Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
Vom Netzwerk:
Amt vorbereitete. Andererseits
waren sie mehr als je vom Leben und von den Belangen der Laien isoliert. Sie
waren besser an den Dienst in der Institution angepaßt, aber dem Leben der
Menschen gegenüber waren sie Fremde.
    Abgesehen von den Segnungen der
Seminare bedeutete das Aufkommen des weltlichen Staates, daß der Klerus gezwungen
war, zumindest nach außen hin den Maßstäben der Gesellschaft zu entsprechen.
Sie waren nicht mehr selbst Gesetz, weil sie das Privileg des Klerus genossen.
Ihre Verbrechen waren nicht länger außer Reichweite der bürgerlichen
Gerichtsbarkeit und kirchlichen Gerichten überlassen, die die Ihren zu schützen
und ihre Missetaten zu vertuschen wußten. Zivile Strafen geboten den Verstößen
des Klerus Einhalt, was das Kirchenrecht seit über tausend Jahren nicht
vermocht hatte.
    Freilich war das Tridentinum nicht
sofort wirksam. Noch 1616 erklärte der Erzbischof von Salzburg, er sei schon
froh, wenn seine Priester ihre Konkubinen und Gören außerhalb einer Zone von
sechs Bannmeilen hielten. Noch überraschender war es, daß bis weit ins
siebzehnte Jahrhundert noch Päpste von zweifelhaftem Ruf gewählt wurden.
    Gregor XV., der 1621 Papst
wurde, wurde gelobt, weil er der Dame treu blieb, deren Zuneigung er als
Kardinal genossen hatte.
    Innozenz X., der 1644 seine
elfjährige Regierung antrat, hätte der Witwe seines Bruders, Donna Olympia,
nicht näherstehen können. Sie gab Einladungen für ihn. Sie Unterzeichnete
päpstliche Anordnungen und war in allem außer dem Namen First Lady. Sie
verkaufte sogar Pfründen und gewährte Beförderungen in der Kirche. Die Periode
wurde als »das Pontifikat der Donna Olympia« bekannt. In Florenz wurde eine
Medaille geprägt. Sie zeigt auf der einen Seite Olympia in päpstlichen
Gewändern. Auf der Rückseite ist Innozenz X. mit einer Frauenhaube, neben einem
Spinnrad sitzend. Als sein Berater Kardinal Pencirillo Seine Heiligkeit darauf
aufmerksam machte, welchen Skandal er verursachte, tat Innozenz sein Bestes,
ohne sie auszukommen, doch er fand sie unverzichtbar. In den letzten paar
Wochen seines Lebens wich sie nie von seiner Seite. 1655 starb er mit achtzig
Jahren in ihrem Arm.
     
     
    Sünden in der Beichte
     
    Vermochte die Vorschrift der
Ehelosigkeit schließlich einen keuschen Klerus zu
produzieren? Gibt es angesichts der nachreformatorischen Geheimniskrämerei der
römischen Kirche eine Möglichkeit, den Zustand der klerikalen Moral
festzustellen?
    Mit einem bemerkenswerten Stück
Nachforschungsarbeit gelang es Lea, ein wenig Licht in eines der finstersten
Reservate der Ehelosigkeit zu werfen: die Beichte.
    Das Vierte Lateranische Konzil
von 1215 machte es Laien zur Pflicht, jährlich bei ihren Gemeindepriestern zu
beichten. Dies war dasselbe Konzil, bei dem Innozenz III. dem Zölibat seine
endgültige Form gab. Die Kombination dieser beiden Regeln sollte sich für die
Moral von Klerikern wie Laien als schädlich erweisen. Sie führte zu der Sünde,
die im Kirchenrecht als »Anstiftung« bekannt ist, bei der ein Priester die
Beichte zu unmoralischen Zwecken mißbraucht. Natürlich führte die Kirche dafür
Strafen ein. Sie wurden immer strenger, doch gibt es keine Hinweise darauf, daß
sie die Priester davon abhielten, ihre Position auszunutzen und ihren
Beichtkindern gegenüber zudringlich zu werden.
    Der Mißbrauch der Beichte war
so weit verbreitet, daß man den Laien sagte, wenn ihr Priester einen schlechten
Ruf habe, seien sie von der Pflicht dispensiert, ihm ihre fleischlichen Sünden
zu beichten. Die private Natur der Beichte bot dem Klerus ungehinderten Zugang
zu Frauen, wenn sie am ungeschütztesten waren, weil das Kirchenrecht sie
verpflichtete, jeden unkeuschen Gedanken, Akt und Wunsch zu beichten. Wenn eine
Frau zum Beispiel Unzucht oder Ehebruch beichtete, machte der Priester es noch
schlimmer, indem er sie anstiftete. Sie war freilich nicht begierig, dies
auszuposaunen. Sie wollte ja nicht den Verlust ihres Rufes riskieren. Man muß
bedenken, daß Beichtende jahrhundertelang nach Innozenz III. neben dem Priester
sitzen oder zu seinen Füßen knien mußten. Der Beichtstuhl, der jetzt zum
Mobiliar der Kirche gehört, wurde erst Mitte des sechzehnten Jahrhunderts
erfunden. Erst ab 1614 wurde er vom römischen Ritual vorgeschrieben. Selbst
dann war er nicht allgemein in Gebrauch. In Spanien wurden alle möglichen
Ad-hoc-Ersatzlösungen verwendet. Es konnte ein Gitter sein, das Priester und
Beichtende trennte, ein Taschentuch,

Weitere Kostenlose Bücher