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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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ein Sieb, Zweige oder ein Fächer.
Anstiftung unter diesen Umständen in einer dunklen, einsamen Kirche blieb
üblich. So war die Beichte oft ein Mittel für den Klerus, Frauen zu verderben
und sich den Anforderungen der Ehelosigkeit zu entziehen.
    Wenn ein Gemeindepriester von
einem Beichtkind verraten wurde, verrenkte sich das kirchliche Gericht, um
milde gegen ihn zu sein. Im Februar 1535 wurde der Gemeindepriester von
Almodovar zahlreicher sexueller Vergehen angeklagt, darunter des Besuchs von
Bordellen und der Anstiftung in der Beichte. Er hatte einer jungen Frau die
Absolution verweigert, bis sie sich bereit fand, mit ihm zu schlafen. Er bekam
eine kleine Geldstrafe und dreißig Tage Hausarrest. Danach war er zweifellos
frei, so weiterzumachen wie zuvor.
    Die bischöflichen Gerichte
waren so lasch geworden, daß die Inquisition darauf brannte, ihre Aufgabe zu
übernehmen. Paul IV. beschloß, daß Anstiftung Häresie implizierte; dies
ermöglichte ihm, der Inquisition ihren Wunsch zu erfüllen. Die Entscheidung
bewies, daß die Kirche mehr an der Integrität der Beichte als an der Integrität
der Frauen interessiert war. Bei allen folgenden Verstößen gegen das Sakrament
war die Hauptsorge der Verhörenden nicht, daß Frauen mißbraucht worden waren,
sondern daß das Sakrament mißbraucht worden war. Wenn ein Priester zum Beispiel
zeigen konnte, daß er zwar ein Beichtkind verführt hatte, aber in seinem Zimmer
und ohne Beziehung zur Beichte, kam er straflos davon. Die Moraltheologen
machten es durch Kasuistik noch schlimmer. Worin, fragten sie, bestand die
Anstiftung? War es das Berühren der Hände, fußeln, an die Brüste fassen oder
Liebesbriefe schreiben? Und wie lüstern mußte Sprache sein, bevor sie etwas
Schlimmes war? Einige spanische Moraltheologen kamen zu dem Schluß, wenn eine
Frau bei der Beichte ohnmächtig wurde und der Priester das ausnutzte, indem er
sie vergewaltigte, sei dies technisch keine Anstiftung. Die Frau war eindeutig
in keiner Verfassung zu reagieren. Die Priester konsultierten Bücher über
Moraltheologie nicht, um bessere Beichtväter zu werden, sondern um zu lernen,
wie sie Frauen bei der Beichte manipulieren konnten, ohne sich kirchenrechtlich
strafbar zu machen.
    Ein Papst nach dem anderen
verschärfte die Gesetze und führte strengere Strafen ein. So durfte die
»Komplizin« eines Priesters nicht bei ihm beichten. Erteilte er ihr Absolution
von Sünden, die sie mit ihm begangen hatte, war er automatisch exkommuniziert
und seine Absolution ungültig. Die Zahl der beschuldigten Priester nahm
keineswegs ab.
    Die Päpste setzten die
versiertesten Kirchenrechtler darauf an, die Schlupflöcher in den Vorschriften
zu schließen, die die Priester immer wieder fanden. Die Beichtenden beider
Geschlechter waren zum Beispiel verpflichtet, jeden Beichtvater anzuzeigen, der
sie anstiftete. Doch die Beweisführung war schwierig; das Wort des Beichtkindes
stand gegen das des Beichtvaters, und es gab keine Zeugen. Die Kirche hatte dem
Klerus eine fast idiotensichere Methode zur Verfügung gestellt, um die in
Versuchung zu führen, die ihnen ihre Unkeuschheit beichten mußten. Geschädigte
Beichtkinder hatten wenig Hoffnung auf Gerechtigkeit. Das Hindernis war, daß
sie sich oft selbst anklagen mußten, obendrein vor zwei männlichen
Fragestellern, die zur gleichen Elitegruppe gehörten wie der Priester, den sie
beschuldigten. Und ohnehin — was konnte in einem kleinen Städtchen oder Dorf
schon geheim bleiben?
     
    Lea verschaffte sich Zugang zu
den Diözesanarchiven von Spanien. In mühsamer Durchforstung von
Inquisitionsdokumenten, die mit der üblichen Gründlichkeit geführt waren,
machte er eine Reihe von Entdeckungen. Zwischen 1723 und 1820, als die
Inquisition endlich abtrat, wurden den Behörden 3775 Fälle zur Kenntnis
gebracht. Davon betrafen alle außer 981 Fällen Ordenspriester. Ein weiterer
unerwarteter Fund: Ein großer Teil der Beschuldigten hatte hohe Ämter inne. Sie
waren Provinzialminister, Guardiane, Minister, Priore oder Rektoren. Es war ein
Amtsprivileg, so scheint es, Frauen anstiften zu können.
    Die Zahlen sind nicht nur hoch,
sie sind auch aus anderen Gründen niederschmetternd.
    Erstens hatte Benedikt XIV. am
1. Juni 1741 eine Konstitution mit dem Titel Sacramentum poenitentiae herausgegeben. Sie enthielt die bisher schärfsten Strafen für das Verbrechen
der Anstiftung. Ein Priester, der für schuldig befunden wurde, durfte nicht
mehr Messe lesen und Beichte

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