Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
Vom Netzwerk:
sollte
irgend jemandem verpflichtet sein außer ihm. Gegen eine tausendjährige
Tradition ließ er alle Bischöfe ihm einen persönlichen Treueeid schwören. Von
nun an waren sie Bischöfe »von Gnaden des Apostolischen Stuhls«. Auf einen
Schlag hatten die Diözesanbischöfe, Nachfolger der Apostel, ihre Unabhängigkeit
verloren, und nicht einmal das Zweite Vatikanische Konzil konnte sie ihnen
wiedergeben. Seit Gregor VII. ist trotz allen Leugnens der Papst der wirkliche
Bischof jeder Diözese. Jeder Kleriker, der sich in irgendeiner Sache dem Papst
entgegenstellt, kann so leicht entlassen werden, wie er ernannt wurde. Wenn das
nicht der wirkliche Bischof ist, ist kaum festzustellen, was es ist.
     
     
    Der große Krach
     
    Gregor hatte seit über dreißig
Jahren aufeine Chance gewartet, den Kaiser
herauszufordern. Schließlich beschuldigte er Heinrich IV. der Einmischung in
kirchliche Angelegenheiten und der Simonie. Heinrich war ehrlich erstaunt.
Natürlich mischte er sich ein, aber er tat nichts anderes, als Kaiser seit
Konstantin immer getan hatten. War er nicht um Bestätigung von Gregors Wahl
gebeten worden, und hatte er der Bitte nicht entsprochen? Wie kam dieser Papst
auf den Gedanken, er könne ihm Vorschriften machen?
    Pikiert berief Heinrich in
Worms ein Konzil ein und erklärte die Wahl für nichtig. Er als Kaiser sei nicht
im voraus konsultiert worden.
    Gregor antwortete Heinrich mit
dem Anathema und schickte einen Rundbrief hinterher.
     
    Im
Namen des allmächtigen Gottes verbiete ich Heinrich, die Königreiche Italien
und Deutschland zu regieren. Ich spreche alle seine Untertanen von jedem Eid
los, den sie geschworen haben oder schwören; und ich exkommuniziere jeden, der
ihm als seinem König dient.
     
    Das war die päpstliche Bombe
jener Zeit. Kaiser hatten zahllose Päpste abgesetzt: Gregor hatte ein solches
Sakrileg miterlebt. Nie zuvor hatte ein Papst es gewagt, einen Kaiser
abzusetzen. Was würde daraus werden? Die Vorzeichen waren gut. Heinrichs
Mutter, die Kaiserin Agnes, war auf der Seite des Papstes, und ebenso seine
Cousine, die berühmte Matilda, Gräfin von Tusculum. Zu Heinrichs Entsetzen
hatte der Wahnsinnige in Rom tatsächlich Wirkung in Deutschland selbst. Fürsten
begannen ihre Bündnisse aufzukündigen. Um seinen Vorteil zu nutzen,
unterstützte Gregor Rudolf, den Herzog von Schwaben und Heinrichs Vasallen, als
nächsten Anwärter auf den Thron.
    Heinrich war nun einundzwanzig;
ihm wurde klar, daß er mit dem Rücken zur Wand stand. Der Jahrestag seiner
Exkommunikation näherte sich, und er würde sein Königtum offiziell und
endgültig verlieren, wenn er nicht mit dem Papst Frieden schloß.
    Mit einem kleinen Gefolge
reiste er durch Burgund und verbrachte ein angenehmes, wenn auch sorgenvolles
Weihnachtsfest mit der Familie in Besançon. Dann überquerte er mitten im Winter
1077 die Alpen. Mit ihm reiste seine Frau und ihr neugeborener Sohn Konrad.
Bauern mußten sie führen, einen Weg durch Schneewehen bahnen und die Königin
auf ihrem Ochsenhautschlitten hindurchziehen. Sie traten Lawinen los und
verloren die meisten ihrer Pferde. Als sie in Italien angekommen waren, stieß
die riesige langobardische Armee zu ihnen in der Hoffnung, er sei gekommen, um
es dem Papst zu zeigen. Er enttäuschte sie.
     
    Gregor hatte sich vor den
Langobarden in Matildas dreifach ummauerter Festung Canossa verschanzt. Sie
stand auf dem Gipfel eines schroffen, rötlichen Berges an einem Ausläufer des
Apennin. Zwanzig Meilen nordwestlich war Parma, unsichtbar im Nebel jenes besonders
strengen Winters. In Canossa bat Heinrich um Frieden.
    Durch Mittelsmänner legte
Gregor die Grundregeln fest. Heinrich sollte seine Krone und alle anderen
königlichen Insignien zur freien Verfügung seiner Heiligkeit senden. Er sollte
öffentlich bekennen, er sei unwürdig, nach seinem schändlichen Betragen in
Worms Kaiser zu sein. Schließlich sollte er geloben, jede Buße anzunehmen, die
der Papst ihm auferlegte. Heinrich erklärte sich einverstanden und erklomm den
weißen Hang zur Festung, furchtsam und allein. Er passierte das erste Portal
und wurde an der zweiten Ringmauer aufgehalten. Hoch über ihm erschien der
Papst in vollem Ornat, um seine Demütigung zu genießen.
    Während der Ostwind um ihn
pfiff, mußte Heinrich sich seine königlichen Insignien abnehmen lassen und alle
Kleider ausziehen. Eine wollene Kutte wurde ihm zugeworfen, rauh wie ein
härenes Hemd.
    Zieh es an. Gregor, mit seinem

Weitere Kostenlose Bücher