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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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Hildebrand, der größte Mensch auf Erden. Warum tat er es, obwohl
es gegen seine Prinzipien ging? Weil er nicht wollte, daß seine Rechtmäßigkeit
später in Zweifel gezogen wurde. Der Tag der Abrechnung war nicht fern, und da
sollte das Lamm zum Löwen werden.
    Heinrichs Berater warnten ihn,
Hildebrand sei gefährlich. Asket, der er war, würde er mit anderen umgehen wie
mit sich selbst — erbarmungslos. Der unerfahrene Kaiser hörte nicht darauf.
Hatte sein Vater nicht einen Papst abgesetzt und die drei folgenden ernannt?
Wie sollte er begreifen, daß dieser Papst immer längere Arme bekommen und auf
Stelzen gehen würde? Gregor VII. war der letzte Papst, dessen Wahl vom Kaiser
bestätigt werden mußte und dessen Weihe in Gegenwart kaiserlicher Legaten
stattfand.
    Als er die verachtete
Bestätigung erhalten hatte, nahm Gregor sich vor, den Fürsten ein für allemal
das Rückgrat zu brechen. Für ihn waren sie alle korrupt. Sie hatten weniger
Anspruch auf Achtung als der geringste Exorzist, der wenigstens Teufel
austreiben konnte und ihnen nicht fürstliche Gastfreundschaft gewährte.
Monarchen wollen nur herrschen, sagte dieser herrschaftlichste aller Päpste. Es
wäre eine unanständige Großmut Gottes nötig, um auch nur einen von ihnen vor
den ewigen Flammen zu retten. Alles, was sie tun, wurzelt in Stolz, doch was
haben sie denn zu bieten? Ein sterbender König wird zum geringsten Landpriester
kommen, um zu beichten. Nicht einmal eine Laienfrau ist je zu einem Kaiser
gekommen und hat um Gottes Vergebung gebeten. Wo ist der Kaiser, der Seelenheil
geben oder mit einer Bewegung seiner Lippen Christi Leib und Blut machen kann?
Ein Mann ohne Verstand kann sehen, daß Priester höher stehen als Könige.
Wieviel höher steht dann über ihnen allen der Papst, der Nachfolger Petri? War
es nicht seine Pflicht, sie zurechtzustutzen, ihnen eine Lektion in Demut zu
erteilen?
    Jene nie verblassende
Erinnerung ließ diesen Mann von unbeugsamem Willen alle weltliche Macht
verachten, und er war entschlossen, sich eines Tages zu rächen.
     
     
    Gregor VII. und seine
Fälscherschule
     
    Schon seit seiner Kindheit verehrte Hildebrand, der Sohn eines Dorfschreiners in
der Toskana, den hl. Petrus mit Leidenschaft. Als Apostelfürst hatte er
unendlich viel Macht. Er war Oberhirte, er konnte im Himmel und auf Erden
binden und lösen. Als Hildebrand Papst wurde, setzte er einen Dictatus, eine Liste mit siebenundzwanzig Thesen auf, die seine Macht als Stellvertreter
Petri aufzeigten. Darunter waren diese:
     
    Niemand
auf Erden kann über den Papst urteilen. Die Römische Kirche hat nie geirrt und
kann bis zum Ende der Zeiten nie irren. Allein der Papst kann Bischöfe
absetzen. Er allein hat das Recht auf die Reichsinsignien. Er kann Kaiser und
Könige absetzen und ihre Untertanen von der Gefolgschaft dispensieren. Alle
Fürsten müssen ihm die Füße küssen. Seine Legaten haben, selbst wenn sie nicht
Priester sind, Vorrang vor allen Bischöfen. Ein rechtmäßig gewählter Papst ist
ohne Frage ein Heiliger durch die Verdienste Petri.
     
    Diese Heiligkeit erfuhr er, wie
er sagte, auf überwältigende Weise bei seiner Wahl. Es war übrigens eine Idee,
die seine Nachfolger wie eine heiße Kartoffel fallen ließen. Sie war um so
merkwürdiger, als Hildebrand den Kindpapst Benedikt IX. erlebt hatte.
    Es ist schwer zu wissen, ob ihm
klar war, daß die meisten seiner Thesen auf gefälschten Dokumenten beruhten.
Zumindest muß man sagen, daß seine Leichtgläubigkeit alarmierend war, besonders
im Hinblick auf die neutestamentlichen Aussagen über Petrus’ Fehler. Diese
Fälschungen erweckten den Anschein, als basierten seine absolutistischen
Ansprüche auf alten Berichten, eifersüchtig gehütet in römischen Archiven. Seit
sieben Jahrhunderten nannten die Griechen Rom die Stadt der Fälschungen.
Jedesmal, wenn sie versuchten, mit Rom zu sprechen, brachten die Päpste
gefälschte Dokumente bei, sogar päpstliche Zusätze zu Konzilsdokumenten, die
die Griechen natürlich nie gesehen hatten.
    Gregor ging viel weiter als die
Konstantinische Schenkung. Er hatte eine ganze Fälscherschule direkt vor seiner
Nase, und sie fabrizierte ein Dokument nach dem anderen, mit dem Siegel
päpstlicher Billigung, gerade so, wie er es brauchte.
    Die Leiter dieser Schule waren
Anselm von Lucca, ein Neffe des vorigen Papstes, Kardinal Deusdedit und nach
ihnen Kardinal Gregor von Pavia. Papst Gregor (und später Urban II.) brauchte
etwa eine Rechtfertigung

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