Entscheidungen Alexanders II.
Ein Priester aus Orange in
Frankreich beging Ehebruch mit der zweiten Frau seines Vaters. Statt ihn zu
entlassen, weigerte sich Papst Alexander im Jahr 1064, ihm auch nur die Heilige
Kommunion zu verbieten. Milde war angebracht, weil er keine Heirat begangen
hatte. Zwei Jahre später beichtete ein Priester aus Padua Inzest mit seiner
Mutter. Der Papst ging sehr gütig mit ihm um und überließ seinem Bischof die
Entscheidung, ob er im Amt bleiben sollte oder nicht. Für Papst Alexander war
es besser, daß ein Priester Ehebruch oder Blutschande beging, als daß er
heiratete. Als Petrus Damiani persönlich versuchte, das Zölibat beim Klerus von
Mailand durchzusetzen, hatte er noch Glück, mit heiler Haut davonzukommen. Die
Mailänder Priester konnten nicht recht einsehen, daß Geschlechtsverkehr mit
ihren Ehefrauen Ehebruch war. Damian war auch peinlich berührt, daß die
Kleriker von Piemont, alle verheiratet, in ihrem Dienst »ein Chor von Engeln«
waren. Wenn sie nur keine unschicklichen Beziehungen mit ihren Frauen hätten,
klagte er, dann wären sie vollkommen. Es kam ihm nie in den Sinn, daß sie
vielleicht gute Priester waren, weil sie gute Ehemänner waren.
Wie Gregor VII. zögerte Damian
nicht, den weltlichen Arm hinzuzuziehen, um das Zölibat bei den Priestern durchzusetzen
— ein merkwürdiges Vorgehen von Prälaten, die gegen weltliche Einmischungen in
Kirchendinge sind.
Gregor war es, der beschloß,
daß hinfort niemand ordiniert werden sollte, der sich nicht zuvor zur
Ehelosigkeit verpflichtete. Mit der Macht seiner Persönlichkeit gelang es ihm,
ganze Massen von Ehefrauen auf den Abfall zu werfen; wie wir schon bemerkten,
begingen viele von ihnen Selbstmord. Sein Ziel war klar gesteckt: »Non liberari
potest Ecclesia a Servitute laicorum nisi liberentur prius clerici ab
uxoribus«, »Die Kirche kann nicht aus der Knechtschaft der Laien befreit
werden, wenn nicht die Kleriker zuvor aus der Knechtschaft ihrer Frauen befreit
werden«. Dies war ein offenes Eingeständnis, daß es beim Zölibat nicht zuerst
um heiligmäßiges Leben geht, sondern um die Unabhängigkeit der »Kirche« von
Einmischungen der Laien. Vor allem ging es darum, den Kirchenbesitz intakt zu
halten. In den Augen dieses Autokraten sind die Kleriker die Kirche. Deshalb
war die Vetternwirtschaft der Päpste in Mittelalter und Renaissance doppelt
schändlich. Denn trotz ihrer Ehelosigkeit gaben sie riesige Mengen von
Kircheneigentum an ihre Verwandten weiter und nahmen so dem Zölibat jeden Sinn.
Bonifaz VIII. zum Beispiel soll 25 % aller Kircheneinkünfte seiner Familie gegeben
haben. Einige Päpste vererbten alles ihren Verwandten und ließen ihren
Nachfolgern keine andere Wahl, als geistliche Güter zu verkaufen, damit die
Kasse stimmte.
Gregor VII. blieb nicht
unwidersprochen. Zum Beispiel exkommunizierte ihn der Bischof von Pavia, weil
er es vorzog, daß Kleriker Mätressen hatten statt Ehefrauen. Der Erzbischof von
Mainz schloß sich den anderen deutschen Bischöfen an und sagte, Gregor habe
jeden Anspruch auf das Papsttum verwirkt. Gregor antwortete natürlich, indem er
ihn exkommunizierte. Das irreguläre Konzil von Brixen verurteilte Gregor 1080
dafür, daß er »Scheidung zwischen rechtmäßig Verheirateten säte«, und bewirkte,
daß Kinder von Priestern verlassen wurden. Der Patriarch von Konstantinopel
rieb sein Quentchen Salz in die Wunde, indem er ironisch sagte: »In den
westlichen Kirchen gibt es eine Riesenmenge Kinder, aber niemand weiß, wer ihre
Väter sind.«
Einige Priester sagten, sie
würden eher ihr Amt aufgeben als ihre Frau, und prangerten den Papst als Ketzer
und Irren an, der erwartete, daß Menschen von Fleisch und Blut wie körperlose
Wesen lebten. Wenn sie fortgetrieben wurden, fragten sie, wo würde Gregor die
Engel finden, um sie zu ersetzen? Die Bischöfe taten ihr Bestes, um Gregors
Wünschen nachzukommen, manchmal unter Lebensgefahr. Die Trumpfkarte des Papstes
aber waren die Laien.
Gegen die gesamte Tradition der
Kirche exkommunizierte er Laien, die die Sakramente von nichtzölibatären
Priestern empfingen. Dies führte dazu, daß viele Laien die Eucharistie von
»unkeuschen Priestern« in den Staub traten und ihre Kinder selbst tauften. In
vielen Diözesen
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